Feuer frei für Flächen-Fraß: Missachten die Änderungsvorschläge der Landesregierung am Landesentwicklungsplan übergeordnete Gesetze?

Kleine Anfrage von Horst Becker

Mit Kabinettsbeschluss vom 19.12.2017 hat die Landesregierung die Änderung des Landesentwicklungsplans in Gang gesetzt. Als wesentliche Änderung wurde die ersatzlose Streichung von „6.1-2 Grundsatz flächensparende Siedlungsentwicklung“ vorgeschlagen. Die vorangegangene Landesregierung hat im Zuge der umfassenden Modernisierung des Landesentwicklungsplanes diesen Grundsatz erstmalig mit einem konkreten, quantifizierten Ziel hinterlegt. Ziel dieses Grundsatzes ist es, eine flächensparende Entwicklung in NRW zu etablieren, die nicht mehr als 5 ha Fläche pro Tag kostet und langfristig den Flächenverbrauch im Saldo zu stoppen.
Diese Zielsetzung leitet sich aus der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ab, welche für Deutschland als Zielgröße 30 ha pro Tag formuliert (Deutsche Nachhaltigkeitsstudie) 1. 5 ha pro Tag für NRW leiten sich dabei aus dem Anteil NRWs an der Siedlungs- und Verkehrsfläche Deutschlands ab.
Das novellierte Raumordnungsgesetz (ROG), welches am 29. November 2017 in Kraft getreten ist, hat diese Zielsetzung ebenfalls aufgenommen und fordert dazu auf: „Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke […] zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme […]“. Nur wenige Wochen nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eine Regelung auf Landesebene, welche genau dies erfüllt, abzuschaffen, erscheint zumindest politisch fragwürdig.
In §9 Absatz 2 Satz 1 des ROG heißt es zudem: „Der Öffentlichkeit sowie den in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen ist frühzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf des Raumordnungsplans, zu seiner Begründung und im Falle einer durchgeführten Umweltprüfung zum Umweltbericht zu geben.“
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie begründet die Landesregierung die offensichtliche Auffassung, dass die vorgeschlagene ersatzlose Streichung von „6.1-2 Grundsatz flächensparende Siedlungsentwicklung“ im Landesentwicklungsplan vereinbar ist mit der Vorgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 3 ROG – insbesondere der Aufforderung in der Raumplanung quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme zu formulieren?
  2. Durch welche alternativen Maßnahmen wird die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass sich der Flächenverbrauch in NRW, entsprechend der Zielsetzung der Bundesregierung bis 2030 den Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche auf unter 30 ha zu reduzieren, verringert?
  3. Auf welche Untersuchungen stützt die Landesregierung ihre Einschätzung, dass die Regelungen unter „6.1-2 Grundsatz flächensparende Siedlungsentwicklung“ wirkungslos seien?
  4. Was bedeutet nach Einschätzung der Landesregierung die neue Bestimmung in § 9 Abs. 2 S. 1 ROG zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung für das LEP-Änderungsverfahren?
  5. Wie begründet die Landesregierung, vor dem Hintergrund der vom Kabinett beschlossenen umfangreichen Änderungen am LEP, ihre offensichtliche Auffassung, dass eine einmalige Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichen wird?