Milchkrisen wirksam mit neuen Instrumenten begegnen!

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Norwich Rüße

I. Existenz der Milchviehbetriebe in Nordrhein-Westfalen sichern

Seit Jahren gefährden lang anhaltende und wiederkehrende Preiskrisen mit zum Teil ruinösen Milchpreisen die landwirtschaftlichen Milchviehbetriebe in zunehmendem Maße – auch in Nordrhein-Westfalen.
Diese Milchmarktkrisen der letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass der Markt auf nationaler, europäischer und zum Teil auch auf globaler Ebene sehr fragil ist. Trotz aller bisherigen Bestrebungen, diese Schwankungen in den Griff zu bekommen, kommt es regelmäßig EU-weit zu Milchüberschussmengen. Auch nach der Abschaffung der Milchquote vor drei Jahren und der staatlichen Intervention zur Lagerung von Milchpulver konnte bislang keine nachhaltige Preisstabilisierung erreicht werden.
Die Schwankungen der Milchpreise ergeben sich im Wesentlichen aus der massiven Steigerung der Milchproduktion in der EU. Aktuell blicken die Milchviehhalterinnen und –Halter mit großer Sorge auf die Entwicklungen des Milchmarkts. Die kalte Witterung im Winter hat dazu beigetragen, dass die Milchlieferungen leicht zurückgegangen sind, was die Abwärtsbewegung der Milcherzeugerpreise zunächst gestoppt hat. Mit den nun deutlich wärmeren Temperaturen steigt aber auch die Milchanlieferung wieder an. Im Vergleich zum letzten Quartal in 2017 sind die Milcherzeugerpreise schon deutlich zurückgegangen, teilweise wurde bereits die 30-Cent-Marke unterschritten, was Milchbauerinnen und Milchbauer erneut in eine schwierige und existenzbedrohende Lage versetzt. In der Folge müssen immer wieder Landwirte ihre Milchviehbetriebe aufgeben. Für die Frage, wie sich die Situation weiter entwickeln wird, ist die Menge der EU-Milchanlieferungen in den nächsten Wochen und Monaten von entscheidender Bedeutung.

II. Neue Milchmarktinstrumente schaffen

Das Szenario einer Milchkrise, die die Landwirte in existentielle Krisen stürzt, darf sich nicht wiederholen. Damit dies gelingt, muss nun eine wirksame Krisenvorsorge für den EU- Milchmarkt oberste Priorität haben.
Dafür muss das EU-Sicherheitsnetz für den Milchmarkt um Kriseninstrumente erweitert werden, um im Krisenfall Milchübermengen einzudämmen statt einzulagern. Mit der Verknüpfung des zweiten EU-Hilfspakets mit Mengendisziplin hat man in der letzten Krise bereits einen wegweisenden Schritt in diese Richtung unternommen. Diese Maßnahmen gilt es nun fortzusetzen und zu optimieren, um in Krisenzeiten eine Mengensteuerung bei anfallendem Überschuss zu ermöglichen.
Darüber hinaus ermöglicht der Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation auf EU-Ebene den Mitgliedstaaten, eine Beziehung zwischen einer bestimmten Liefermenge und dem Preis für diese Lieferung zu verlangen. Es sollte in der Anwendung des Artikels 148 in Deutschland sichergestellt werden, dass es sich um konkrete Mengenangaben zu festen Preisen für einen bestimmten Lieferzeitraum handelt. Damit reduziert sich das Preisrisiko der Erzeugerinnen und Erzeuger deutlich und auch für die Molkereien verbessert sich die Kalkulierbarkeit ihrer Produktion.
Die milchwirtschaftliche Branche ist weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene in der Lage, das Problem der Überschüsse zu lösen, da insbesondere der Interessenskonflikt zwischen Erzeugern, Molkereien und Handel viel zu groß ist.

III.     Der Landtag stellt fest

  • Der Milchmarkt zeigt sich trotz der ergriffenen politischen Maßnahmen der vergangen Jahre nach wie vor fragil, mit zum Teil existenzbedrohenden Auswirkungen für die Milchbauerinnen und Milchbauern.
  • Es braucht ein dauerhaftes Kriseninstrument zur Verringerung der Milchanlieferung, welches in Krisenzeiten das Milchangebot in der EU der tatsächlichen Nachfrage anpasst.

IV.    Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass auf EU-Ebene ein effizientes Frühwarnsystem in der Marktbeobachtungsstelle der EU-Kommission geschaffen wird;
  2. des Weiteren dafür einzusetzen, dass auf EU-Ebene bei Feststellen einer Krise durch die Marktbeobachtungsstelle die Möglichkeit einer mehrstufigen Mengenreduktion geschaffen wird;
  3. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass in der nationalen Anwendung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (Verordnung (EU) Nr. 1308/2013) Deutschland die Lieferbeziehungen verbindlich über schriftliche Verträge zwischen Erzeugern und allen Rohmilch verarbeitenden Betrieben bzw. Molkereien vorschreibt;
  4. sich darüber hinaus dafür einzusetzen, dass in der nationalen Anwendung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktorganisation der aktualisierte Absatz 4, Unterabsatz 2 Buchstabe a) zum Tragen kommt und die Milch-Lieferbeziehungen zwischen Erzeugern und Molkereien über Verträge geregelt werden, die definierte Preise je Kilogramm Milch für eine bestimmte Menge in einem bestimmten Lieferzeitraum enthalten;
  5. Regelungen zu schaffen, mit denen Milchlieferanten ihre Milchmengen flexibler am Markt unterbringen können;
  6. Sich für eine Aufhebung der Andienungspflicht einzusetzen, die den Milcherzeuger dazu verpflichtet, seine gesamte erzeugte Rohmilch vollständig und unabhängig von der Marktsituation an einen Abnehmer abzugeben;
  7. Potenziale zum weiteren Ausbau der Regionalvermarktung zu unterstützen.