Monika Düker: „Natürlich sind Zusammenhänge zwischen dieser Gesetzgebung und der verdeckten Parteienfinanzierung durch die Gauselmann-Gruppe aus Sicht der FDP frei erfunden“

Antrag der SPD-Fraktion zur Privatisierung von WestSpiel

 Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Klenner, Herr Witzel und auch Herr Lienenkämper als Finanzminister haben in der Vergangenheit mehrfach betont, dass bei der Privatisierung eigentlich alles so bleibt, wie es ist: Spielerschutz, Beschäftigteninteressen – da brennt nichts an, es wird alles so bleiben.
Ich zitiere aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 21. Juni:
„Das Casinospiel in NRW wird somit künftig in der gleichen Qualität, mit dem bestmöglichen Spielerschutz stattfinden, nur in anderer Trägerschaft.“
Soweit so gut, dieses Märchen, so wolkig, so abstrakt.
Wir Grünen haben bislang Folgendes deutlich gemacht, was ich noch einmal betonen will: Erstens verschließen wir uns einer solchen Debatte grundsätzlich nicht. Zweitens hätten wir aber sehr gern sehr konkret erläutert, wie das gehen soll.
Die Antworten sind Sie, Herr Minister, im Finanzausschuss schuldig geblieben, und Herr Klenner und Herr Witzel haben Sie heute auch nicht geliefert.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Dahm [SPD]: So ist das!)
Herr Klenner, Empörungsrhetorik ersetzt noch keine Antworten auf ganz konkrete Fragen. Werden wir mal ganz konkret:
Zum Beispiel gibt es bei WestSpiel einen zentralen Spielerschutzbeauftragten und zwei Spielerschutzbeauftragte an jedem Standort. Gewerbliche Betreiber brauchen nach gesetzlichem Mindeststandard nur einen Beauftragten pro Unternehmen.
Zum Beispiel wird das Personal bei WestSpiel speziell zum Thema „Spielerschutz“ geschult und fortgebildet.
Zum Beispiel wird ein Sozialkonzept bei WestSpiel nicht nur nett aufgeschrieben, abgeheftet und erläutert, mit welchen konkreten Maßnahmen man sogenannten sozialschädlichen Maßnahmen entgegenwirken kann, sondern es wird auch gelebt.
Zum Beispiel können problematische Spieler, die sich spielsüchtig in den finanziellen Ruin zocken, bei WestSpiel letztlich auch mal gesperrt werden.
Zum Beispiel wird nach dem Geldwäschegesetz ab 2.000 € Umtausch registriert, um das Waschen von Schwarzgeld zu verhindern.
Nun lautet unsere Frage – Herr Minister, Sie reden gleich ja noch mal –: Werden all diese Standards bei der Privatisierung erhalten? Denn all diese Standards, die ich genannt habe, sind gesetzlich für den gewerblichen Bereich eben nicht gleichermaßen vorgegeben.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Bei jemandem wie Herrn Gauselmann – das ist nun einmal der größte Anbieter hier in NRW beruht das Geschäftsmodell eben nicht auf dem Spielerschutz, sondern sein Geschäftsmodell zielt auf Spielerausbeutung ab. Deshalb sind wir da so skeptisch und haben all diese Fragen gestellt. Er will vor allem am Elend der Menschen verdienen,
(Zuruf von den GRÜNEN: So ist das!)
die aufgrund ihrer Spielsucht nicht mehr aufhören können.
(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Ach!)
Er investiert genau nicht in den Spielerschutz, (Ralf Witzel [FDP]: Das ist doch infam!)
dass er diesen Menschen Beauftragte an die Seite stellt, die sagen, (Zurufe von den GRÜNEN – Gegenrufe von Ralf Witzel [FDP])
dass es besser wäre, aufzuhören. Er hat jedenfalls die Standards …
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
–  Herr Witzel, sagen Sie mir doch mal, wo bei Herrn Gauselmann zwei Spielerschutzbeauftragte vor Ort sind, die sich um diese Menschen kümmern. Die gibt es nämlich nicht.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: So ist das! – Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ralf Witzel [FDP] – Gegenruf von Horst Becker [GRÜNE])
Daher wird im gewerblichen Bereich eben nicht überall, und vor allem auch nicht bei Herrn Gauselmann, Ihrem großen Freund, in aktiven Spielerschutz und Prävention investiert.
(Ralf Witzel [FDP]: Was machen Sie denn in Berlin?)
Sie wissen auch, weil Sie es gesetzlich in Berlin mit verhindert haben: Spielhallen sind – oh Wunder! – beim Geldwäschegesetz ausgenommen worden, und zwar in Ihrer Regierungszeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Rein zufällig! – Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])
Beim Ausbau dieses für mich persönlich höchst zweifelhaften Geschäftsmodells der Gauselmann-Gruppe und anderer hat eine Partei in diesem Land tatkräftig mitgeholfen, Herr Witzel, indem Sie in Ihrer Regierungszeit im Bund Erleichterungen – man könnte auch sagen: Deregulierungen – für diesen Geschäftsbereich durchgesetzt haben.
(Zuruf von Christof Rasche [FDP])
So wurde 2012, unter Regierungsbeteiligung der FDP, die Spielverordnung weiter liberalisiert. Ganz konkret konnte die Anzahl der Automaten pro Spielhalle erhöht werden, und interessanterweise konnten die Laufzeiten der Automaten
(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])
pro Spiel von 12 auf 5 Sekunden gesenkt werden. Das heißt, dass man im Grunde nun in derselben Zeit einem Menschen, der gerade Haus und Hof verzockt, doppelt so viel Geld aus der Tasche ziehen konnte.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Norwich Rüße [GRÜNE]: Noch schneller!)
Kurz vor dieser Änderung stieg eben diese Gauselmann-Gruppe mit weiteren hohen Beträgen in die FDP-Tochter altmann-druck ein,
(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Ach!)
nachdem die Gauselmann-Gruppe bereits von 2004 bis 2007 mit fast 2 Millionen € in Tochterfirmen der FDP investiert hat – wie man lesen kann, zu weit überhöhten Preisen.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP] – Gegenruf von Horst Becker [GRÜNE])
Das alles kann man bei LobbyControl nachlesen. Sie haben lange Zeit versucht, diese versteckte Parteienfinanzierung nicht zuzugeben. Das ist Ihnen letztlich nicht gelungen.
(Henning Höne [FDP]: Das ist alles von vorne nach hinten durch geprüft worden!)
Natürlich sind Zusammenhänge zwischen dieser Gesetzgebung und der verdeckten Parteienfinanzierung durch die Gauselmann-Gruppe aus Sicht der FDP frei erfunden – selbstverständlich.
(Henning Höne [FDP]: Das ist Ihre Art, Politik zu machen)
Es ist nur bemerkenswert, dass dies relativ zeitgleich passierte.
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
Wo finden wir die Gauselmann-Gruppe auch? – Genau, man höre und staune: bei den Paradise Papers.
Die waren nämlich auch mit kreativen Modellen zur aggressiven Steuervermeidung bei Onlinekonzessionen dabei.
Jetzt komme ich zu unserem Fazit dieser Debatte: Es wäre fatal, Herr Minister, wenn die Landesregierung der Gauselmann-Gruppe als größtem Anbieter und Fast-Monopolistin in NRW beim Ausbau eben dieser Monopolbildung helfen und damit den Bock zum Gärtner machen würde. Das dürfen und das wollen wir nicht zulassen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Deswegen erwarten wir heute von Ihnen – und davon machen wir die Zustimmung zum SPD- Antrag abhängig – klare Aussagen dazu, ob Sie die gesetzlich nicht verbrieften, bei WestSpiel aber gelebten Standards zum Spielerschutz und zum Schutz der Beschäftigten genau so in die Ausschreibung übertragen werden, damit diese Standards erhalten bleiben.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Herr Minister, solange Sie sich nur in wolkige Absichtserklärungen – nach dem Motto: Alles bleibt irgendwie wie es ist, keiner muss sich Sorgen machen – flüchten und nicht erklären können, wie Sie diese Quadratur des Kreises hinbekommen wollen, bleiben wir skeptisch. Denn das Geschäftsmodell bei Herrn Gauselmann und Co. ist nun mal ein anderes als bei WestSpiel. Ich bin gespannt auf Ihre Ausführungen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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