Arndt Klocke: „Eigentlich ist der Zeitdruck so groß, dass wir schon morgen anfangen müssten, die Maßnahmen umzusetzen2

Antrag der SPD-Fraktion zu Dieselfahrverboten

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen kurz vor der Weihnachtspause. Ich kann die aufgeregten Gemüter verstehen, aber die Thematik ist zu ernst, um sie ins Lächerliche zu ziehen.
Ich meine das ohne Ironie: Ich finde grundsätzlich gut, dass CDU und FDP bei der Thematik mittlerweile eine andere Tonalität an den Tag legen. Das konnte man aus den Reden von Herrn Deppe und Herrn Kollegen Middeldorf heraushören. Das, was Sie heute – unter anderem Herr Deppe – zur Frage der Verantwortung der deutschen Automobilindustrie gesagt haben, das haben wir schon vor ein bis anderthalb Jahren in den Debatten angesprochen.
(Carsten Löcker [SPD]: Die haben sich Ihnen langsam aber sicher angenähert!)
Damals hörte sich das bei Ihnen noch ein bisschen anders an.
(Daniel Sieveke [CDU]: Nein! – Jochen Ott [SPD]: Doch!)
–  Doch, das können wir im Protokoll nachlesen. Ich bin Ende 40, aber Alzheimer ist zum Glück noch nicht bei mir angekommen, auch wenn der Fachkongress zu diesem Thema in zwei Tagen hier tagt. Daran erinnere ich mich jedenfalls ziemlich genau. Als man damals thematisiert hat, dass die deutsche Automobilindustrie aufgrund der Manipulation zur Nachrüstung in die Pflicht genommen werden müsste, gab es von Ihrer Seite Zwischenrufe und entsprechende Reaktionen. Heute hingegen sind Sie ebenfalls an diesem Punkt angekommen, und das ist durchaus richtig.
Mit Blick auf die Stichtage 1. April und 1. Juli 2019 – das Land ist ja in Revision gegangen – ist es völlig offen, ob die Verwaltungsgerichte in Köln und Gelsenkirchen ein anderes Urteil sprechen. Ich würde mal die Prognose wagen, dass es bei den Urteilen möglicherweise Änderungen im Detail geben wird. Aber dass diese beiden Urteile, die in ihrer Aussage ganz klar waren, komplett kassiert werden, erwarte ich nicht.
Dann kommen wir in die Situation, dass sowohl Köln, Bonn als auch das komplette Ruhrgebiet in Windeseile reagieren müsste. Die SPD sagt, es sei fünf nach zwölf. Ich würde eher sagen, dass es aktuell noch fünfzehn Sekunden vor zwölf ist. Ich möchte aber nicht in der Haut der Kommunalverwaltungen und der Bezirksregierungen stecken.
Ich war in der letzten Woche zusammen mit dem CDU-Kollegen Schrumpf, der auch eingeladen war, zu einem Kongress bei Evonik in Essen. Es ging um die Rhein-Ruhr-Bewerbung von Herrn Mronz für Olympia 2032. Auf diesem Fachkongress durfte ich ein paar Worte zur Verkehrspolitik und der Kollege der CDU etwas zu Bauen und Wohnen sagen.
Dort war auch eine Mitarbeiterin der Gelsenkirchener Stadtverwaltung anwesend, die davon berichtete, was dort in der Verwaltung los sei. Man habe Angst und Sorge, dass man dort im ersten halben Jahr 2019 die ganzen Maßnahmen auf den Weg bringen müsste, um eine Mobilität im Ruhrgebiet und in der Stadt Gelsenkirchen sicherzustellen – und dies in dem Wissen, dass dort möglicherweise zum 01.07.2019 ein flächendeckendes Fahrverbot eingeführt wird.
Das ist die aktuelle Situation. Es muss noch administriert werden, wie man das umsetzen will. In Köln sind laut Urteil die komplette Innenstadt und die innenstadtnahen Stadtteile davon betroffen. Es geht um 300.000 Pendler pro Tag. Wir alle – ich würde gar nicht sagen, dass sich irgendeine Regierung dahin gehend einen schlanken Fuß machen kann – haben es in den letzten Jahren zugelassen, dass die Situation sich derart zuspitzt. Trotzdem muss man im Hinblick auf die Verantwortlichkeiten doch einmal hinterfragen, wer in den letzten zehn Jahren den Bundesverkehrsminister gestellt hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Auseinandersetzung mit der deutschen Automobilindustrie ist nicht geführt worden, und Herr Scheuer steht in der unrühmlichen Tradition seiner Vorgänger Dobrindt und Ramsauer. Warum hat man nicht auf das gehört, was der Deutsche Städtetag schon im letzten Jahr gesagt hat? Wir hatten hier im Plenarsaal eine große Anhörung zum Thema „Dieselfahrverbote“. Die Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und des Deutschen Städtetages waren sich absolut einig, dass wir eine blaue Plakette und verbindliche, durch die Industrie finanzierte Hardwarenachrüstungen brauchen. Das war keine Forderung eines Umweltverbands oder der Grünen, sondern das kam vom Städtetag.
Die gleiche Forderung haben hier im Land führende Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern erhoben – Frau Reker aus Köln, der Bonner OB, der Gelsenkirchener OB, der Düsseldorfer OB. Egal, ob SPD-, CDU- oder Grünen-Parteibuch – alle waren sich einig, dass das passieren muss.
Jetzt stehen wir vor der Situation, dass im nächsten Jahr die Umsetzung dieser Urteile ansteht. Ich frage in Richtung Landesregierung – Frau Bauministerin darf ja gleich die Rede ihrer Kollegen vortragen –: Wie unterstützt die Landesregierung die betroffenen Kommunen bei der Vorbereitung der – wenn die Revision nicht zum Tragen kommt – möglicherweise anstehenden Fahrverbote? Das fragen wir uns. Ich bin sehr gespannt, was Sie uns gleich berichten werden, Frau Ministerin.
Der Antrag der SPD geht inhaltlich in die völlig richtige Richtung. Darin stehen genau die Punkte, die man jetzt unterstützen müsste. Eine Überweisung in den Fachausschuss können wir gerne vornehmen, aber eigentlich ist der Zeitdruck so groß, dass wir schon morgen anfangen müssten, die Maßnahmen umzusetzen. Ich bin sehr gespannt, was Sie uns gleich vortragen, Frau Ministerin. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD) 

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