Wenn ein Entfesselungspaket die Kommunen bei der Sonntagsöffnung knebelt… Wann wird der Runde Tisch wieder eingesetzt?

Kleine Anfrage von Sigrid Beer und Horst Becker

Mit ihrem „Entfesselungspaket I“ wollte die Landesregierung für mehr Rechtssicherheit und Bürokratieabbau sorgen. Mit der der damit verbunden Überarbeitung des Ladenöffnungsgesetzes hat die Landesregierung aber für mehr Verstrickungen und Rechtsunsicherheit bei den Sonntagsladenöffnungszeiten in NRW gesorgt. Auf Druck der FDP mussten unbedingt mehr Sonntage zur Öffnung zur Verfügung stehen, dafür wurden Rechtsunsicherheiten billigend in Kauf genommen. Obwohl das OVG in Münster Anfang Dezember letzten Jahres – also in Kenntnis Ihres Entwurfes – noch einmal ganz klar festgestellt hat, es sei die Pflicht des Landesgesetzgebers, den Sonntagsschutz sicherzustellen und zu erhalten. Die Landesregierung hat die Feststellung von Sachgründen den Kommunen überlassen, genau weil sie um die nicht vorhandene Rechtssicherheit weiß. Mit den Klagen müssen sich nun die Kommunen auseinandersetzen.
In OWL zeigen sich drastisch die handwerklichen Fehler der Landesregierung. Ein prominentes Opfer des gesetzlichen Fehlschlags von CDU und FDP war in diesem Sommer die Sonntagsöffnung zum Libori-Fest in Paderborn. Das Libori-Fest gehört dabei zu den 10 größten Volksfesten in der Bundesrepublik und ist für seine Tradition und sein Flair bekannt und sehr beliebt. Auch eine Sonntagsöffnung hat traditionell dazu gehört.
Trotzdem wurde die Sonntagsöffnung für den 05.08.18 mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 26. Juli 2018 (3 L 932/18) untersagt.
Die Erfahrungen scheinen offensichtlich zu einem Umdenken bei den heimischen Abgeordneten von CDU und FDP geführt zu haben.
So wird der Daniel Sieveke (CDU) zitiert: „Ich bin nicht der Meinung, dass man gar nichts ändern darf. Wenn wir etwas verbessern können, dann sollten wir es tun“ (Neue Westfälische, 30.07.18). Und es ist zu lesen: Auch für den Paderborner FDP-Landtagsabgeordnete Marc Lürbke ist die Reform des Ladenöffnungsgesetzes „eine praktikable Lösung für mehr Flexibilität bei den Sonntagsöffnungen“ (Westfalenblatt 25.07.18).
Anders jedoch der zuständige Minister Andreas Pinkwart, der anlässlich seines Besuchs – ausrechnet zu Libori – Änderungen eine kategorische Absage erteilt.
Dafür schiebt er den Kommunen lieber den schwarzen Peter zu und hält Paderborn eine unzureichende Begründung vor.
Entsprechend ungehalten sind die Reaktionen auf dieses Wegschieben von Verantwortung seitens des FDP-Ministers.
Der Bürgermeister der Stadt Paderborn, Michael Dreier (CDU) „nimmt die Landesregierung nun in die Pflicht, beim Thema Ladenöffnungszeit nachzubessern“ (Westfalenblatt 27.07.18). In der Neuen Westfälischen vom 04.08.18 nimmt die Stadt wie folgt Stellung: „Das LÖG biete keine Möglichkeit, Standorte, die sich in gewisser Entfernung zur Veranstaltung befinden, wirksam einzubeziehen.“
In das gleiche Horn stoßen weitere Vertreter aus Ostwestfalen-Lippe:
Der Bielefelder Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) hält zwei von drei Einkaufssonntagen in der City in der bisherigen Form für nicht rechtssicher genehmigungsfähig (Westfalenblatt 14.08.18).
Laut Westfalenblatt vom 15.08.18 sehen „die Akteure die Schuld für die neue Verunsicherung bei der Landesregierung und der im Frühjahr in Kraft getretenen Novelle des Ladenöffnungsgesetzes. „Das Gesetz hat nicht gehalten, was es versprochen hat“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands OWL. ….. Den „Schwarzen Peter“ sieht auch der Chef der Bielefeld Marketing GmbH beim Land. „Dort wurden handwerkliche Fehler gemacht.“
Nun verzichtet aufgrund der unsicheren Rechtslage auch die Delbrücker Marketinggemeinschaft (Demag) auf einen fünften verkaufsoffenen Sonntag: „Auf Grund der aktuellen Beschlüsse von Verwaltungsgerichten zu den verkaufsoffenen Sonntagen, halte es der Demag-Vorsitzende allerdings für sinnvoll, in diesem Jahr keinen zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntag durchzuführen, um die bereits bestehenden nicht zu gefährden.“ (Westfalenblatt 20.09.18).
Hier zeigt sich wieder, wie fahrlässig es vom Wirtschaftsminister gewesen ist, den von der Vorgängerregierung gegründeten Runden Tisch zu Sonntagsöffnungszeiten abzubrechen, obwohl er kurz vor einer Einigung mit Gewerkschaft, Kirchen, Kommunen und Handel stand.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Worauf führt die Landesregierung die Ablehnungen der Sonntagsöffnung zum Libori- Sonntag 2018 in Paderborn zurück?
  2. Wie beurteilt die Landesregierung die Stellungnahmen der Stadt Paderborn, die auf eine unsichere Rechtsalge verweist?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung die Entscheidungen der Stadt Bielefeld und der Delbrücker Marketinggemeinschaft auf verkaufsoffene Sonntage zu verzichten aufgrund der Rechtsunsicherheit?
  4. Warum wurde der Runde Tisch zu Sonntagsöffnungszeiten nicht zu Ende geführt?
  5. Wann beruft die Landesregierung den Runden Tisch unter Beteiligung von Gewerkschaft, Kirchen, Kommunen und Einzelhandelsverband wieder ein, um eine rechtsichere einvernehmliche Überarbeitung des Ladenöffnungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen zu erarbeiten?