Josefine Paul: „Sie sollten sich als guten Vorsatz fürs neue Jahr direkt ins Stammbuch schreiben, dass jetzt wirklich einmal die Eckpunkte für ein neues Kitagesetz vorgelegt werden müssen. „

Gesetzentwurf der Landesregierung: Landeshaushalt 2018 - Einzelplan Familie, Kinder und Jugend

Portrait Josefine Paul

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Josefine Paul (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frühkindliche Bildung und die Unterstützung von Familien sind zentrale politische Themen. Die Herausforderungen im Kitabereich sind groß; sie werden auch hier immer wieder in unterschiedlichster Art und Weise beschrieben.
Die Debatte zum Thema „Kinder in diesem Land“ ist heute mal erfreulich runtergezoomt, im Vergleich zu dem, was wir sonst schon erlebt haben. Wir brauchen nämlich kein Schwarzer-Peter-Spiel, sondern eine Debatte nach vorne gerichtete Debatte darüber, was Kitapolitik, Kinder-und Jugendpolitik, Familienpolitik in diesem Land ausmacht, statt der ständigen Geschichtsaufarbeitung, wer denn was und wie möglicherweise in den Sand gesetzt hat.
Herr Minister, Sie haben immer dieses Vier-Stufen-Modell in den Raum gestellt. Wir haben schon beim Rettungspaket auf die Probleme hingewiesen, die die erste Stufe, die Sie gezündet haben, mit sich gebracht hat:
Zum einen haben wir darauf hingewiesen, dass das Gießkannenprinzip nicht unbedingt dem gerecht wird, was die einzelnen Einrichtungen brauchen.
Zum andern haben wir darauf aufmerksam gemacht –das ist in einer Haushaltsdebatte der wichtigere Punkt –, dass Sie mit einem haushalterischen Taschenspielertrick gearbeitet haben. Im Nachtragshaushalt war das Geld für das laufende Kitajahr; das ist haushalterisch durchaus richtig. Dass aber auch das Geld für das kommende Jahr im Nachtragshaushalt und nicht, wie es eigentlich haushalterisch richtig gewesen wäre, in diesem Jahr abgebildet wird, ist der Tatsache geschuldet, dass Sie nicht mehr Geld in Ihrem Haushalt haben wollten, sondern es im Nachtragshaushalt verstecken wollten.
Das ist nicht unbedingt redlich, aber sei‘s drum. Sie haben sich mit diesen 500 Millionen € eine Verschnaufpause verschafft, aber auch, wie ich hoffe, eine intensive Arbeitsphase, um die nächsten Stufen, die Sie angekündigt haben, jetzt auch zielgerichtet anzugehen. Sie sollten sich als guten Vorsatz fürs neue Jahr direkt ins Stammbuch schreiben, dass jetzt wirklich einmal die Eckpunkte für ein neues Kitagesetz vorgelegt werden müssen.
Ich habe Herrn Kamieth gerade andeuten hören, dass es jetzt doch kein neues Gesetz wer-den soll. Herr Kamieth geht vielmehr noch davon aus, dass das KiBiz reformierbar sei. Ich glaube, mit dieser Meinung steht er alleine da. Ich hoffe zumindest, dass dem so ist; denn ich gehe davon aus, dass Sie sich auf den Weg machen und ein neues, tragfähiges Kitagesetz auf den Weg bringen werden, anstatt zu versuchen, diesen KiBiz-Murks weiter zu reformieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Nehmen Sie doch Stufe zwei und Stufe drei zusammen. Wie soll denn eine vernünftige und langfristige Finanzierungssicherheit in Kitas gelingen, wenn Sie die Qualität erst auf Stufe drei hinterherschieben wollen? Das muss zusammengedacht werden.
Machen Sie sich auf den Weg. Gehen Sie weg von den Kindpauschalen, die offensichtlich gescheitert sind, und hin zu einer Sockelfinanzierung, die dann auch in weiteren Säulen die besonderen Bedarfe in den Bereichen Sprache, Motorik, Gesundheit,Inklusion usw. berücksichtigt.
Wir müssen uns dringend darüber unterhalten, wie wir die Attraktivität des ErzieherInnenberufs noch steigern können. Wir müssen über die Art und Weise sprechen, wie Erzieherinnen und Erzieher ihre Arbeit in den Kitas verrichten können. Wir müssen darüber sprechen, wie wir mehr Menschen für diesen Beruf gewinnen können. Wir müssen auch über die Bezahlung dieser Menschen sprechen.
(Beifall von den GRÜNEN –Vereinzelt Beifall von der SPD)
Auch die Kindertagespflege muss in diesem Zuge weiter gestärkt werden. Erfreulich ist aus unserer Sicht auch, dass Sie die kommunalen Präventionsketten weiter för-dern wollen. Alle Kinder haben ein Recht auf gutes Aufwachsen und auf gleiche Chancen. Deshalb ist es richtig und konsequent, dass Sie den von Rot-Grün eingeschlagenen Weg weiterführen und auch die Weiterfinanzierung ermöglichen. Das können wir nur richtig finden.
Große Einigkeit besteht auch darüber, wie wichtig die Förderung der Kinder-und Jugendar-beit im Kinder-und Jugendförderplan ist. Sowohl Rot-Grün als jetzt auch Schwarz-Gelb haben sich konsequent an die Aufstockung des Kinder-und Jugendförderplans gemacht. Dass Sie nun mit einer weiteren Aufstockung und einer Dynamisierung diesen Weg konsequent weiterbeschreiten, finden wirrichtig.
Wir haben in der letzten Plenarsitzung des Landtags deutlich gemacht: Wir wünschen uns als qualitative Weiterentwicklung des Kinder-und Jugendförderplans die Einführung des Gender Budgetings, damit wir noch mehr Transparenz und noch mehr Qualität hineinbringen.
(Beifall von den GRÜNEN und Anja Butschkau [SPD])
Zum Abschluss noch paar Worte zur LSBTI-Politik: Ein wichtiges Zeiten der Kontinuität und der Verlässlichkeit mit Blick auf die Politik für die offene Gesellschaft ist es, dass –Kollege Kamieth hat gerade darauf hingewiesen –die Haushaltsansätze überrollt werden. Mit dem Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie hat die rot-grüne Landesregierung eine Blaupause bzw. einen Steinbruch an Dingen geliefert, die in diesem Land umgesetzt werden müssen. Ich habe vernommen, dass Sie an dieser Umsetzung weiterhin konsequent arbeiten wollen. Das ist richtig.
Wir werden einen Haushaltsantrag einbringen, der noch einmal einen Punkt verstärken soll, über den wir auch schon debattiert haben, und bei demwir unterschiedlicher Auffassung sind. Ich hoffe, dass ich Sie hinsichtlich der Notwendigkeit einer Landeskoordinierungsstelle für Regenbogenfamilien noch überzeugen kann. Dieser Bedarf wurde bislang nicht abgedeckt. Für die Menschen und die Regenbogenfamilien in diesem Land ist es aber notwendig, dass wir hierbei spezielle Unterstützung leisten. –Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN –Vereinzelt Beifall von der SPD)