Mehrdad Mostofizadeh: „So ist es eine ungerechte Umverteilung im Gemeindefinanzierungsgesetz“

Haushaltsplan 2019 - Miisterium für Kommunales /Gemeindefinanzierungsgesetz

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gerne an die letzte Bemerkung des Kollegen Hoppe-Biermeyer anknüpfen, dass der ländliche Raum nicht mehr gegen die Städte ausgespielt würde. Da hat auch ein Ratsmitglied aus Essen ganz doll geklatscht, nämlich der Kollege Schrumpf.
Ich kann nur sagen, was heute der Oberbürgermeister der Stadt Essen dem Land ins Stammbuch schreibt. Er hat nämlich eine Pressemitteilung herausgegeben, in der steht, dass die Kostenerstattung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz nicht einmal annähernd das deckt, was die Landesregierung versprochen hat:
(Stefan Kämmerling [SPD]: Hört! Hört!)
Die Stadt Essen erhält mehr als 2.000 Euro weniger, als zunächst gegeben werden sollte.
Was spannend ist – weil wir ja gleich über die Integrationspauschale sprechen –: Sie haben sich entschieden, nicht die Kosten für das Flüchtlingsaufnahmegesetz anzuheben, sondern die Integrationspauschale, und die Kosten da herauszunehmen. Das heißt im Umkehrschluss wir werden das im Haushaltsausschuss noch einmal dezidiert nachfragen –, dass Sie gewillt sind, „rechte Tasche – linke Tasche“ zu spielen, indem Sie das, was bei der Integrationspauschale reinkommt, aus dem Flüchtlingsaufnahmegesetz wieder rausnehmen. Das ist nicht in Ordnung!
(Beifall von den GRÜNEN – Stefan Kämmerling (SPD): Richtig! – Horst Becker [GRÜNE]: Taschenspielertrick!)
Zweiter Punkt, Frau Ministerin: Aufwandspauschale und Vorwegabzug im Gemeindefinanzierungsgesetz. Da wundere ich mich ein bisschen, dass der Kollege Kämmerling gesagt hat, zwischen erster und zweiter Lesung wäre nichts passiert. Wir haben Anträge zur Umverteilung gestellt, und zwar in einer Größenordnung von fast 250 Millionen Euro. Wir sind nämlich der Auffassung, dass die Aufwandspauschale – da bin ich ganz bei Ihnen – fachlich nicht fundiert ist. Das haben auch die Vertreterinnen und Vertreter aller kommunalen Spitzenverbände eindeutig eingeräumt. Das ist vielmehr ganz schlicht eine politische Setzung, um die Disparitäten im Gemeindefinanzierungsbereich nochmals zu verschärfen.
Der Sachverständige Busch hat ausführlich dargestellt – auch Herr Holler vom Städtetag so- wie der Städte- und Gemeindebund haben es für einige Regionen sehr klar zugestanden –, dass es nichts nützt, diese Aufwandspauschale aus dem GFG zu finanzieren, weil das genau den steuerschwachen Kommunen das Geld entzieht, das sie für Investitionen brauchen. Wenn Sie meinen, diese Aufwandspauschale einsetzen zu müssen, müssen Sie sie erstens besser zuschneiden und zweitens aus Landesgeld finanzieren. So ist es eine ungerechte Umverteilung im Gemeindefinanzierungsgesetz.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dritter Punkt. Diese Geschichte wird hier immer wieder vorgetragen; es geht um die Pauschalen: Bildungspauschale und Sportpauschale sowie Investitionspauschale. Es kommt kein Cent mehr ins Gemeindefinanzierungsgesetz rein, indem Sie bestimmte Beträge für die Pauschalen festschreiben. Das ist einfach ein Märchen.
Erzählen Ihren Fachpolitikern doch nicht, dass dort mehr Bildung finanziert wird; vielmehr wird den Kommunen schlichtweg vorgeschrieben, was sie mit ihrem eigenen Geld zu tun haben. Das hat mit mehr Bildung überhaupt nichts zu tun!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ein Punkt ist mir wichtig, was das Stichwort „Gerechtigkeit“ betrifft. Sie haben in einem der ersten Schritte nach Regierungsübernahme gemeint, den Solidarbeitrag für den Stärkungspakt abschaffen zu müssen. Das kann man ja tun. Was hat das für Folgen? Die Stadt Monheim, schwer gebeutelt, baut sich für mehrere Dutzende Millionen Euro Geysire – da muss man im Kreisverkehr anhalten, um sich das anzuschauen. Sie wird entlastet. Die Stadt Ratingen wird mit 30 Millionen Euro jährlich entlastet; die Stadt Düsseldorf mit zweistelligen Millionenbeträgen ebenfalls.
Das kann man in Ordnung finden. Auf der anderen Seite müssen aber Städte wie Hagen – ich will jetzt die anderen 65 Stärkungspaktstädte nicht alle aufführen – weiterhin 124 Millionen Euro in das GFG einzahlen
(Widerspruch von der CDU)
–  doch, das ist so! – und werden nicht entlastet. Das ist doch nicht Gerechtigkeit. Das ist plumpe Klientelfinanzierung auf Kosten der Städte und Gemeinden, weil das aus dem Stärkungspakt selbst herausgenommen worden ist. Sie haben das noch nicht mal mit Landesmitteln gegenfinanziert. Deswegen haben wir konsequenterweise die Streichung des Vorwegabzugs aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz gefordert. Ich verstehe überhaupt nicht, liebe CDU-Fraktion, warum Sie nicht in der Lage sind, diesem Antrag zu folgen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich will noch einige Worte zur Zukunft verlieren. Wir heute lange über das Thema „Straßenausbaubeiträge“ gesprochen. Das will ich nur kurz anreißen. Wer für kommunale Gerechtigkeit ist und da etwas schaffen will, der muss – egal ob SPD, CDU oder FDP – einen Deckungsvorschlag für all das vorlegen, was er vorhat.
Ein letzter Punkt ist mir wirklich ein Herzensanliegen: Wir haben letzte Woche ein Gutachten vorgelegt, das sich mit dem Thema „Altschulden und kommunale Kassenkredite“ befasst. Ich habe es allen Kolleginnen und Kollegen, soweit es gewünscht wurde, ergänzend zur Verfügung gestellt. Darin sind meiner Meinung nach sehr kluge Überlegungen angestellt, wie dieses Problem angegangen werden kann. Ich lade Sie alle ein, an diesem Thema intensiv weiterzuarbeiten.
Herr Kollege Schrumpf, da spreche ich Sie ganz persönlich an: Unsere Heimatstadt hätte es verdient, dass nicht alles im parteipolitischen Streit kaputtgemacht wird. Wir sollten lieber vernünftig über alles diskutieren, um eine vernünftige Lösung für das Land Nordrhein-Westfalen und auch für die anderen Bundesländer herbeizuführen. Ich würde da sehr gerne mit Ihnen zusammenarbeiten. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)