Josefine Paul: „Eine Erhöhung ist richtig, eine Dynamisierung ist auch richtig!“

Antrag der SPD zum Kinder- und Jugendförderplan

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brockmeier, Herr Kamieth, ich muss mich doch schon sehr wundern. Was Sie hier für einen künstlichen Popanz aufbauen, ist aus meiner Sicht überhaupt nicht notwendig.
(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])
Sie erinnern sich doch: Wir waren vor zwei Tagen noch gemeinsam bei der Veranstaltung des SVLS, bei der Fachtagung „gerne anders NRW“. Da haben wir gemeinsam auf dem Podium gestanden, der Minister war auch anwesend. Im Grunde genommen war die Erkenntnis des Tages: Es war für die Zuhörerinnen und Zuhörer relativ langweilig, weil alle relativ ähnliche Auffassungen vertreten haben, nämlich dass die Kinder- und Jugendarbeit in unserem Land grundsätzlich gut aufgestellt ist, dass wir aber alle miteinander der Auffassung sind, dass eine Erhöhung des Kinder- und Jugendförderplans wichtig ist.
Mir fehlt daher ein bisschen die Fantasie, warum Sie hier einen solchen Popanz aufbauen. Oder ist das nur, damit die Plenardebatte ein bisschen spannender ist, damit man die eigene Existenz rechtfertigen kann oder weil es nach einem Regierungswechsel so wichtig ist, zu dokumentieren, dass auf jeden Fall etwas anders gemacht werden muss?
Wenn man sich das ganz nüchtern anschaut, dann bleibt doch die Erkenntnis, dass grundsätzliche Einigkeit – und das ist doch gut – in diesem Haus darüber herrscht, dass es eine Notwendigkeit gibt, den Kinder- und Jugendförderplan zu erhöhen.
Natürlich muss in dieser Legislaturperiode ein neuer Kinder- und Jugendförderplan aufgestellt werden. Und natürlich – und das nehme ich auch sehr positiv zur Kenntnis – ist nicht nur bei der Fachtagung, sondern auch in Ihrem Entschließungsantrag herausgekommen, dass Sie auch der Vielfalt der Jugendarbeit Rechnung tragen. Das ist insbesondere schön, weil heute Coming-Out-Day und Weltmädchentag ist. Dass sowohl der SPD-Antrag als auch der Antrag von CDU und FDP noch einmal explizit auf die LSBTI-Jugendarbeit und auf die Mädchenförderung eingeht, finde ich persönlich erfreulich. Ich nehme es auch zur Kenntnis, dass das bei Ihnen so explizit aufgestellt wird.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich lese, und ich will das so interpretieren – ich habe vor zwei Tagen schon gesagt, dass ich das so verstehen möchte –, dass der Minister nämlich gesagt hat, dass auch Sie endlich zu der Erkenntnis gelangt sind, dass die Aufstockung des Kinder- und Jugendförderplans nicht alleine in die Infrastruktur gehen darf, sondern dass es auch weiterhin Projektförderung geben muss.
Eines ist natürlich klar: Bewährte Projekte müssen im Sinne der Nachhaltigkeit auch in eine strukturelle Förderung überführt werden. Aber ich will auch noch einmal darauf hinweisen, dass es manch innovatives Projekt, was wir jetzt in die strukturelle Förderung überführen können, nicht gegeben hätte, hätten wir nicht diese Projektförderung. Das heißt, wir brauchen auch weiterhin ausreichend Projektmittel, um Innovationen zu erhalten und die Vielfalt in der Jugendarbeit zu stärken.
Ich will Ihren Antrag, Ihre Redebeiträge und auch den Minister so verstehen, dass Sie endlich auch zu dieser Erkenntnis gelangt sind und dieser Forderung bei der Neuaufstellung des Kinder- und Jugendförderplans Rechnung tragen werden. Jedenfalls werden wir sehr genau verfolgen, ob das im Endeffekt auch so ist.
Grundsätzlich unterstützen wir auch Ihre Forderung nach der Dynamisierung der Mittel.
Da muss ich jetzt einen kleinen Einschub machen. Bei all dem, was Herr Brockmeier gerade zur Dynamisierung vorgetragen hat, hat er ja auch noch so schön gesagt: politischer Gedächtnisverlust.
Es tut mir leid. Ich finde, es ist ein bisschen anstrengend, dass man hier immer diese Geschichtsstunden hat. Dann haben die das gemacht, und dann haben die das gemacht. Ich kann Ihnen aber, insbesondere Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, diese kleine Aufarbeitung der vergangenen Jahre nicht ersparen, insbesondere weil Sie von politischem Gedächtnisverlust gesprochen haben.
2011, als Rot-Grün die Mittel im Kinder- und Jugendförderplan um 20 Millionen € aufgestockt hat, gab es einen Haushaltsantrag der FDP-Fraktion und einen Entschließungsantrag zum Haushalt mit folgendem Wortlaut:
Nicht jede wünschenswerte neue Aufgabe ist ohne Weiteres möglich. Dies gilt beispielsweise dafür, das Volumen des Kinder- und Jugendförderplans trotz vieler sinnvoller Maßnahmen, die in diesem Paket enthalten sind, auf dem Vorjahresvolumen von 80 Millionen € zu belassen und die von der Landesregierung vorgesehene Aufstockung abzulehnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Aha, die FDP-Fraktion, die jetzt so tut, als hätte sie es immer schon gewusst und immer schon gefordert, hat 2011 eigentlich gefordert, dass es keine Aufstockung geben soll. Das würde ich einmal politischen Gedächtnisverlust nennen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Auch mit dem Antrag, den Herr Kamieth zum letzten Haushalt 2017 vorgestellt hat, hat die CDU-Fraktion in der Tat eine Aufstockung auf 120 Millionen € beantragt. Von der FDP-Fraktion ist ein solcher Antrag nicht bekannt. Allerdings haben Sie es clever angestellt und sich sozusagen im Nachhinein schnell an diesen Antrag drangehangen. Das ist aber unredlich und ehrlich gesagt Geschichtsklitterung.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir erwarten, dass jetzt Ihren Ankündigungen in Ihrem Antrag und auch den Ankündigungen des Ministers konkrete Zahlen, Daten und Fakten folgen. Ja, eine Erhöhung ist richtig. Eine Dynamisierung ist auch richtig. Wir erwarten aber, dass nun bald die tatsächlichen Eckpunkte kommen; denn was wir bislang vermissen, sind konkrete Zahlen.
Sie haben die konkreten Zahlen im SPD-Antrag kritisiert. Aber dann konkretisieren Sie Ihren eigenen Antrag. Dann sagen Sie uns, um welche Summe Sie aufstocken wollen. Dann sagen Sie uns, wie Sie die Dynamisierung anlegen wollen. Und vor allem sagen Sie uns, was Sie eigentlich meinen, welche Förderbereiche Sie streichen und straffen wollen, wo schon wieder irgendetwas entbürokratisiert werden soll! Ist das ein Mantra, oder gibt es dafür aus Ihrer Sicht eine pädagogische Notwendigkeit?
Wir möchten gerne, dass Sie das nicht nur in der Fraktion bei einem Fachgespräch diskutieren, sondern wir möchten das gerne anhand von konkreten Eckpunkten intensiv im Ausschuss diskutieren. Ich hoffe, dazu werden wir bald Gelegenheit haben. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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