Horst Becker: „Die Sensibilisierung dafür, im eigenen Unternehmen frühzeitig an eine Unternehmensnachfolge zu denken, fehlt bisher“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu "Mittelstand und Handwerk"

Horst Becker (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat sich in der Tat bereits in der letzten Wahlperiode sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Die hier schon mehrfach angesprochene Enquetekommission zur Zukunft des Handwerks hat sich selbstverständlich auch mit der Frage der Unternehmensnachfolge beschäftigt.
Das soll natürlich niemanden daran hindern – auch nicht die Koalition –, noch einmal einen neuen Antrag zu stellen. Gleichwohl hätte ich mir gewünscht, Herr Bombis – das habe ich auch in der Ausschusssitzung gesagt –, dass er etwas weiter gegriffen hätte. Ich will das mit wenigen Sätzen skizzieren.
Bei der Auswertung der Anhörung – und ich denke, dass Sie sie genauso wie wir ausgewertet haben – stellt sich heraus, dass nach Meinung der Sachverständigen Beratungsangebote, die Sie in Ihrem Antrag aufgreifen, in der Praxis am besten funktionieren. Man kann darüber sprechen, dass die Beratungs- und Förderstrukturen insbesondere bei der IHK personell noch einmal ausgeweitet werden könnten. Aber es ist nicht so, dass es an den Beratungsstrukturen grundsätzlich mangelt.
Das Problem, das die Unternehmen haben, ist übrigens ein ähnliches – wenn ich den Vergleich einmal ziehen darf – wie bei Pflegeheimen und Altenheimen. Dort werden Leute, die auf der Warteliste stehen, irgendwann angerufen, ob sie denn nun kommen wollen. Dann heißt es: Ich bin gerade mal 75 oder 85; ich muss das noch nicht.
Mancher Unternehmer verhält sich ähnlich und ist dann überrascht, wenn er plötzlich doch an den Punkt gelangt, an dem eine Unternehmensnachfolge ansteht, um die er sich nicht frühzeitig gekümmert hat. Die Sensibilisierung dafür, im eigenen Unternehmen frühzeitig – auch deutlich vor dem eigenen Aufhören – an eine Unternehmensnachfolge zu denken, fehlt bisher. Das ist von den Sachverständigen in der Anhörung auch bestätigt worden.
Es gibt aber – das ist mir und meiner Fraktion besonders wichtig – zwei weitere Punkte, die in den Beratungen bisher deutlich zu kurz kommen.
Das Erste ist die Förderung von Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterübernahmen. Einerseits ist dabei der Beratungsteil problematisch. Andererseits ist auch die Beschaffung von teilweise erheblichem Kapital schwierig.
Ich glaube, hier könnten wir in Nordrhein-Westfalen über die NRW.BANK mit einem Förderprogramm für Mitarbeiterübernahmen tatsächlich noch etwas leisten.
Das Zweite ist ein Gedanke – auch das habe ich im Ausschuss schon einmal angesprochen –, der über die Jahre und über so manches, was in der Vergangenheit passiert ist, desavouiert worden ist, der aber gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung und vor dem Hintergrund von Unternehmen, die sich heute noch einmal anders aufstellen müssen, wieder eine Modernität erfahren müsste, nämlich die Frage von Genossenschaften und Genossenschaftsstrukturen, die ebenfalls frühzeitig in Beratungen angegangen werden müssen und für die dann auch entsprechende Kapitalmarktzugänge gewährleistet werden müssen.
Beides fehlt in Ihrem Antrag – ähnlich wie in dem, was die SPD beantragt hat. Deswegen – ich hatte es auch schon angekündigt – komme ich zu dem Ergebnis: Es ist etwas zu wenig. Es ist aber nicht falsch. Deswegen werden wir uns enthalten.
Wir bitten ausdrücklich darum, dass wir vielleicht doch zusammen, Herr Minister und werte Fraktionen von CDU und FDP, diesen Gedanken – dem Gedanken der Förderung von Frauen, dem Gedanken der Genossenschaften, dem Gedanken der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterübernahme und dem Gedanken der jeweiligen Kapitalzugänge – nähertreten. Denn an diesen Stellen würde es sich lohnen, noch einmal besonders für Unternehmensnachfolgen zu arbeiten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN) 

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