Kommunale Kassenkredite in NRW um 3 Mrd. Euro gesunken?

Kleine Anfrage von Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh

In der Statistik „Vorläufiger Schuldenstand der Gemeinden/Gemeindeverbände“ zum 31.12.2017 meldet das statistische Bundesamt eine „erfreuliche“ Abnahme der nordrhein-westfälischen kommunalen Kassenkredite gegenüber dem 31.12.2016 um knapp 3 Milliarden Euro, von 26,5 auf 23,6 Milliarden Euro bzw. um minus 11%!
Vorausgegangen ist im November 2017 eine bundesweite Anweisung des statistischen Bundesamtes an die kommunalen Kämmereien, Schuldscheindarlehen unabhängig von ihrem Zweck (Liquiditätssicherung oder Investition) unter der Schuldart „Wertpapierschulden“ und nicht unter „Kassenkredite“ zu erfassen (Erläuterungen zu den Kassenkrediten im Fragebogen
„Schulden der kommunalen Haushalte am 31.12.2017“ (GF-Fragebogen)). Im Ergebnis führt dies zu einer Erfassung als Investitionskredite.
Entsprechend sinken auch bundesweit die kommunalen Kassenkredite um 4,4 Mrd. Euro oder minus 9,4%!
Bereits zuvor wurden Anleihen – auch wenn sie ausdrücklich zur Liquiditätssicherung aufgenommen wurden – als Investitionskredite erfasst. Inzwischen ist vorgesehen, für 2017 einen „davon-Vermerk“ anzubringen, der dann zumindest dem Nutzer (!) die korrekte Zuordnung zu „Kassenkrediten“ ermöglicht (aber natürlich immer noch Fehlinterpretationen Tür und Tor öffnet). Es ist offenbar nicht vorgesehen, die Zahlen rückwirkend auch für 2016 zu korrigieren.
Bezüglich der Schuldscheindarlehen ist vorgesehen, im Laufe des Jahres 2018 eine Korrektur für die Zahlen 2017 vorzunehmen. Bis dahin bleiben die falschen Zahlen aber in der Welt.
In NRW werden zum 31.12.2016 rd. 1 Milliarde Euro an kommunalen Anleihen und rd. 0,7 Milliarden Euro an kommunalen Schuldscheindarlehen ausgewiesen – es handelt sich also um quantitativ sehr bedeutsame Positionen, die nach Einschätzungen aus der Praxis überwiegend zu Zwecken der Liquiditätssicherung aufgenommen wurden und daher korrekterweise dem Kassenkredit-Portfolio hinzugerechnet werden müssten.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie hoch sind die kommunalen Kassenkredite in NRW in Summe jeweils zum Jahresende 2014, 2015, 2016 und 2017, wenn die zu Zwecken der Liquiditätssicherung aufgenommenen Anleihen und Schuldscheindarlehen richtigerweise den Kassenkrediten zugeordnet werden?
  2. Hält es die Landesregierung für irreführend, wenn eine Position mit der Überschrift „Kassenkredite“ benannt ist, obwohl sie gar nicht die Summe der Kassenkredite zeigt?
  3. Hält es die Landesregierung für angemessen, dass sich die Nutzer statistischer Daten relevante Informationen, hier die Höhe der kommunalen Kassenkredite zur Beurteilung der kommunalen Finanznot, aus verschiedenen Positionen „zusammensuchen“ müssen?
  4. Wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass das statistische Bundesamt zukünftig unter der Rubrik „Kassenkredite“ auch die korrekte Summe erfasst und nicht nur einen Teil des Problems?
  5. Wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, die fehlerhaft zugeordneten Anleihen auch für die Jahre 2015 und 2016 zu korrigieren?