Schwarz-Gelb verspielt Zukunftschancen für Industriestandort

Horst Becker zum abgesagten Stahlgipfel

Die Industriepolitik von Wirtschaftsminister Pinkwart setzt den Fehlstart von Schwarz-Gelb fort. Insbesondere bei der umstrittenen Fusion von ThyssenKrupp und Tata Steel stößt der Minister den Beschäftigten fortwährend vor den Kopf. Ideen zur Zukunft des Industriestandorts NRW? Fehlanzeige! Die Absage des Stahlgipfels ist eine herbe Schlappe für den Wirtschaftsminister.

„Wir haben mit der möglichen Fusion mit Tata die Chance, mit einem starken Partner in Europa zusammengehen zu können“, ließ sich der Minister zitieren, als die Fusionspläne sich konkretisierten. Die schwarz-gelbe Landesregierung betonte zudem, dass es sich um eine Entscheidung der Unternehmen handele, in die sich die Politik nicht zu sehr einmischen solle. Die erste Enttäuschung für die Mitarbeiter*innen, die sich um ihre Arbeitsplätze sorgen.
Und dann lädt der Minister zu einem Stahlgipfel, auf dem die Fusion aber außen vor bleiben soll. Nach öffentlicher Kritik muss Pinkwart zurückrudern. Doch, doch, der Zusammenschluss werde Thema sein.
Doch nicht nur die Haltung und Passivität der neuen Landesregierung zur ThyssenKrupp und Tata-Fusion enttäuschen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie vermissen auch das notwendige Engagement der Landesregierung für die bedrohten Arbeitsplätze bei Siemens und General Electric in Nordrhein-Westfalen. Die IG Metall sieht die Arbeitnehmerinteressen im Stich gelassen und sagte daher jetzt die Teilnahme am Stahlgipfel ab. Minister Pinkwart musste seinerseits den Stahlgipfel absagen.
Mit der von Schwarz-Gelb unterstützten Fusion von ThyssenKrupp mit Tata Steel stehen nicht nur ganz aktuell Arbeitsplätze auf dem Spiel. Es geht dabei auch um die Zukunft NRWs als größtem Standort der deutschen Stahlindustrie. Und es geht auch um die Zukunftschancen für eine klimaneutrale und ressourcenschonende Weiterentwicklung der Industrie. Die Digitalisierung eröffnet auch hier neue Nachhaltigkeitspotenziale. Wird in NRW kein Stahl mehr hergestellt, finden diese Innovationen andernorts statt. Eine engagierte Klimaschutzpolitik, Energiewende und die ökologische Modernisierung brauchen aber intelligente Stahlprodukte für Windkraftanlagen, Gebäudesanierung, nachhaltige Mobilität und Verkehrsinfrastruktur. Gerade bei den anstehenden Veränderungen im Mobilitätssektor hin zu Elektromobilität könnte der Stahlbau eine zentrale Rolle spielen. Bei allem Engagement für Start-ups darf der Innovationsminister nicht vergessen, dass er auch für traditionelle Unternehmen und ihre Innovationen zuständig ist. Denn ohne entsprechende Industriebetriebe in NRW, die die Potenziale von Start-ups nutzen und mit ihnen kooperieren, bleibt die breite Wertschöpfung nicht hier vor Ort. Dasselbe gilt für die Arbeitsplätze in der Industrie.
Deshalb sollte die NRW-Landesregierung alles dafür tun, die Stahlproduktion in NRW zu halten und dass der Sitz des neuen Unternehmens nicht wie angedacht nach Amsterdam zieht, sondern in Duisburg verbleibt. Dazu gehört auch, einen neuen Anlauf für einen Stahlgipfel zu nehmen, bei dem es auch um die beabsichtigte Fusion von ThyssenKrupp mit Tata geht. Wenn Laschet, Pinkwart und Co. diesen Schritt auf die Arbeitnehmer*innen und deren Vertreter*innen zugehen, wären nicht nur die Gewerkschaften wieder mit am Tisch, sondern auch die Chancen für eine nachhaltige und zukunftsfähige Stahlproduktion in NRW gewahrt.