Mehrdad Mostofizadeh: „Wir brauchen bessere Standardangebote im offenen Ganztag“

Antrag der Fraktion der SPD zur Eigenbeteiligung an der Verpflegung im BuT

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ja schon Superschauspiel, was sich hier gerade abspielt. Alle sind der Meinung, dass das, was im SPD-Antrag steht, richtig ist. Eigentlich ist es nicht genug, es müsste darüber hinausgehen, und deswegen lehnen wir es ab. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde es schon richtig super, was ihr hier macht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich komme ganz kurz noch einmal zum Sachverhalt, wie er sich darstellt: Das, was jetzt als Regelung auf dem Tisch liegt, ist vom 01.01.2011. Insofern kann ich die unterstellte Skepsis der Kollegin Altenkamp in Richtung der eigenen Bundesregierung durchaus nachvollziehen; denn die hat viele Jahre lang keine Änderungen – schon gar nicht weit darüber hinausgehende – vorgenommen.
Ich komme auf den Redebeitrag des Kollegen Lenzen zurück: Es ist schon eine dicke Nummer zu sagen: Ich bin dafür, dass alle Kinder am Mittagessen teilnehmen. Das Kind aber, das sich zu Hause befindet, weil es vielleicht krank ist, wird benachteiligt, und weil es benachteiligt ist, dürfen wir den anderen die Beteiligung nicht ermöglichen.
Herr Kollege, da haben Sie aber eine Pirouette gedreht, die Sie selbst nicht glauben dürften.
(Beifall von der SPD)
Warum liegt dieser Antrag heute auf dem Tisch? – Ich will ganz ehrlich sagen: Ich finde auch, dass das maximal ein Bausteinchen in dem Gesamtkonzept ist. Darüber müssen wir nicht reden. Aber es liegt ein konkreter Gesetzentwurf von vier Bundesländern im Bundesrat auf dem Tisch. Nordrhein-Westfalen muss sich zu diesem Gesetzentwurf verhalten. Da kann es aus meiner Sicht nur eine Entscheidung geben: Wir stimmen diesem Gesetzentwurf zu, legen diesen der Bundesregierung vor, und die muss dann Beine machen, nämlich entweder ihm zustimmen oder einen besseren vorlegen. Das hätten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ja heute machen können. Wo sind Ihre Vorschläge, die besser sind? Wo ist das, was super ist? Sie hätten doch dem Kollegen Laumann mal sagen können, dass er einen Text formuliert und diesen den Fraktionsvorsitzenden gibt. All das liegt nicht auf dem Tisch.
Deswegen kann ich nur sagen: Meine Skepsis, ob Sie da besser werden, bleibt nicht nur, sondern sie wird dadurch genährt, dass wir auch jetzt wieder im Bundestag erkennen müssen, dass selbst Fragen, die im Koalitionsvertrag stehen, zum Beispiel ein Recht auf Rückkehr aus der Teilzeit in die Vollzeit, wieder von CDU-Abgeordneten infrage gestellt werden. Deswegen hat dieser Landtag heute die Gelegenheit, Stellung zu beziehen.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Beziehen Sie Stellung und stimmen Sie diesem Antrag zu!
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Ich möchte einmal die Situation schildern: Die Kinder gehen in die Schule, nehmen am Mittagessen teil, dann ist Ferienzeit und dann müssen sie sich vielleicht im offenen Ganztag herausdrucksen, weil der Beitrag nicht gezahlt werden kann. Oder noch schlimmer, wie die Kollegen Altenkamp geschildert hat: Die Kosten steigen immer weiter, und ein Sachbearbeiter im Jugendamt oder im Sozialamt muss dem 1 € ein paar Stunden hinterherlaufen. Das ist Effizienz à la CDU und FDP, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das kann ich echt nicht verstehen, warum wir da weiter hinterherlaufen.
(Beifall von der SPD)
Der letzte Teilkomplex ist Folgender: Wir müssen tatsächlich darüber hinausgehen. Wir reden heute nicht nur über die Hartz-4-Kinder, sondern über Menschen, die ein niedriges Einkommen haben. Wir brauchen bessere Standardangebote im offenen Ganztag, in den Schulen, was Freizeitteilhabe und Sportangebote anbetrifft. Das wissen wir doch. Wir dürfen sonntags nicht predigen: „Wir müssen Kinderarmut bekämpfen und Schritte einleiten“, aber dann, wenn wir die konkrete Chance haben, sagen: „Nein, das können wir woanders noch besser machen“.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Lassen Sie uns dem Antrag von den Kollegen der Sozialdemokraten zustimmen. Dann gehen wir ein Schrittchen weiter. Ich gehe davon aus, dass Frau Gebauer in der nächsten Parlamentssitzung ein dickes Paket mit einem neuen Konzept zur Kinderarmutsbekämpfung auf den Tisch legt. Darauf bin ich sehr gespannt. Aber heute müssen wir zustimmen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. –
Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Der Kollege Minister Laumann hat einen hochroten Kopf, ist sehr erregt und brüllt hier in die Menge. Ich weiß nicht, warum er das jetzt machen muss. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich vertraue Ihnen nicht.
(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh! – Henning Höne [FDP]: Das beruht auf Gegenseitigkeit!)
Sie sind Minister, und Sie haben hier heute erklärt, dass die Landtagsfraktionen Sie gefälligst nicht auffordern sollen, bestimmte Dinge zu tun. Das ist ein starkes Stück, das will ich Ihnen ganz klar sagen!
(Beifall von der SPD)
Der zweite Punkt ist: Alles, was Sie vorgetragen haben, hat seit sieben Jahren Bestand in dieser Republik. Das hätten Sie ändern können. Sie haben 2011 bei der Verabschiedung schon gesagt, dass das Ganze ein Bürokratiemonster ist – warum machen Sie das, was Sie hier vorgelegt haben, denn dann nicht?
An die Regierungskoalition gerichtet möchte ich sagen: Wenn wir uns die Mühe machen – und ich stimme durchaus zu, dass man etwas weiter gehen und über den Bundesrat hätte sprechen können –, dann sollten Sie sich fachlich damit auseinandersetzen und nicht so, wie Sie es eben getan haben. – Glauben Sie einfach dem Minister, dann wird schon alles gut.
Ich möchte Fachargumente haben, und die sind heute nicht auf den Tisch gekommen.
(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])
Deshalb: Sorgen Sie dafür, dass es im Bundesrat anders wird. Nur dann glaube ich daran, dass die Bundesregierung in Deutschland sich in Bewegung setzt. Der Koalitionsvertrag – da bin ich ganz sicher – wird nicht eins zu eins umgesetzt. Das hat die CDU schon angekündigt.
Eine letzte Bemerkung: Der Kollege Lenzen, der gerade gesprochen hat, ist gar nicht Ihrer Meinung. Dann schauen wir mal, was im Koalitionsausschuss hier in Nordrhein-Westfalen passiert.
(Henning Höne [FDP]: Wir gucken das gleich nach!)
Setzen Sie sich in Bewegung, räumen Sie dieses Bürokratiepaket weg und sorgen Sie für mehr soziale Gerechtigkeit –
(Vizepräsidentin Angela Freimuth räuspert sich.)
insbesondere in der Schule und in der offenen Jugendarbeit.
(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])
Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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