Norwich Rüße: „Es ist Zeit, jetzt zu handeln“

Antrag der Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN zu Glyphosat

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahrzehnten haben wir immer wieder eine Debatte über einzelne Pflanzenschutzmittel erlebt. Ich denke, Namen wie DDT, E 605, Parathion oder Atrazin sind vielen Menschen hier im Raum immer noch ein Begriff, obwohl diese Mittel bereits seit Jahrzehnten verboten sind. Ich glaube auch, man kann eines feststellen: Keine Debatte über ein Pflanzenschutzmittel  wurde und wird dermaßen heftig geführt wie die Debatte über Glyphosat.
(Henning Höne [FDP]: Wem nützt das denn eigentlich? Wem nützt das? – Weitere Zurufe von der FDP)
Die Frage lautet im Moment: Wird Glyphosat weiter zugelassen oder nicht? Es ist eine formale Frage. Es geht darum, die Zulassung eines Pestizids noch einmal zu verlängern oder eben die Verlängerung jetzt nicht zu erteilen. Dass wir so heftig über das Zulassungsverfahren reden, liegt an dem, was in diesem Zulassungsverfahren passiert. Es ist schon erstaunlich, wenn man sieht, welche Nähe zwischen den Herstellern von Pflanzenschutzmitteln und europäischen Zulassungsbehörden bestehen, wenn man sieht, wie dort E-Mails hin und her gehen und wie vertraulich dort miteinander kommuniziert wird. Von all diesen Vorgängen haben wir nur deshalb erfahren, weil in der USA diese Dokumente öffentlich gemacht werden mussten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, besonders erstaunlich ist dann aber der Vorgang beim Bundesinstitut für Risikobewertung. Dieses Bundesinstitut kopiert für die eigene Stellungnahme seitenweise Wort für Wort aus einem Bericht des Herstellers und übernimmt auch noch dessen Bewertung von Glyphosat nahezu eins zu eins. Das ist peinlich und stellt die Unabhängigkeit dieses Instituts infrage.
(Beifall von den GRÜNEN –Horst Becker [GRÜNE]: So ist es!)
Ich sage auch ganz offen – und das, denke ich, teile ich mit sehr vielen hier im Raum: Ich bin mir über die Gefährlichkeit von Glyphosat nicht sicher. Ich kann nicht sicher einschätzen,wie gefährlich Glyphosat ist. Aber im Zweifelsfall muss es ein klares Nein geben.
(Beifall von den GRÜNEN –Zuruf von Henning Höne [FDP])
Im Zweifelsfall – und zurzeit gibt es Zweifel genug – muss die Gesundheit maximalen Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen haben. Herr Höne, ich sage Ihnen so viel weiß ich ja auch: Glyphosat können Sie durch den Grubber oder durch den Pflug ersetzen. Eines können Sie aber nicht ersetzen, und das ist die Gesundheit. Das können Sie nicht!
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Henning Höne [FDP])
Frau Ministerin Schulze Föcking, ich fordere Sie deshalb auf: Setzen Sie sich mit uns dafür ein, dass es für Glyphosat keine weitere Verlängerung der Zulassung in Europa gibt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn, Frau Schule Föcking, Sie sind nicht nur Landwirtschaftsministerin in Nordrhein-Westfalen, sondern Sie sind auch für den Verbraucherschutz, für den Umweltschutz und für den Naturschutz in diesem Land zuständig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Nehmen Sie das wahr! Wägen Sie in der Gesamtheit ab, und Sie können dann mit uns nur zu dem Ergebnis kommen, dass Sie die Zulassung für Glyphosat verweigern. Glyphosat ist aber nur ein Teil des Problems; das können Sie unserem Antrag entnehmen – der ist zweigeteilt –, den Sie ja gelesen haben werden. Glyphosat steht zwar am heftigsten in der Debatte, aber wir haben insgesamt ein Problem mit Pestiziden. Es gibt einen massiven Zusammenhang zwischen Pestiziden und der Artenvielfalt, den wir seit Jahren diskutieren, und es gab immer wieder den Vorwurf: Wir wissen doch gar nicht genau, wie die Bestände heruntergegangen sind, ob sie heruntergegangen sind.
Wir wissen aber seit den Forschungsergebnissen der Entomologen aus Krefeld, die wissenschaftlich nochmals überprüft worden sind, dass es einen Rückgang bei Insekten um 70 bis 75% gibt. Das korreliert wiederum hervorragend mit dem Rückgang der Bestände von Vögeln, die damit nahrungskettenmäßig eng zusammenhängen. Das alles macht Sinn, und ich denke, es machtauch Sinn, jetzt zu handeln und endlich eine Pestizidreduktionsstrategie zu fahren, endlich herunterzukommen von diesem Verbrauch, der seit 30 Jahren trotz des Reduktionsprogramms – heute heißt das Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz – stagniert. Wir müssen endlich dazu gelangen, das alles zu verbessern. Ein weiteres Abwarten brauchen wir nicht. Es ist Zeit, jetzt zu handeln. Wir sagen deshalb: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Stimmen Sie für ein Verbot von Glyphosat. Stimmen Sie für bessere Genehmigungsverfahren. Stimmen Sie mit uns für mehr Forschung. Stimmen Sie für  ein ambitioniertes Pestizidreduktionsprogramm! Wir bitten um Ihre Zustimmung.
(Beifall von den GRÜNEN)