Norwich Rüße: „Da muss man natürlich auch fragen, ob nicht auch diese Kreise auf ihrer Ebene mehr tun müssen“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu illegalen Gülleimporten

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit 2010 bin ich Mitglied im Landtag. Ich glaube, es gibt kein Thema, das mich in den ganzen Jahren so beschäftigt hat wie die Frage einer bedarfsgerechten Düngung, des Gülleanfalls und der Gülleverwendung hier in Nordrhein-Westfalen. Wir sind eine Hochburg der Veredelung. Das will ich an der Stelle noch mal deutlich ansprechen.
Dieser Antrag tut ja jetzt fast so, als ob wir nur mit der niederländischen Gülle ein Problem hätten, die ungefähr 6 bis 7 % der Gesamtmenge ausmacht, die in Nordrhein-Westfalen anfällt. Nein, das Thema ist schon ein bisschen größer zu sehen. Diese Importe sind ein Aspekt eines großen Problems, das wir angehen müssen.
Seit 30 Jahren diskutieren wir insgesamt agrarpolitisch über diese Frage. Es gab den Bericht „Umweltprobleme in der Landwirtschaft“ des Sachverständigenrates für Umweltfragen, der schon vor 30 Jahren aufgezeigt hat, welche Probleme diese Intensivierung der Stickstoffdüngung, um die es vor allem geht, mit sich gebracht hat, welche Umweltfolgen sie für Wasser, für Boden und für die Natur insgesamt hat. 30 Jahre lang ist eigentlich nicht viel passiert.
Trotz aller Bemühungen und Verschärfungen, die wir gehabt haben, ist es das Ziel, mit dem Stickstoffsaldo, also dem Überschuss an Stickstoff, auf 50 kg runterzukommen. Wir liegen derzeit bei 100 kg. Von dem Ziel sind wir noch weit, weit weg. Wir müssen also noch viel mehr tun als das, was Sie in Ihrem Antrag schreiben.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Sie haben – das klang eben ein bisschen bei Herrn Diekhoff vorhin an – uns Vorwürfe gemacht, wir hätten immer mehr Vorschriften gemacht und dies und das. Dafür haben Sie uns auch immer kritisiert. Daran kann ich mich gut erinnern. Wir aus NRW heraus haben immer gedrängt, dass bei der Düngeverordnung deutlich mehr passieren muss. Das haben Sie immer kritisiert. Ich glaube, es war genau der richtige Weg, damit wir endlich die Nährstoffe deutlich besser kontrollieren können.
2012 war ja ein wichtiges Jahr. 2012 kam der Herbsterlass. 2012 gab es die Gespräche mit der damaligen Ministerin der Niederlande, Frau Dijksma hieß sie, glaube ich. Das hat alles Minister Remmel gemacht. Wenn Sie heute sagen, das sei falsch gelaufen, dann stelle ich mal eine Gegenfrage: Ist denn der Minister für die Kontrolle dieser Gülleströme zuständig oder die Landwirtschaftskammer? Müssen wir nicht auch mal in Richtung Landwirtschaftskammer fragen: Was habt ihr denn eigentlich mit den 10 Mitarbeitern, die es zuerst waren, und den dann 20 Mitarbeitern gemacht? Vielleicht hätte da auch schon eher und schneller etwas an der Stelle passieren müssen.
(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von Markus Diekhoff [FDP] und Henning Höne [FDP])
Darüber hinaus sind natürlich auch die Behörden der Kreise zuständig. Es ist ja insbesondere ein Problem bestimmter Kreise. Es ist der Kreis Kleve. Er ist ganz klar hauptbetroffen. Es ist der Kreis Heinsberg. Und es ist zum Beispiel nicht Ostwestfalen-Lippe. Da muss man natürlich auch fragen, ob dann nicht auch diese Kreise ihre Untersuchungen noch mal intensivieren müssen und auf ihrer Ebene mehr tun müssen.
Ich finde, wir müssen uns auch noch mal über die Mengen unterhalten. Aus den Niederlanden kommen jährlich ungefähr 13.000 t reiner Stickstoff. In Nordrhein-Westfalen werden in unserer Tierhaltung ungefähr 200.000 t Stickstoff erzeugt. Darin sind 17.000 t aus Biogasgärresten eingeschlossen. Dann sind wir bei 185.000 t aus der Tierhaltung. Interessant ist, dass Ausbringungsverluste von 30 % angerechnet werden können. Das heißt, in den Bedarfsrechnungen der Landwirte tauchen 50.000 t dieser 185.000 t überhaupt nicht mehr auf. Die sind nämlich weg.
Das kritisiere ich seit Jahren. Diese 50.000 t, also das Vierfache der Menge, die wir aus den Niederlanden bekommen, verschwinden. Sie werden aus den Kaminen der Ställe herausgeblasen. Sie sind nicht mehr da. Aber natürlich sind sie noch da; denn sie regnen halt 10 km später wieder ab. Sie sind natürlich auf dem Boden.
Im Münsterland haben wir zum Beispiel eine Vorbelastung von 50 kg Stickstoff pro Hektar. Warum werden die in der Düngeplanung nicht mit eingerechnet? Solange wir das nicht tun, werden wir weiterhin erhebliche Probleme an der Stelle haben.
Deswegen sage ich noch einmal: Es reicht nicht aus, diesen Antrag hier zu stellen und zu sagen: Wir haben nur ein Problem mit niederländischer Gülle. – Das kann man machen, aber da ist meine Meinung: Das Handwerkszeug ist gegeben, die Stellen der Kammer sind da.
Bei dem Ergebnis, das jetzt bekannt wurde, das die bestehenden Fehler offenlegt, muss man sich auch fragen, ob diese tatsächlich nur bei den Importen aus den Niederlanden auftreten oder ob wir die Probleme auch bei Gülle haben, die innerhalb von Nordrhein-Westfalen von Betrieb zu Betrieb transportiert wird. Sind denn da die Dokumente alle einwandfrei? Können wir das alles kontrollieren? Wissen wir denn, wenn ein Bauer zum Beispiel aus dem Münsterland eine Fläche im Sauerland pachtet – da ist es ja ein bisschen billiger –, ob die Gülle tatsächlich aus dem Kreis Borken wirklich bis ins Sauerland kommt? Passiert das immer? – Das wissen wir doch genauso wenig.
Wenn Sie dann die GPS-Sender an die niederländischen Transporter hängen wollen, müssen Sie sie dann in der Konsequenz nicht auch an jedes Güllefass hängen? Ich frage mich, wie das dann am Ende funktionieren soll. Ich halte das für höchst schwierig.
Ich denke, der Weg, der damals beschrieben wurde, ist der richtige, indem der Empfängerbetrieb genau nachweisen muss, was er mit der Gülle macht. Das ist der richtige Weg. Den haben wir eingeleitet, den gilt es jetzt weiter zu verfolgen.
Ihr Antrag ist da keine Verbesserung. Er ist ein „Wir müssen mal ein Antrag stellen“-Antrag. Wir werden ihn deshalb ablehnen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN) 

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