Wibke Brems: „Wir müssen Überkapazitäten abbauen und dürfen Erneuerbare nicht weiter fesseln“

Antrag von CDU und FDP zur europäischen Zusammenarbeit in der Energiepolitik

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es also um die europäische Zusammenarbeit in der Energiepolitik. Das klingt erst mal ganz gut, aber das Problem ist, dass CDU und FDP damit meinen, dass die alten fossilen Strukturen einfach mal verfestigt und die Bedingungen für erneuerbare Energien weiter erschwert werden.
Was wir aber brauchen, ist genau das Gegenteil. Wir brauchen europäische Zusammenarbeit, aber pro erneuerbare Energien, pro zukunftsfest, und nicht das Festhalten an alten Strukturen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie fordern eine stärkere internationale Kooperation. Diese wollen Sie aber nur in eine Richtung: NRW soll, bitte schön, Strom exportieren, gesicherte Kraftwerksleistungen für das Ausland bereitstellen, aber NRW darf niemals importieren.
Ich muss Ihnen etwas sagen: So funktioniert Kooperation nicht. Eine Kooperation ist keine Einbahnstraße. Denn schon jetzt ist es so, dass unsere europäischen Nachbarn zum Teil über unsere massiven fossilen Überkapazitäten verärgert sind, die dafür sorgen, dass im Ausland Gaskraftwerke stillgelegt werden, dass die Preise zum Teil massiv sinken, dass es verstopfte Leitungen gibt usw. Wir müssen wirklich Überkapazitäten abbauen und dürfen Erneuerbare nicht weiter fesseln – also genau das Gegenteil von dem, was Sie hier fordern.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sehr geehrte Kollegen von CDU und FDP, in Ihrem Antrag wirbeln Sie einige Aspekte durch-einander. Als ich vorhin die beiden Kollegen von CDU und FDP gehört habe, ist mir aber klargeworden, warum das so ist: Sie sind sich noch nicht so ganz einig, wohin genau es eigentlich gehen soll. Vielleicht sollten Sie das erst einmal klären, bevor wir hier gemeinsam darüber reden müssen. Nun gut. Sie müssen daher entschuldigen, wenn auch ich in den weiteren Punkten ein bisschen hin und her springe.
Einen Aspekt fand ich sehr kurios: Sie führen aus, dass die geografische Lage Nordrhein-Westfalens prädestiniert dafür sei, für Versorgungssicherheit zu sorgen. Was das eine mit dem anderen, also mit fossilen Kraftwerken, zu tun hat, habe ich, ehrlich gesagt, nicht nachvollziehen können. Warum gilt das nicht auch für Schleswig-Holstein, warum gilt das nicht Baden-Württemberg? Das ist wirklich eine etwas kuriose Forderung.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie fordern in Ihrem Antrag freie Leistungsmärkte. Dabei habe ich sofort gedacht: Sie wollen also schon wieder eine neue vergoldete Frührente für alte Kohlekraftwerke. Was wir brauchen, sind nicht mehr Kapazitäten, sondern mehr Flexibilität.
Sie haben aber – das ist ja das Kuriose – zum Teil schon die richtigen Stichworte im Antrag stehen. Sie sagen: Wir brauchen Lastmanagement. Wir brauchen Speicherkraftwerke. – Ich ergänze: Wir brauchen auch Gaskraftwerke. Das derzeitige Problem ist, dass der Markt nicht das belohnt, was wir technisch brauchen.
(Dr. Christian Blex [AfD]: Welcher Markt?)
Wir brauchen flexible Kraftwerke und einen Markt, der genau das belohnt. Dahin müssen wir kommen. Wir dürfen nicht weiter im alten Denken verharren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sehr geehrte CDU und FDP, ich lese, die Versorgungssicherheit sei in der Vergangenheit als gegeben angesehen worden. Vielleicht von Ihnen, von uns nicht! In der politischen Diskussion mag es vielleicht nicht die große Rolle gespielt haben, aber in der Realität ist sie längst da. Seit 2006 gibt es eine klare Tendenz: Die Dauer der Stromausfälle in Nordrhein-Westfalen hat seit 2006 massiv abgenommen. Die Stromversorgung ist also zuverlässiger geworden,
(Beifall von Matthi Bolte-Richter [GRÜNE])
gerade durch die Digitalisierung und nicht entgegen der Digitalisierung, wie es in Ihrem Antrag steht. Darüber hinaus ist die Stromversorgung zuverlässiger geworden, aller Unkenrufe zur Unsicherheit der erneuerbaren Energien zum Trotz.
(Stefan Kämmerling [SPD]: Physikalischer Unsinn!)
Zu guter Letzt möchte ich auf Folgendes zu sprechen kommen: Die Überschrift behandelt das Thema „Energie“. Der Antrag tut es angeblich auch. Sie haben mich die ganze Zeit nur vom Strom reden hören. Auch der Antrag macht leider genau das. Geht es nun um Energie? Ist für Sie Energie nur gleich Strom?
Für uns geht es um eine breitere Aufstellung. Deswegen fänden wir es gut, wenn Sie gemeint hätten, dass das Pentalaterale Energieforum auf andere Energieträger, beispielsweise auch auf Gas, ausgeweitet würde, dass wir auch da mit den europäischen Nachbarn weiter kooperieren sollten. Das wäre sinnvoll. Eigentlich sollte es darum gehen, dass das europäische Energiesystem zukunftsfähiger gemacht wird, dass gemeinsame Erneuerbare-Energien-Projekte gestartet werden, und nicht darum, dass belgischer Atomstrom durch deutschen Braunkohlestrom ersetzt wird.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, Ihr Antrag bleibt in alten, fossilen Gedanken gefangen. Sie würfeln da ein paar Forderungen zusammen. Ich glaube, wir haben noch einiges zu diskutieren. Darauf freue ich mich. – Herzlichen Dank.