Mehrdad Mostofizadeh: „Sie haben null geliefert, was dieses Thema anbetrifft“

Haushaltsplan 2019 - Ministerium für Arbeit

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um das, was heute mit Bayer passiert ist, mal von der Dimension her einzuordnen: Die 12.000 Arbeitsplätze übersteigen die Gesamtzahl der Arbeitsplätze, die im Braunkohlerevier – und zwar in den nächsten 30 Jahren – abgebaut werden müssen.
(Zurufe von der CDU)
–  Wer ist denn da schon wieder so nervös? – Das macht deutlich, dass man immer wachsam sein muss, und dass die derzeit gute Konjunktur in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland jederzeit wieder in Gefahr geraten kann.
Was mit Monsanto und Bayer passiert ist, war ein Stück Ansage. Die Dimension mit 12.000 betroffenen Arbeitsplätzen erschreckt natürlich. Deswegen war ich einigermaßen überrascht, als in der Fragestunde zur Kohlekommission der Wirtschaftsminister zu Fragen der Strukturpolitik des Ruhrgebiets nichts, aber auch gar nichts anzubieten hatte, womit die Landesregierung in Berlin aufzuwarten gedenkt, um den notwendigen Strukturprozess im Ruhrgebiet – das ist eben auch von dem Kollegen von der CDU angesprochen worden –
(Zuruf von der CDU)
–  Entschuldigung, Herr Schmitz – nach vorne zu bringen.
Herr Minister, Sie haben einige gute Sachen gemacht, die nicht typisch sind für die CDU: Sie haben den Passiv-Aktiv-Transfer vorangebracht; ich nenne auch das Bundesprogramm, das den sozialen Arbeitsmarkt betrifft. Das sind gute Impulse, und wir werden sehen, wie sich das ausgestaltet und wie es sich im Markt auswirken wird.
Das positive Bild, das Herr Schmitz gezeichnet hat, muss man jedoch differenziert betrachten. Gerade bei den Menschen mit Behinderung oder auch bei den Langzeitarbeitslosen gestaltet sich die Entwicklung beileibe nicht so positiv wie bei den anderen. Das macht deutlich, dass dort eine ganze Menge investiert und getan werden muss.
Ich erlaube mir – auch wenn die Ministerin jetzt nicht im Raum ist – eine Bemerkung zur Frauenförderung. Das war vorhin schon ein starkes Stück, zu behaupten, dass Rot-Grün – der Vorwurf muss ja immer kommen – nicht dafür gesorgt hätte, dass beim normalen Bewährungsaufstieg genug Frauen vorhanden, um in Spitzenpositionen berufen zu werden. Sie bieten dann die Besetzung der Regierungspräsidien an. Eine politische Besetzung mit dem Karriereaufstieg zu vergleichen, ist erstens fachlich falsch und macht zweitens deutlich, dass Sie nicht verstanden haben, warum es da keine Frauen in Führungspositionen gibt – nämlich weil die Strukturen darunter einfach nicht bestehen.
(Matthias Kerkhoff [CDU]: Das hat auch nie jemand behauptet! – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Deswegen habe ich wenig Hoffnung, dass sich in unseren Behörden in Nordrhein-Westfalen etwas Positives entwickeln wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
–  Herr Kollege Witzel, eines muss ich mal sagen: Sie sind der Superexperte in diesem Bereich. Sie haben vor zwei Jahren gesagt, was alles nicht geht. Seitdem CDU und FDP hier regieren, hat sich nichts zum Positiven entwickelt, und Sie haben immer nur laute Worte zu machen! Sie haben null geliefert, was dieses Thema anbetrifft.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zurück zum Einzelplan 11 und weg von Herrn Witzel. Ich möchte, dass wir im Bereich Arbeitsmarktpolitik die möglichen positiven Ansätze – auch das, was auch vom Bund kommt – mit einer klugen und vernünftigen Strukturpolitik verbinden.
Deswegen war ich sehr entsetzt – Herr Minister, darüber haben wir mehrfach gesprochen –, dass Sie die Produktionsschulen eingestampft haben. Auch die Begründung entsetzt einen. Manchmal muss eine neue Regierung zwar auch neue Programme auflegen. Dass Sie aber der Auffassung sind, mit den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit seien alle Menschen über 18 Jahre abgedeckt – das hat die CDU in den Anhörungen auch so betont –, kann ich überhaupt nicht verstehen.
Wir brauchen sehr intensive Unterstützung für unterschiedliche Personenkreise. Dazu gehören Menschen, die es – wie Sie es ausdrücken – schwer hatten und in der Schule keinen vernünftigen Abschluss zustande gebracht haben, die unter Depressionen leiden oder unter etwas anderem. Sie brauchen eine intensive Betreuung. Wir brauchen für den Einsatz Behinderte vor allem eine entsprechende Werbung, damit sie an Stellen kommen, und für Langzeitarbeitslose eine Perspektive auf mehr Stellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es lohnt sich: Wir reden über mehrere Hunderttausend Menschen; rechnen wir die Familien dazu, sind es fast 1 Million Menschen. Dafür müssen wir uns einsetzen. Das ist unser Job. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Vielen Dank, Herr Minister! Die Fokussierung auf das Thema „Menschen mit Behinderung“ muss ich ausdrücklich loben – das ist eine sehr gute Ansage. Das ist nur leider in den anderen Reden nicht vorgekommen. Sie, Herr Minister, haben uns da ganz an Ihrer Seite.
Ich habe mich auch wegen einer Bemerkung des Kollegen Lenzen noch einmal gemeldet, die wirklich deutlich macht, was uns da unterscheidet. – Er hat gesagt: Wenn bei Bayer 12.000 Menschen entlassen werden, dürfen wir uns in die unternehmerische Entscheidung nicht einmischen, sondern wir müssen dafür sorgen, dass die Folgen abgemildert werden.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen um jeden Arbeitsplatz kämpfen! Bei General Electric war es so, dass wir uns sehr wohl in die Entscheidung eingemischt und mit der Unterstützung des Betriebsrats dafür gesorgt haben, dass eine andere Lösung auf den Tisch kam. Man kann politisch sehr wohl etwas tun, damit Industriearbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen erhalten bleiben können. Das unterscheidet uns von Ihnen.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat es der Minister nicht immer ganz so leicht in dieser Koalition.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Wir hoffen, dass er sich mit dieser Position immer wieder durchsetzt. Ich halte es für grundfalsch, dass das Unternehmen entscheidet und der Staat und die Gesellschaft die Folgen tragen müssen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)