Mehrdad Mostofizadeh: „Gemeinsam eine Weiterentwicklung des kommunalen Ehrenamtes angehen“

Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften - zweite Lesung

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin, herzlichen Dank. – Der Kollege Hoppe-Biermeyer hat mit seiner Vorlesestunde wieder eindrucksvoll belegt,
(Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD)
dass sich die CDU-Fraktion nicht in der Lage sieht, diesen Gesetzentwurf fachlich zu begründen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das wundert jetzt nicht wirklich. Es ist die konsequente Fortsetzung der bisherigen Beratungen. Aber zwei, drei Punkte aus den bisherigen Beratungen will doch noch einmal in Erinnerung rufen.
Denn immerhin, Herr Kollege Hoppe-Biermeyer, stellt die CDU nicht nur die größte Fraktion hier im Landtag, sondern auch die meisten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in Nordrhein-Westfalen. Trotzdem werden Sie Ihrer Verantwortung nicht einmal ansatzweise gerecht.
Lieber Herr Kollege Hoppe-Biermeyer, was Sie hier abliefern, ist echt nicht in Ordnung. Ich will – auch wenn es jetzt 20:05 Uhr ist – noch einmal sehr deutlich sagen: Sie müssen sich fachlich damit auseinandersetzen und nicht nur das abspulen, was irgendeine Obrigkeit Ihnen ins Stammbuch diktiert hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Damit komme ich auch zu den fachlichen Punkten. Schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfes war es so, dass, noch bevor das Kabinett sich mit dem Gesetzentwurf befasst hatte, CDU und FDP einen Änderungsantrag hier in den Landtag eingebracht haben.
Dann haben Sie es geschafft, Herr Kollege Hoppe-Biermeyer, zu einem anderen Gesetzentwurf als zu dem von der Landesregierung vorgelegten zu sprechen – Stichwort „Integrationsausschüsse in Nordrhein-Westfalen“. Das haben Sie jetzt durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ja noch einmal geändert.
Sie sind offensichtlich nicht in der Lage oder willens, sich mit den Sachverhalten auseinanderzusetzen, sondern lesen die Sachen vor, die Ihnen irgendjemand aufgeschrieben hat. Das ist diesem Parlament, ehrlich gesagt, nicht würdig.
(Matthias Kerkhoff [CDU]: Eine Unverschämtheit ist das!)
–  Gucken Sie sich die Protokolle doch an, Herr Kollege Kerkhoff. Dann machen Sie es ein Stück besser.
(Matthias Kerkhoff [CDU]: Es ist eine Unverschämtheit, so mit Kollegen umzugehen!)
Zum Stichwort „Stichwahl“: Herr Hoppe-Biermeyer hat es tatsächlich geschafft, in einem Gesetzgebungsverfahren, in dem das überhaupt nicht Gegenstand war – Klammer auf: Abgeordneter aus Paderborn; Klammer zu –, den Landrat – Klammer auf: CDU; Klammer zu – aus Paderborn aufzufordern oder offensichtlich dazu zu bringen, das Thema „Stichwahl“ noch einmal mit in die Beratung einzubringen.
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das ist aber großes Kino!)
Alles andere, lieber Herr Kollege, möchte ich Ihnen an dieser Stelle ersparen, weil wir im Februar 2019 noch einmal ausführlich darüber reden wollen. Dass der CDU-Parteitag eine Stichwahl braucht und die Parlamente von Nordrhein-Westfalen nicht, müssen Sie dann aber schon ausführlich erklären.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Lassen Sie mich noch etwas zum Thema „2,5-%-KIausel“ sagen, weil wir es vorhin auch auf der Tagesordnung hatten. Da ist richtig zitiert worden – ich halte das in der Sache zwar nicht für richtig; aber wir müssen es ja nun einmal zur Kenntnis nehmen –, dass die Wahl von Beigeordneten oder das Bilden von Regierungen – ich nenne das einmal so – in Kommunalparlamenten durchaus von Relevanz für die Frage ist, ob man Prozentklauseln einführen kann oder nicht. Sie entscheiden sich jetzt wider besseres Wissen dafür, die Möglichkeit – nicht die Pflicht, sondern die Möglichkeit – der Wahl von Beigeordneten in Kreistagen abzuschaffen. Das ist eine Schwächung des Kreistages und keine Stärkung. Es ist wirklich widersinnig, was Sie hier auf den Tisch gelegt haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die aus der Hüfte geschossene Begründung, die Herr Kollege Höne im Ausschuss vorgetragen hat, ist schon damals widerlegt worden. Aber ich will sie Ihnen nicht vorenthalten. Er hat allen Ernstes angeführt, das sei im Kreistag deswegen richtig, weil er quasi ein Aufsichtsorgan gegenüber den Räten sei. Dann haben wir angeführt: Was ist denn mit dem LVR? Was ist denn mit dem RVR? Beim Landschaftsverband Rheinland und beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe gibt es sogar ein Landesjugendamt, das staatliche Aufgaben wahrnimmt.
Welche Logik dahintersteckt, hat uns Herr Kollege Höne – bis heute zumindest –vorenthalten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen, weil da Demokratie wirklich mit Chaos verwechselt wird. Was das Thema „Mindestfraktionsgrößen“ angeht, sind wir Grünen der Auffassung, dass es nicht unterschiedliche Spielregeln geben sollte, wenn man in Räten ist. Deswegen waren wir dafür, dass man diese Sperrklausel einführt, und zwar auch, um das System zu sortieren.
Aber es kann doch nicht dem puren Zufall überlassen sein, dass man in Essen mit drei Personen eine Fraktion gründen kann, seien es nun 70, 80, 90 oder 100 Ratsmitglieder. Das hat mit einer Sortierung des Parlaments nichts zu tun, Herr Kollege Hovenjürgen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sondern ist ein schlichtes Zugeständnis an die FDP, um einen Koalitionsdeal zu machen. Das hat mit der Organisation von Parlamenten nichts zu tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit erweisen Sie der Demokratie einen Bärendienst. Richtig und vernünftig wäre es, gleichmäßig zu sortieren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Als allerletzten Punkt will ich das Stichwort „Ausschussvorsitzende“ ansprechen. Ich hätte mir, ehrlich gesagt, auch eine bessere Regelung als die jetzige vorstellen können; das ist keine Frage. Aber dies ausschließlich auf dem Rücken der Städte und Gemeinden auszutragen und ihnen die Populismus-Freiheitsdebatten vor Ort vor die Füße zu kippen, trifft nicht auf unsere Zustimmung.
Deswegen werden wir aus allen diesen Gründen diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Zu einem fordere ich Sie allerdings schon auf, Herr Kollege. Führen Sie hier eine neue Ehrenamtskommission ein, und diskutieren Sie wieder substanziell und an der Sache orientiert über diese Dinge. Dann können wir gemeinsam eine Weiterentwicklung des kommunalen Ehrenamtes angehen. Was Sie hier abgeliefert haben, ist schlicht ein Schauspiel. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD) 

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