Mehrdad Mostofizadeh: „Das ist ein Gewinn an Demokratie“

Gesetzentwurf der Landesregierung zum Kommunalrecht

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Plenardebatten führen ja manchmal dazu, dass man manch merkwürdige Vorgänge im Vorfeld eines Gesetzgebungsverfahrens deutlich besser versteht.
Der Kollege Hoppe-Biermeyer hat heute allen Ernstes noch einmal den Gesetzentwurf dafür gelobt, dass er die Option biete, Integrationsausschüsse einzuführen, ohne zu merken, dass diese Option gar nicht mehr im Gesetzentwurf steht. Herzlichen Glückwunsch, Herr Hoppe-Biermeyer!
(Heiterkeit und Beifall von der SPD)
Aber warum sage ich das? – Letzte Woche Dienstag guckte ich in mein Mailfach, um zu sehen, welche Anträge und Gesetzentwürfe für das Plenum vorgesehen sind, und entdeckte, dass ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu einem Gesetzentwurf vorgesehen ist, das das Kabinett noch gar nicht beschlossen hat.
Erstens ist das ein etwas merkwürdiger Umgang mit dem Parlament, wenn offensichtlich Dinge schon in den Fraktionen verteilt wurden, die die anderen Fraktionen noch gar nicht kennen.
Zweitens, liebe Kolleginnen und Kollegen, hört man sich üblicherweise erst die Meinung der Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss an, dann die der Sachverständigen, und nach Abwägung der Argumente trifft man eine Entscheidung. Bei Ihnen ist das genau andersherum.
(Heiterkeit von der SPD)
Also herzlichen Glückwunsch, was das weitere Beratungsverfahren betrifft! Ein merkwürdiges Parlamentsverständnis legen CDU und FDP hier an den Tag.
Ich möchte aber auch noch auf zwei inhaltliche Punkte eingehen. Herr Kollege Dahm, viele Aspekte, die Sie genannt haben, kann ich absolut unterstreichen. Ich möchte jedoch noch einmal an den letzten Punkt anknüpfen, den Herr Höne erwähnt hat. Herr Kollege Höne, Sie haben diesem Gesetz ausdrücklich zugestimmt.
(Christian Dahm [SPD]: So ist es!)
Was dabei differenziert gewesen ist und was Sie nicht gemacht haben, kann ich, ehrlich gesagt, nicht erkennen. Dann hätte ich heute an Ihrer Stelle lieber gesagt, warum Sie es anders machen.
(Henning Höne [FDP]: Dann müssen Sie das Protokoll lesen!)
Ich sage Ihnen jetzt wahrscheinlich als Erster, warum wir es für richtig halten, was da steht. Die Wahl von Beigeordneten in den Kreistagen ist eine klare Stärkung der Kreistagsmitglieder gegenüber dem Landrat und der Landrätin, und das ist ein Gewinn an Demokratie, und deswegen ist es auch eine Stärkung der Kreistage. Deswegen war das Gesetz auch vom Namen her richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Dahm [SPD]: So ist es!)
Zur Eilzuständigkeit: 90 % der Aufgaben der Kreistage sind gesetzliche Pflichtaufgaben mit relativ geringem Gestaltungsspielraum. Wenn die Kreistage vor diesem Hintergrund die Möglichkeit bekommen, in Bereichen mitzuwirken, in denen sie gestalten können – wer sich in den Stadträten auskennt, der weiß, wie oft das passiert; das ist nämlich relativ überschaubar –, und an entscheidenden Stellen in Dinge einzugreifen und zu sagen: „Nein, wir wollen eine andere Richtung; wir wollen noch einmal eine neue Vorlage“, dann ist das doch ein Gewinn an Demokratie und keine Schwäche. Das ist doch albern, was Herr Hoppe-Biermeyer gesagt hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Frau Ministerin, ich hatte damit gerechnet, dass das eine oder andere geändert wird. Mir ist schon klar, dass die CDU die Partei der Landrätinnen und Landräte ist und deshalb ein bisschen nachsteuern muss. Deshalb hatte ich ein bisschen auf die FDP gesetzt und gedacht, dass sie steuernd eingreift. Das ist aber schon beim Polizeigesetz nicht gelungen, und auch hier ist es offensichtlich nicht gelungen. Ich hatte darauf gesetzt, …
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
–  Bitte?
(Henning Höne [FDP]: Zerbrechen Sie sich nicht meinen Kopf!)
–  Ja.
… dass Sie, Frau Ministerin, die wahren Probleme angehen. Aber offensichtlich ist nicht vor- gesehen, differenziert vorzugehen. Vielmehr kippen Sie das bestehende Gesetz weg, frei nach dem Fußballphilosophen Rolf Rüssmann, der sinngemäß sagte: Wenn wir selber schon nicht gestalten können, treten wir den anderen wenigstens den Rasen kaputt. – Das ist eine ganz merkwürdige Vorgehensweise, liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, die Sie an den Tagen legen.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Frau Ministerin, ich habe ein paar Vorschläge zu Dingen, um die Sie sich wirklich kümmern könnten. In dem Zusammenhang fallen mir zum Beispiel Themen wie die Grundsteuer aus der heutigen Debatte oder das Thema der Altschulden oder das Thema der Gemeindefinanzen oder das Thema der Integrationspauschale ein. Da tauchen Sie überall ab, aber hier steigen Sie ein und sagen: Das Gesetz von SPD und Grünen von damals war nicht in Ordnung; das müssen wir wegkippen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ganz kleines Regierungs- handeln. Das finden wir hochgradig albern.
Ich will aber auch ausdrücklich sagen, dass ich die anderen Punkte, die im Entwurf stehen und mit Bürgerbegehren zu tun haben, sehr gut finde. Dazu werden wir uns fachlich ausdrücklich einbringen. Ich lobe Sie auch ganz besonders dafür, Herr Höne, wenn Sie einen Beitrag dazu geleistet haben.
(Bodo Löttgen [CDU]: Oh! – Zuruf von Henning Höne [FDP])
–  Einverstanden. Das können Sie machen, wie Sie wollen.
Ich finde es auf jeden Fall in der Sache richtig, den Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen des Bürgerbegehrens mehr Rechtssicherheit zu geben. Wir werden noch weitere Vorschläge dazu machen und uns im Ausschuss noch ausdrücklich darüber unterhalten.
Aber das, was hier heute aufgetischt worden ist, ist ganz kleine Suppe, und ich finde das einigermaßen merkwürdig. – Ich wünsche Ihnen trotzdem gute Ferien.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Arndt Klocke [GRÜNE]: Dünne Suppe!)

Mehr zum Thema

Kommunales