Monika Düker: „Wenn man will, ist hier eine Lösung möglich“

Antrag der Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN zum Hambacher Wald

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Monika Düker (GRÜNE): Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Da ich eine Ahnung habe, was in den Redemanuskripten der Kolleginnen und Kollegen steht, die gleich ans Redepult gehen – auch Herr van den Berg wird nachher noch sprechen –, antizipiere ich das sofort:
(Vereinzelt Beifall von der SPD)
Es geht jetzt darum, Herr van den Berg, vor allen Dingen Recht und Gesetz umzusetzen, und alle, die sich vor Ort an den Protesten beteiligen und sich solidarisieren, legitimieren irgendwie die Gewalt gegen Polizei, RWE-Mitarbeiter.
Ich sage Ihnen daher ganz bewusst zuallererst: Ja, wir Grüne solidarisieren uns ausdrücklich mit den Protesten der über 10.000 Menschen, die mittlerweile an den Waldführungen teilgenommen, bei den Mahnwachen mitgemacht, sich an den Demonstrationen beteiligt haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Und: Ja, wir solidarisieren uns ausdrücklich mit den Aufrufen, den eindringlichen Bitten, den Appellen von mehr als 52 Organisationen, die alle bislang vom Ministerpräsidenten unbeantwortet geblieben sind.
(Zurufe von der CDU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinter diesen Organisationen stehen Hunderttausende von Menschen in diesem Land, die sich dafür einsetzen, dass man in dem Konflikt endlich politisch vermittelnd tätig wird – Herr Laschet, das ist der Appell an Sie –,
(Beifall von den GRÜNEN)
mit dem Ziel, die Rodung auszusetzen, wenigstens bis eine neue Bundesregierung über einen Fahrplan zum Kohleausstieg entschieden hat, der, wie wir alle wissen, kommen wird.
Wir wehren uns gegen die Kriminalisierung dieser Menschen.
(Zurufe von der CDU und der FDP)
Dazu gehört auch: Wir fordern alle, die vor Ort friedlich protestieren und sich im besten Sinne zivilgesellschaftlich engagiert für Klimaschutz einsetzen, genauso auf …
(Widerspruch von der CDU)
– Hören Sie mir doch erst einmal zu!
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich hatte es geahnt, dass Differenziertheit heute schwer umsetzbar ist. – Wir fordern die Menschen, die sich hier zivilgesellschaftlich engagiert für den Klimaschutz einsetzen, auf, sich endlich klar und eindeutig von den gewalttätigen Aktionen zu distanzieren,
(Zurufe von der CDU und der FDP)
sie auch zu verurteilen
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
und vor allen Dingen – das ist so – keine Täter in ihren Reihen zu dulden. Denn klar ist: Gewalt ist selbstverständlich kein Mittel einer demokratischen Auseinandersetzung.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Lieber Guido van den Berg, ich weiß, gleich erfolgt der zweite Diskreditierungsversuch, indem Sie behaupten, dass jede Tonne geförderter Braunkohle irgendwie auch eine grüne Tonne ist. Sie werden mal wieder – das wird gleich passieren – populistisch verzerrt den Versuch unternehmen, uns in Mithaftung zu nehmen. Das ist erstens nicht richtig, und zweitens bringt uns die Rückschau, wer wann und wie welche bergrechtlichen Bescheide, Betriebspläne genehmigt hat, nicht weiter.
Worum geht es denn heute? Es geht um die Lösung eines gesellschaftlichen Konfliktes, nicht nur bezogen auf die Durchsetzung von Recht und Gesetz. Es ist eben nicht mehr nur ein Job des Innenministers, vor Ort die Lage zu klären, sondern es ist vielleicht auch mal ein Job von Ihnen, Herr Laschet, in einem wichtigen gesellschaftlichen Konflikt vermittelnd tätig zu wer-den.
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kampf, der da von RWE geführt wird, mutet anachronistisch und wie aus der Zeit gefallen an angesichts der Tatsache, dass der Kohleausstieg kommt, ja kommen muss, wenn man – das ist ja das Bemerkenswerte – die von CDU, SPD und auch FDP beschlossenen Klimaziele tatsächlich ernst nimmt.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Das hat auch das Verwaltungsgericht in Köln so gesehen, das sind nicht irgendwelche grünen Spinnereien. Das Verwaltungsgericht Köln hat in der gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem BUND einen Vergleich vorgeschlagen – mit Verweis auf den nahenden Kohleausstieg –, nämlich die Abbaugrenzen des Tagebaus zu verschieben und den Hambacher Wald auszusparen oder wenigstens die Rodung so lange zu verschieben, bis eine neue Bundesregierung über den Kohleausstieg entschieden hat.
Ich frage mich, ehrlich gesagt, wie viele andere in diesem Land auch, warum die Landesregierung diesen Ball, den die Justiz eindeutig der Politik zugespielt hat, Herr Laschet, nicht aufgenommen hat, um hier Rechtsfrieden zu schaffen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Warum tauchen Sie ab? Sie reagieren nicht auf all die Bittbriefe, auf die Appelle. Sie beantworten keine Presseanfragen.
(Ministerpräsident Armin Laschet: Doch!)
Warum entziehen Sie sich dem? Sie hätten hier die einmalige Chance, im besten Sinne als Landesvater zu schlichten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie hätten einmal die Rolle des Landesvaters nicht in Talkshows, sondern im Real Life, hier vor Ort wahrnehmen können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Warum machen Sie das nicht? Warum stellen Sie sich offenbar bedingungslos hinter eine RWE-Augen-zu-und-durch-Strategie? Das ist umso unverständlicher, als es doch Ihre Bundesregierung
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das sind doch eure Beschlüsse!)
und auch Ihre Vertreter, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, gewesen sind, die den Klimaschutzplan 2016 verabschiedet haben.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU] – Weitere Zurufe von der CDU)
– In diesem Klimaschutzplan wird eindeutig definiert, bis 2030 mindestens 50 % Emissions-reduzierung – das haben Sie beschlossen, Herr Hovenjürgen, nicht wir – in der Kohleverstromung zu erreichen. Ich sage Ihnen ganz klar – dafür braucht man kein Physikstudium; wer rechnen kann, ist klar im Vorteil –: Das heißt, 180 Millionen t CO2 aus der Kohleverstromung müssen gegenüber 2014 eingespart werden. Dabei müssen auch im Rheinischen Revier die ineffizientesten und ältesten Kraftwerke abgeschaltet werden. Dann ist die Kohle aus dem Hambacher Wald nicht mehr nötig. Das ist Fakt. Es gefährdet auch nicht die Versorgungssicherheit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vielleicht geht es RWE in diesem Machtkampf ja auch nur darum, sich den früheren Ausstieg möglichst lukrativ versilbern zu lassen.
Aber, Herr Ministerpräsident, im Interesse des Landes, im Interesse des Klimaschutzes und, wenn Sie so wollen, zur Bewahrung der Schöpfung, für die Bechsteinfledermaus und für den Mittelspecht,
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Die Fledermaus ist Ihnen wichtiger als die Menschen! – Weitere Zurufe von der CDU)
für dieses schützenswerte Naturerbe sollten Sie sich bei aller Zockerei überlegen, auf welche Seite Sie sich stellen.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Was ist mit den Menschen, die dort arbeiten?)
Ich bitte Sie noch einmal eindringlich, …
Präsident André Kuper: Frau Kollegin, die Redezeit.
Monika Düker (GRÜNE): … diesen Konflikt nicht den Gerichten zu überlassen und diesen Konflikt selbstverständlich nicht mit Gewalt zu lösen. Dieser Konflikt sollte auch nicht auf dem Rücken unserer Polizistinnen und Polizisten ausgetragen werden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Hier geht es um Rechtsfrieden, und hier ist die Politik gefragt, eine vermittelnde Rolle einzunehmen. Nutzen Sie dieses Zeitfenster! Sprechen Sie mit den Akteuren! Eine Lösung ist möglich, wenn man sie denn will.
Ein Betrieb wie RWE, der Flüsse verlegen kann, der Autobahnen verlegen kann, der offenbar technisch alles möglich machen kann, wird es auch schaffen, den Hambacher Wald, dieses Naturerbe von unschätzbarem Wert, nicht zu roden. Wenn man will, ist hier eine Lösung möglich.
Präsident André Kuper: Die Redezeit ist deutlich überschritten, Frau Kollegin.
Monika Düker (GRÜNE): Herr Ministerpräsident, handeln Sie und werden Sie endlich tätig, den Rechtsfrieden in der Region wiederherzustellen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von Ministerpräsident Armin Laschet und von Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart)

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