Horst Becker: „Die Landesregierung darf auf keinen Fall einer Verlängerung der Betriebsgenehmigung ohne Passagiernachtflugverbot zustimmen“

Antrag der GRÜNEN im Landtag

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Horst Becker (GRÜNE): Herr Präsident! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Schon seit 1997 beschäftigt die Frage des Interessenausgleichs zwischen dem Flughafen und der An­wohnerschaft den Landtag hier in Nordrhein-Westfalen.
Erstmals 1997 und dann auch in den Jahren 2007 und 2010 – da nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig – hat der Landtag beschlossen, ein Passagiernacht-flugverbot zwischen 0 Uhr und 5 Uhr einführen zu wollen. Die Beschlüsse gelten bis heute; andere Beschlüsse zu dem Thema gibt es nicht.
Dazwischen gab es eine Kette von Anträgen an die Bundesverkehrsminister, und immer wie­der wurden verschiedene Überlegungen dazu vorgebracht, warum es nicht rechtmäßig sei, was wir im Landtag beschlossen haben. Bis heute sind diese Überlegungen immer widerlegt worden. Zuletzt haben die Verkehrsminister Ramsauer und Dobrindt ebenfalls die Anträge der rot-grünen Landesregierung abgelehnt.
Die jetzige Landesregierung will offensichtlich diesen Antrag an die jetzt neue Bundesregie­rung nicht erneut stellen. Sie gibt auch keine Auskunft darüber, ob sie die bis 2030 laufende Betriebsgenehmigung in absehbarer Zeit bis 2050 ohne Veränderung verlängern will. Sie sagt auch nicht, ob sie diese Verlängerung ohne Beteiligung des Parlaments durchführen will, wie es Oliver Wittke, der Vorgänger vonseiten der CDU, seinerzeit getan hat.
Wir sind nun aber in einer neuen Situation. Der Flughafen muss jetzt, nach verlorenen Pro­zessen von Anwohnern, für diverse Vorhaben ein Planfeststellungsverfahren durchführen. Die Gerichte und zuvor die Planfeststellungsbehörde könnten verschiedene Maßgaben für den Interessenausgleich vorgeben. Eine davon – das wäre denkbar – wäre das Passagiernachtflugverbot.
Der schon erwähnte Oliver Wittke hat sich übrigens am 28.08.2007, nach dem damaligen Landtagbeschluss, im „General-Anzeiger“ auf die Frage danach, wann die Kernruhezeit kom­men wird, wie folgt geäußert: Umsetzbar wird eine solche Regelung wahrscheinlich erst beim nächsten Planfeststellungsverfahren am Flughafen Köln/Bonn.
Meine Damen und Herren, genau dieses Verfahren läuft jetzt, und deswegen gilt: Die Landesregierung darf auf keinen Fall einer Verlängerung der Betriebsgenehmigung ohne Passagiernachtflugverbot zustimmen und so die Möglichkeit einer Einführung des Passagiernachtflugverbots im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens spätestens für 2030 boykottieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Landesregierung sollte sich außerdem dergestalt an die Beschlüsse des Landtags halten, dass sie auch an die neue Bundesregierung den Antrag stellt, das Passagiernachtflugverbot endlich umzusetzen. Das haben übrigens auch die Wahlkämpfer aus den Wahlkreisen rund um den Flughafen vor der letzten Landtagswahl gefordert – auch von Ihrer Koalition. – Schönen Dank.
Der zweite Redebeitrag zu diesem Thema: 
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Horst Becker (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, der Wert dieses Punk­tes und dieser Minuten liegt in den protokollarischen Notizen.
Zunächst einmal will ich auf Sie, Herr Minister Wüst, eingehen. Ich glaube, Sie werfen hier absichtlich Nebelkerzen – das gilt übrigens auch für Sie, Frau Dos Santos Herrmann –, wenn Sie so tun, als wollten wir das Ergebnis eines Planfeststellungsverfahrens vorwegnehmen. Das ist nicht unser Ziel, sondern unser Ziel ist, dass Sie nicht durch eine Verlängerung der Betriebsgenehmigung eine mögliche Abwägungsentscheidung – und zwar eine rechtliche und von Ihrer Planfeststellungsbehörde zu treffende Entscheidung – vorwegnehmen. Das könnten Sie rechtlich. Dazu sind Sie übrigens als Genehmigungsbehörde in der Lage, auch ohne den Landtag damit zu beschäftigen. Das hat Herr Wittke damals ja genau so gemacht.
Deswegen ist es schon von Bedeutung, dass man feststellt – das ist das, was wir in dem Antrag begehren; Sie sollten noch einmal genau hineingucken –, dass keine Genehmigung der Verlängerung vorgenommen werden kann, bevor das Planfeststellungsverfahren abge­schlossen ist, damit in einem ordentlichen rechtlichen Verfahren die Möglichkeit eines Passa-giernachtflugverbotes nicht verwehrt ist. Genau das wollen Sie nicht, und genau deswegen werfen Sie Nebelkerzen. – Ad eins.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ad zwei: Es ist natürlich bezeichnend, wenn Redner der FDP hier so tun, als sei das eine rechtswidrige Forderung, während die FDP in jedem Landtagswahlkampf der vergangenen Jahre – wie übrigens die anderen Parteien auch; CDU und SPD haben das ebenfalls getan – vor Ort genau dieses Passagiernachtflugverbot gefordert hat.
Sie fordern das in Resolutionen der Räte sowie als Kandidatinnen und Kandidaten für den Landtag. Der Kollege Franken hat zuletzt noch bei seiner Silvesterrede in Lohmar ausweislich der Presse gesagt, dass das Passagiernachtflugverbot kommen muss.
Ich komme zu einem weiteren Punkt. Meine Damen und Herren, man redet hier davon, dass der Flughafen mit unserem Antrag als Frachtflughafen in Gefahr sei. Der Frachtflug ist sicher­lich eine Angelegenheit, die, was den Lärm angeht, von großer Bedeutung ist. Frau Dos San-tos Herrmann, wenn Sie aber den Passagiernachtflug mit der weltweiten Bedeutung dieses Flughafens in Einklang bringen – und zwar genau dann, wenn es eigentlich nur um Flüge in die Warmwasserziele geht –, dann ist das, was Sie uns vorwerfen, schlicht und einfach Po­pulismus. 
(Beifall von den GRÜNEN)
Präsident André Kuper: Herr Becker, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Horst Becker (GRÜNE): Ja, gerne. Erst würde ich aber gerne noch den Satz zu Ende führen. – Populismus besteht nämlich nicht darin, richtige Forderungen zu wiederholen, sondern Po­pulismus ist das, was Sie mit der Argumentation mit der weltweiten Bedeutung des Frachtflu­ges gemacht haben. Sie wollten im Zusammenhang damit den Passagiernachtflug weiter schützen, nur weil der Flughafen das Geschäftsfeld ausbauen will.
Präsident André Kuper: Frau Dos Santos Herrmann.
Susana Dos Santos Herrmann (SPD): Herr Becker, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage gestatten. – Meine Frage bezieht sich auf die Zeit, die frei würde. Nehmen wir an, Sie bekämen das durch, und es gäbe für Passagiermaschinen ein Nachtflugverbot. Sie haben gerade selber gesagt, dass Sie den Nachtflug im Frachtbereich nicht antasten möchten. Dann gewinnen Sie doch am Ende Zeitslots für die in der Regel, zurzeit jedenfalls, lauteren Frachtmaschinen. Glauben Sie, dass das dem Lärmschutz der Bevölkerung dienlich ist?
Horst Becker (GRÜNE): Frau Dos Santos Herrmann, ich kann Ihnen diese Frage sehr genau beantworten. Ich glaube, dass Sie sich da ein wenig auf die Propaganda des Flughafens, der das in den letzten zwei Jahren immer zur Vermeidung des Passagiernachtflugverbotes vor­getragen hat, verlassen haben, ohne die Fakten genügend zu kennen. Wenn Sie sich mit den Fakten beschäftigen, werden Sie sehen, dass der Passagiernachtflug im Winter …
(Susana Dos Santos Herrmann [SPD] unterhält sich mit ihrem Sitznachbarn.)
– Nun hören Sie doch auch zu. Sie haben doch gefragt. Ich gebe Ihnen jetzt eine Antwort. Dann sollten Sie sie wenigstens kennen. – Im Winter macht der Passagiernachtflug unter 20 % der gesamten Nachtflüge aus. Diese Flüge werden überhaupt nicht durch Frachtflüge aufgefüllt. Im Sommer macht er inzwischen über 40 % der gesamten Nachtflugbewegungen aus, weil die Flüge in die Warmwasserziele tatsächlich, wie gerade beschrieben, in der Nacht starten.
Das zeigt ganz deutlich, dass das, was Sie sagen, nicht zutrifft. Vielmehr trifft zu, dass jede Möglichkeit, mehr Umläufe in die Warmwasserziele zu fliegen – drei statt zwei oder vier statt drei; je nachdem, wohin es geht –, genutzt wird.
Das ist übrigens das gleiche Phänomen, das wir in einer anderen Form, nämlich mit Ver­spätungen, auch in Düsseldorf kennen. Dabei ist immer das Prinzip, möglichst viele Umläufe zu fliegen, um die Fixkosten zu drücken. Das ist im Sommer der Fall. Im Winter ist das, weil dann weniger Flüge in diese Ziele stattfinden, weniger der Fall. Es wird im Winter nicht durch Frachtflüge aufgefüllt.
Insofern ist das ein Bedenken, das vorgegeben wird, damit dann der Passagiernachtflug wei­ter ausgebaut und als Geschäftsfeld gepflegt werden kann. Das sollten Sie nicht als Argument wiederholen. – Schönen Dank.

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