Norwich Rüße: „Ich fühle mich hier als Abgeordneter völlig unzureichend informiert“

Aktuelle Stunde auf Antrag der GRÜNEN im Landtag zum Thema Stabsstelle Umweltkriminalität

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, hier im Raum besteht nicht wirklich Klarheit darüber, was die Aufgabe einer Stabs­stelle ist
(Daniel Sieveke [CDU]: Oh!)
und wie im Unterschied dazu etwas in Abteilungen bearbeitet wird.
(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])
Ich will ganz deutlich sagen: Mich persönlich interessieren die Akten der Stabsstelle viel we­niger
(Zuruf von der CDU: Ach! – Dietmar Brockes [FDP]: Das ist Skandalisierung!)
als eine Akte aus dem Ministerium, in der ich mal nachvollziehen könnte, warum und wieso Sie diese Stabsstelle aufgelöst haben. Wo ist denn der Vermerk?
(Beifall von den GRÜNEN)
Wo ist denn der Vermerk, dem man entnehmen könnte: Das und das sind die Gründe; auf diese Weise habe ich entschieden. – Diesen Vermerk müssten Sie uns vorlegen.
(Ministerpräsident Armin Laschet: Quatsch! Das ist doch Unsinn!)
Die Frage, was die Stabsstelle bearbeitet hat, ist hinreichend geklärt.
(Zurufe von der CDU und der FDP – Bodo Löttgen [CDU]: Das ist ja unglaublich!)
Es ist längst erwiesen, dass es ungefähr eine Drittelung der Fälle gab und dass es eben nicht – wie Sie zunächst behauptet haben – nur noch um die Verfolgung von Greifvögeln gegangen wäre. Es war viel mehr.(Beifall von den GRÜNEN)
Dass sich in einer Stabsstelle im Zeitverlauf die Schwerpunkte verlagern, ist doch völlig klar. Große Umweltskandale, die es gab – zum Beispiel bei Envio – tauchen in manchen Jahren auf; dann ist das ein Schwerpunkt. In anderen Jahren ist das weniger; dann ist vielleicht die illegale Greifvogeljagd Schwerpunkt. So verläuft es, und deshalb müssen Sie das Gesamtbild der letzten Jahre heranziehen, und da wird klar, welche wichtige Arbeit diese Stabsstelle ge­leistet hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Noch etwas dazu, wo es Reibungen hinsichtlich der polizeilichen Ermittlungsarbeit gegeben hat. Ich kann nur sagen: Wenn es diesen Brief denn gegeben hat, ist er ja ein Hinweis darauf, wie aktiv diese Stabsstelle war!
(Beifall von den GRÜNEN – Arndt Klocke [GRÜNE]: So ist es! Genau so ist es!)
Das ist ja ein Beleg dafür!
(Christof Rasche [FDP]: Gewaltenteilung ade!)
Natürlich gibt es – das müssen Sie doch wissen – immer wieder Reibungen und auch kleinere Überschneidungen, und dann wird das geklärt.
(Christof Rasche [FDP]: Gewaltenteilung ade! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)
– Das ist ja spannend! Der Bund Deutscher Kriminalbeamter, also die Polizei, hat ausdrück­lich kritisiert, dass Sie die Stabsstelle auflösen wollen. Er hat gesagt, dass diese Stabsstelle gute Arbeit leistet.
(Beifall von den GRÜNEN – Christian Dahm [SPD]: So ist das!)
Wenn die Polizei also dagegen wäre, wäre dieser Kriminalbeamte an der Stelle wohl anderer Meinung.
Frau Schulze Föcking, insgesamt hat mich das, was Sie hier erneut und auch gestern vorge­tragen haben, null überzeugt. Das war gar nichts. Sie haben Ihre Chance wieder vertan, wirk­liche Aufklärung zu betreiben.
(Zuruf von der SPD: Wie auch?)
Sie haben Ihr Grundprinzip beibehalten: Sie sagen nichts, Sie haben nichts gehört, und Sie haben für nichts Verantwortung.
(Bodo Löttgen [CDU]: Hatten Sie den Kopfhörer auf?)
Das geht als Ministerin nicht.
 (Beifall von den GRÜNEN)
Meiner Meinung nach treten Sie als Ministerin wie eine Gutsherrin aus dem 19. Jahrhundert auf.
(Zurufe von der FDP: Oh!)
Sie sollten aber wie eine Politikerin im 21. Jahrhundert auftreten.(Beifall von den GRÜNEN – Minister Karl-Josef Laumann: Das stimmt nicht! – Minister Herbert Reul: Das ist eine Frechheit! – Rainer Schmeltzer [SPD]: „Frechheit“ sagen, aber lachen!)
Ich will daran erinnern: Sie haben gestern selbst simpelste Fragen nicht beantworten können. Die Kollegin Brems hat nach „ja“ oder „nein“ gefragt – eine Ja-oder-Nein-Frage konnten Sie nicht beantworten, sondern Sie haben wieder drumherum geschwurbelt. Das macht einen sprachlos.
(Christof Rasche [FDP]: Dann müssen Sie aufhören!)
Sie haben anscheinend keinen Plan, wohin Sie mit Ihrem Ministerium wollen. Anders kann man auch wirklich nicht erklären, warum Sie keinen Vermerk vorlegen können. Es scheint in der Tat irgendwie mal im Gespräch geklärt worden zu sein: Die Stabsstelle hauen wir mal weg. – Sie gehen im Ministerium nicht planvoll vor, und Sie wissen anscheinend selbst gar nicht genau, was da passiert.
Im Nachgang sind dann andere verantwortlich. Da ist dann das LANUV schuld, das Sie nicht richtig informiert hat, dann ist es der Staatssekretär, der die Verantwortung hat, und nicht Sie. Aber Sie sind der Kopf des Ministeriums. Sie tragen für alles, was im Ministerium passiert, die politische Verantwortung. Dazu sollten Sie sich endlich auch mal bekennen!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Am erstaunlichsten finde ich: Wenn Sie sagen, dass Sie die Umweltkriminalität viel besser und stärker verfolgen, dann legen Sie uns doch mal ein zwei- oder dreiseitiges Papier vor – das es ja längst geben muss –, in dem Sie erklären, wie Sie das zukünftig machen.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Es gibt doch keine Papiere mehr im Haus!)
Aber da ist ja nichts zu finden.Es gibt im Geschäftsverteilungsplan des Ministeriums nichts mehr. Es ist im Ausschuss nichts dazu gesagt worden. Sie haben uns auch hier im Plenum nichts dazu sagen können.
Das, was ich jetzt im ersten Amtsjahr von Ihnen erlebt habe – ich kann es nicht anders sagen –, macht mich sprachlos und lässt einem wirklich die Haare zu Berge stehen. Ich fühle mich hier als Abgeordneter völlig unzureichend informiert.
(Zurufe von der CDU: Oh!)
In der Presse heute Morgen geht es auch wieder um die Frage, ob Sie vielleicht doch noch weiter an dem landwirtschaftlichen Betrieb beteiligt waren.
(Bodo Löttgen [CDU]: Spekulation!)
Ich merke, ich habe gar kein Vertrauen mehr in das, was Sie sagen. Ich frage mich dann, ob Sie mich an der Stelle auch schon wieder falsch informiert haben. Haben Sie die Ministerehrenkommission falsch informiert? Ihre Glaubwürdigkeit ist wirklich ziemlich weit nach unten gesackt. Sie ist eigentlich nicht mehr vorhanden.
Mein Eindruck ist, Frau Schulze Föcking: Sie haben ein völlig falsches Verständnis von Ihrem Amt als Ministerin. Sie scheinen das mehr als eine Art Präsidentschaft zu sehen. Sie sitzen da irgendwie einem Gremium vor und delegieren mal ein bisschen. Das ist nicht Ihre Aufgabe.
Zur Stabsstelle hätten Sie uns, finde ich, umfassender informieren müssen. Sie hätten sofort informiert sein müssen. Sie hätten auch mal ein Gespräch führen können. Das haben Sie anscheinend nie gemacht mit den Mitarbeitern. Erklären Sie mir doch mal, was Ihre Arbeit ist! Danach bewertet man das. Sie sagen, die 600 Seiten hätten Sie nicht lesen können. Ich glaube, Ihre Vorgänger hätten sich nachts 50 Akten genommen …
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Norwich Rüße (GRÜNE): … und hätten mal reingeguckt und nicht gesagt: „Das LANUV hat mir das nicht richtig zusammengestellt.“
(Bodo Löttgen [CDU]: Die Vorgänger haben zugelassen, dass die Stabsstelle am Rande der Legalität tätig war!)
Ich habe keinerlei Vertrauen mehr. Ich habe auch wirklich keine Hoffnung mehr,
(Zurufe von der FDP: Oh!)
dass Sie uns noch Rede und Antwort stehen und uns wirklich an der Stelle aufklären.
Nach dem, was Sie hier jetzt an Auftritten geleistet haben, kommen wir aus meiner Sicht an einem PUA nicht vorbei, wenn Sie nicht bereit sind, wirklich Butter bei die Fische zu geben und endlich Aufklärung zu betreiben. – Vielen Dank.