Konzeptionslos und unfair – Umgang mit den Schulen, die inklusiv arbeiten wollen

Kleine Anfrage von Sigrid Beer

Schulen in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm. Per Verfügung sollen einzelne Schulen für das neue Schuljahr mindestens drei zieldifferent zu unterrichtende Schülerinnen und Schüler pro Klasse aufnehmen. Gleichzeitig wird Schulen, die sich zu inklusiven Schulen entwickeln wollen, verboten, in den Prozess einzusteigen. In Bezug auf die weiterführenden Schulen dreht die Schulministerin Schulentwicklung zurück.
Die Ruhrnachrichten berichten am 23.11.2017 über die Pläne der FDP-Ministerin.
Eltern kommentieren: „Die Gymnasien sollen sich langsam aus der Inklusion zieldifferenter Schüler schleichen". Eltern kritisieren die Maßnahmen als „Rosinenpickerei“ von Kindern:
„Inklusion kann nicht bedeuten, dass wir anfangen zu sortieren.“
Angesichts der deutlich werdenden Vorhaben erweist sich die Formulierung im Koalitionsvertrag von CDU und FDP als vergiftetes Lob: „Die Gesamtschulen sind ein wichtiger Bestandteil einer vielfältigen Schullandschaft und bereiten auf die duale Ausbildung und Hochschulreife vor. Ihre langjährigen Erfahrungen im Bereich der Inklusion können einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Gestaltung dieser gesellschaftlichen Aufgabe leisten. Wir wollen die Gesamtschulen wieder in die Lage versetzen, eigene Inklusionskonzepte umsetzen zu können.“
Die Realität sieht nämlich anders aus: Ohne Rechtsgrundlage werden nun über die Bezirksregierungen strikte Verfügungen zu Aufnahmezahlen an Schulen und Schulträger gegeben. Ohne zu wissen, mit welchen Ressourcen die Schulen verlässlich und gesichert rechnen können, welche Rahmenbedingungen für die Lerngruppen und Lerngruppengrößen gesetzt werden, werden Schulen und Schulträger unmündig gemacht. Mehr als deutlich wird, dass gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie Inklusion einseitig bestimmten Schulen zugewiesen werden soll. Unberücksichtigt bleibt zudem, dass die Schulen, die jetzt mit der Verfügung konfrontiert sind, in der Regel auch besondere Leistungen für die Integration von zugewanderten Kindern und Jugendlichen erbringen und sich engagiert für die Chancen sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler ins Zeug legen.
Das unfaire Umgehen mit diesen engagierten Schulen führt zu Empörung. Sie sehen die Qualität ihrer Arbeit gefährdet.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele Inklusionskinder sollen allgemeinbildende Schulen maximal pro Lerngruppe aufnehmen, wenn sie jetzt gezwungen werden, mindestens drei Kinder pro Lerngruppe aufzunehmen?
  2. Inwieweit wird bei Zuweisungen der Elternwille, die Zahl von Kindern, die unetikettierten sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf aufweisen, Verschiedenheit der Unterstützungsbedarfe und die räumliche Situation berücksichtigt?
  3. Warum werden Schulen ausgebremst, die sich nach schulinternem Vorlauf auf den Weg zur inklusiven Schule machen wollen?
  4. Mit welchen Ressourcen und Rahmenbedingungen können Schulen mit der Umsetzung der Verfügung durch die Bezirksregierungen verlässlich rechnen hinsichtlich Stellenzuweisung und -besetzung, multiprofessioneller Ausstattung und Reduzierung der Lerngruppengrößen?
  5. Auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgen die Verfügungen der Bezirksregierungen?

Sigrid Beer