Norwich Rüße: „Das zeigt, dass die Kleingartenkolonien sich verjüngen und auch eine Perspektive haben“

Antrag der SPD-Fraktion zum Kleingartenwesen

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, CDU und FDP, man muss doch nicht gleich so ein Abwehrfeuer starten gegen einen Antrag, der in den Ausschuss zu überweisen ist und der etwas thematisiert, was wir alle schätzen. Das haben Sie auch formuliert. Wir wollen Kleingärten in unseren Kommunen. Wir schätzen sie, weil sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt ein Stück weit stärken, weil sie einen Wert für das städtische Klima haben, weil sie den Menschen deutlich machen, woher die Nahrungsmittel kommen, weil sie Menschen an die Natur heranführen. Das haben wir alle zusammen immer wieder festgestellt. Wir wollen also alle zusammen Kleingärten.
Ich finde, dass der Antrag durchaus zur richtigen Zeit kommt, weil die Kleingärten in einigen Kommunen unter Druck stehen. Natürlich gibt es die Überlegung – da müssen wir nicht drum herum reden –, ob man Kleingärten nicht an der einen oder anderen Stelle wunderbar in Bauland umwidmen kann, um sie eben auch zu nutzen.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Rüße, Entschuldigung, dass ich Sie unter- breche. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage vom Kollegen Rehbaum.
Norwich Rüße (GRÜNE): Immer.
Henning Rehbaum (CDU): Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Frage zulassen.
Wenn Ihnen das Kleingartenwesen so wichtig ist, warum haben Sie denn zu Ihrer Regierungszeit die Mittel für die Kleingartenverbände derart heruntergefahren, dass sie nahezu halbiert worden sind?
(Michael Hübner [SPD]: Die sind doch erhöht worden, Herr Kollege! Das ist doch Quatsch!)
Wir waren zu unserer Regierungszeit bei über 600.000 Euro, Sie sind bis auf 400.000 Euro heruntergegangen. Wir mussten Sie jetzt erst einmal um 37 % auf 550.000 Euro erhöhen. Warum haben Sie das alles so runtergefahren?
Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Rehbaum, zum einen hatten wir damals eine andere Haushaltssituation, als Sie sie jetzt haben.
(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])
–  Moment! Das Entscheidende ist – das haben Sie ausgeklammert –, dass wir selber die Mittel wieder erhöht haben. Sie haben die Absenkung erwähnt. Dass wir die Mittel längst wieder erhöht haben, haben Sie nicht erwähnt. Und dass Sie …
(Beifall von den Grünen – Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])
Wenn Sie, Herr Rehbaum, wirklich etwas für das Kleingartenwesen hätten tun wollen, dann hätten Sie – die grüne Landtagsfraktion hat jetzt zum Haushalt den Antrag vorgelegt, die Mittel noch einmal zu erhöhen – ja mit uns mitgehen können. Denn die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner würden die Mittel gerne haben wollen. In anderen Bereichen konnten Sie es ja. Warum haben Sie denn da nicht noch einmal etwas getan? Die haben klar vorgelegt, dass sie viele Projekte haben, die sie gerne umsetzen würden, aber nicht können, weil der Zuschuss nicht ausreicht. Sie hätten in diesem Haushalt ein bisschen mehr machen können. Haben Sie noch nicht getan. Also, diesen Vorwurf, den Sie uns machen, kann ich Ihnen eins zu eins zurückspielen.
(Henning Rehbaum [CDU]: Wir haben die Mittel um 37 % erhöht! Um 37 %! – Gegenruf von Michael Hübner [SPD]: Das haben wir gemacht! Das stimmt doch gar nicht!)
–  Herr Rehbaum, es stimmt einfach nicht. Das hatten wir schon gemacht. Das ist einfach Quatsch.
(Michael Hübner [SPD]: Ja, richtig! – Weitere Zurufe von der SPD) Ich finde auch, ich habe recht.
So, jetzt möchte ich gerne fortfahren. Ich glaube, es ist schon einmal gut, wenn wir gemeinsam feststellen können, dass ins Kleingartenwesen Bewegung hineingekommen ist. Wenn man vor sieben, acht Jahren noch dort hingegangen ist, hatte man gelegentlich die Befürchtung, dass es eine gewisse Überalterung geben könnte. Ich finde es sehr schön, dass Herr Spieß, der Vorsitzende des Landesverbandes Westfalen-Lippe, auf der letzten Mitgliederversammlung feststellen konnte, dass der Generationenwechsel da sei. Wenn man dann einmal in den Bericht des Landesverbandes reingeschaut hat, dann konnte man feststellen, dass gerade jüngere Teilnehmer – also unter 40 heißt das in dem Fall – mittlerweile ein Viertel der Teilnehmer an den Lehrgängen des Kleingartenverbandes ausmachen. Das ist ein gutes Zeichen. Das zeigt, dass die Kleingartenkolonien sich verjüngen und auch eine Perspektive haben.
Ich glaube, dass das auch mit der Gesamtdiskussion über Urban Gardening zusammenhängt, dass eben viele junge Menschen wieder Lust haben, einen Kleingarten zu bewirtschaften, dass auch die Frage „Woher kommt mein Essen?“ für junge Menschen heute wieder eine ganz andere Bedeutung hat. Ich glaube, dass es an der Stelle viel Sinn macht, wenn wir als Land noch einmal stark fördern würden.
Ich will aber auch noch ein paar Punkte erwähnen, die aus meiner Sicht wichtig wären und die im Zusammenhang mit dem Antrag geklärt werden müssen. Das Allererste ist – und die Angst ist bei den Kleingartenvereinen immer da –: Kleingartengelände kann nicht Baulandreserve sein. Da reicht aus meiner Sicht nicht dieser Hinweis auf kommunale Hoheit. Ich finde schon, dass wir mal überlegen müssen: Wenn wir die Kleingartenanlagen in der Verfassung drinstehen haben, dann müssen wir auch effektiv etwas zum Schutz tun. Wenn wir hier immer nur die Sonntagsreden halten, wie toll wir alle Kleingärten finden, aber am Ende nichts tun, wenn sie vor Ort abgeschafft werden, dann, finde ich, ist das etwas zu wenig.
Das andere ist – dieses Thema beschäftigt mich auch schon lange – die Frage: Kann man Kleingartenanlagen im Rahmen ökologischer Ausgleichsmaßnahmen wertig machen? Kann man sie dafür auch nutzen? Das finde ich absolut gut. Da hätte ich mir aber schon ein bisschen konkretere Vorschläge gewünscht, wie das denn aussehen soll. Welche Maßnahmen können das sein? Wie kann man das machen? Ich finde, die Kleingartenanlagen haben sich in den letzten Jahren so gewandelt, dass man ernsthaft darüber reden und das auch möglich machen muss. Wir hatten im letzten Jahr eine Kleine Anfrage zur Frage einheitlicher Regeln, Ausgleichsmaßnahme Kleingartenanlagen gestellt. Da würde ich mir von der Landesregierung wünschen, dass wir das mal konkretisieren und schauen, ob das geht, oder, wenn das nicht geht, die Aussage treffen: Nein, geht nicht. Aber es muss geklärt werden.
Ein Letztes noch einmal in Richtung SPD: Den Antrag tragen wir am Ende mit. Wir finden gut, wenn wir die Debatte im Ausschuss haben werden. Vielleicht gibt es auch ein Fachgespräch dazu. Was ich aber persönlich nicht verstanden habe – ich habe das eben schon erwähnt – ist: Wir haben den Antrag auf Mittelerhöhung zum letzten Haushalt gestellt. Wenn Ihr etwas für das Kleingartenwesen tun wollt, dann hättet Ihr dem Antrag zustimmen müssen. Aber trotzdem an der Stelle: Wir stimmen der Überweisung natürlich zu. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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