Mehrdad Mostofizadeh: „Es ist eine ureigene persönliche Entscheidung“

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Thema Organspende

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Organspenden können Leben retten. So lautet auch die Überschrift des Bundesverbandes. Dem können wir uns nur anschließen. Ich kann nur alle Menschen dazu aufrufen, sich sehr intensiv mit dieser Frage auseinanderzusetzen.
Ich stimme dem Kollegen Klenner, der hier im Parlament die erste Rede zu dieser Aktuellen Stunde gehalten hat, ausdrücklich in allen Punkten zu. Ich fand auch Ihre Rede sehr sachangemessen.
Wir von der Grünen-Fraktion können nur sagen: Wir stehen eindeutig hinter den Initiativen und Maßnahmen, die Herr Laumann im Hinblick auf die Krankenhausgesellschaft angesprochen hat. Das sollte uns in diesem Hause an keiner Stelle trennen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)
Ich halte dieses Thema – das will ich in aller Deutlichkeit sagen – für nicht geeignet, um parteipolitischen Streit auszutragen oder über Leistungsbilanzen und anderes zu debattieren. Wir Abgeordnete im Landtag von Nordrhein-Westfalen sollten uns gemeinsam dafür einsetzen, dass Organspenden Leben retten können, und um Vertrauen werben.
Es war meine Heimatstadt Essen, in der es einen Skandal gegeben hat, was die Vergabe von Organen betrifft. Wir müssen also immer wieder deutlich machen, dass das nicht in Ordnung ist, dass das kriminell ist, aber dass die allermeisten Krankenhäuser mit hohem Einsatz dafür sorgen wollen, Leben zu retten. Leben kann auch gerettet werden – Kollege Klenner hat es richtig beschrieben –, wenn jemand stirbt, was tragisch genug ist, und es dann noch möglich ist, Organe zu entnehmen und zu spenden.
Trotzdem ist es eine ureigene persönliche Entscheidung, ob man seine Organe spenden will oder nicht. Insofern lehnen wir jede Verknüpfung – und deshalb war es auch richtig, zu sagen, dass es keine Umlage geben kann –, die Menschen persönlich unter Druck setzt, ab.
(Beifall von den GRÜNEN)
Allerdings – das will ich an dieser Stelle auch sehr deutlich sagen – bin ich der Meinung, dass sich jeder Mensch mit dem Thema auseinandersetzen sollte. Die frühere Gesundheitsministerin Steffens hat 2012 vorgeschlagen, dass die Menschen auf die Möglichkeit der Organspende hingewiesen werden sollten, wenn beispielsweise neue Ausweise ausgegeben werden. Die Krankenkassen weisen alle zwei Jahre auf die Möglichkeit der Organspende bzw. auch auf eine differenzierte Möglichkeit der Organspende hin. Dann kann man den kleinen Organspenderausweis ausfüllen und gegebenenfalls mit einem Widerspruch versehen. Das ist das ureigene Recht jedes Menschen, aber man hat auch die Aufgabe, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es ist kein einfaches Thema. Auch wenn man ein Testament verfasst und über Dinge verfügt, mag das nicht einfach sein. Aber es ist etwas anderes, ob man sein Haus vererbt oder ob man darüber nachdenkt, im Todesfall einzelne Organe zu spenden.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch sagen – Herr Gesundheitsminister Laumann, ich hatte Sie schon gelobt; das möchte ich noch einmal aufnehmen –: Ich bin schon etwas erstaunt, dass wir dieses Thema im Rahmen einer Aktuellen Stunde diskutieren.
(Bodo Löttgen [CDU]: Wie sollen wir es denn anders machen?)
– Ja, das kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege Löttgen.
(Bodo Löttgen [CDU]: Ja, dann machen Sie mal!)
Der Minister hat – ich meine, es stand im Dezember im „Ärzteblatt“ – auf der Tagung gesprochen. Er hat schon einen Monat vorher darauf hingewiesen, dass die Spenderzahl deutlich zurückgehen wird. Also, es ist kein überraschender, neuer Fakt, der in dieser Woche aufgeschlagen ist, dass die Zahlen sinken. Damit müssen wir uns fachlich auseinandersetzen. Das wird die Grünen-Fraktion zum Anlass nehmen, Herr Löttgen, um einen Bericht für die nächste Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu erbitten; das Schreiben wird der Vorsitzenden heute noch zugehen. Dann werden wir uns mit den einzelnen Fragen fachlich beschäftigen.
Denn es ist natürlich interessant, zu wissen, warum in Bayern die Tatsache, dass die Transplantationsbeauftragten offensichtlich mehr Zeit und mehr Möglichkeiten haben, in den Krankenhäusern zu agieren, auch zu mehr Spenden führt. Eines ist nämlich erfreulich: Die aktive Anzahl der Spenden geht zwar zurück, aber die Anzahl der Spendewilligen ist gestiegen. Also, die Bereitschaft der Bevölkerung ist gegeben, und es ist unsere Pflicht und unsere Auf-gabe, dann auch dafür zu sorgen, dass dem Wunsch der Spendewilligen entsprochen wird und im Ernstfall eine Spende erfolgen kann. Das sollte uns unser Einsatz wert sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Es gibt noch einen Punkt, den ich ansprechen möchte; ich habe lange überlegt, ob ich darauf hinweisen soll. Gleich redet eine Fraktion, von der ich einen Tweet auf Twitter gelesen habe, der mir fast im Halse stecken geblieben ist.
(Andreas Keith [AfD]: Weshalb?)
Eine Mitarbeiterin der Bundestagsfraktion der AfD twittert, dass sie offensichtlich nicht bereit sei, eine Organspende abzugeben, weil diese irgendeinem „Nafri“ zufallen könnte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist menschenverachtend und sollte nicht Stil dieses Hauses sein.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Andreas Keith [AfD]: Das ist doch dummes Geschwätz! – Zurufe von der CDU, der SPD und den GRÜNEN) 

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