„Kinder müssen beteiligt, gefördert und weltweit geschützt werden“

Drei Fragen an Josefine Paul zum Weltkindertag 2017

Portrait Josefine Paul
„Kindern eine Stimme geben“: Nicht nur am Weltkindertag schließen wir uns diesem Motto an. Wie wir die Teilhabe von Kindern an politischen Entscheidungen fördern und Kinderarmut bekämpfen wollen und warum die schwarz-gelbe Landesregierung Kinderarbeit in anderen Teilen der Welt unterstützt, verrät Josefine Paul im Drei-Fragen-Interview.

1. Liebe Josefine, seit dieser Legislaturperiode bist Du auch kinder- und jugendpolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion. Was muss sich ändern, damit Kinder und Jugendliche mehr beteiligt werden wie es das Motto des Weltkindertages 2017 einfordert?
Josefine Paul: Kinder sind die Zukunft. Wir setzen uns daher in den unterschiedlichsten Politikfeldern dafür ein, dass alle Kinder die bestmöglichen Chancen haben. Wir wollen auch, dass die Beteiligungsrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention endlich wirklich gelebt und Realität in NRW und Deutschland werden. Wir GRÜNE fordern schon lange, dass die Kinderrechte im Grundgesetz festgeschrieben werden. Wir wollen, die Beteiligungsrechte von Mädchen und Jungen stärken – denn Kinder und Jugendliche sind Expert*innen in eigener Sache. Wer könnte zum Beispiel besser sagen wie ein guter Spielplatz gestaltet sein muss als die Kinder, die ihn nutzen? Aus diesem Grund haben wir in der vergangenen Legislaturperiode die Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung NRW gefördert, die ihre Beteiligung in den Kommunen unterstützt und so stärkt. Außerdem muss uns klar sein: Was wir Politiker*innen heute entscheiden, betrifft das Leben von Kindern und Jugendlichen am längsten. Sie sollen daher auch mitbestimmen, wer ihre Welt gestaltet. Darum wollten wir das Wahlrecht in NRW von 18 auf 16 Jahren senken. CDU und FDP haben das bisher leider immer verhindert.
 
2. Wenn Kinder und Jugendlichen eine lautere Stimme in der Politik hätten, würde ganz vorne auf ihrer Dringlichkeitsliste wohl der Kampf gegen Kinderarmut stehen. Ganz aktuell hat der Familienbericht der Bundesregierung gezeigt, dass die Zahl der Familien, in denen Kinder von Armut bedroht sind, steigt. Was können wir dagegen tun?
Josefine Paul: Alle Kinder haben das Recht auf die gleichen Chancen und die gleiche Teilhabe – von Anfang an. Es darf nicht schon im Kindergarten zementiert werden, welche Mädchen und Jungen auch als Erwachsene auf staatliche Hilfe angewiesen sein werden. Aus diesem Grund muss weiterhin gelten, dass Ungleiches auch ungleich behandelt wird. Die bereits von Rot-Grün eingeführten PlusKita-Einrichtungen sind ein Erfolgsmodell, weil wir Kitas, die eine hohe Anzahl von Kindern im Leistungsbezug aufweisen, durch zusätzliche Mittel verstärkt gefördert haben. Auch die Qualität der Betreuung ist für die Entwicklung der Kinder besonders wichtig. Wir GRÜNE fordern daher für NRW ein neues Kita-Gesetz, das die Qualität der Betreuung in den Mittelpunkt stellt sowie Trägern finanzielle Sicherheit gibt und Erzieher*innen stärkt. Im Bund setzen wir uns für ein einheitliches Kita-Qualitätsgesetz ein, das bundesweit gleiche Standards festsetzt. Das Rettungspaket der neuen Landesregierung begrüßen wir, aber es ist eine einmalige Initiative. Der Familienminister schuldet Kindern, Eltern, Erzieher*innen und Trägern aber ein umfassendes und zukunftsfähiges Konzept. Auf Bundesebene müssen die Regelsätze für Kinder in der Grundsicherung angehoben und Eltern mit geringem Einkommen ein Bonus zum Kindergeld gezahlt werden. Mittelfristig brauchen wir eine Kindergrundsicherung. Gegen Kinderarmut hilft aber auch, wenn die Mütter und Väter arbeiten und angemessen entlohnt werden. Als frauenpolitische Sprecherin engagiere ich mich schon seit Jahren dafür, dass Frauen gerecht bezahlt, sozial abgesichert und durch Betreuungsangebote bestmöglich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt werden.

3. Der heutige Weltkindertag lenkt den Blick auf Kinder und ihre Rechte in der ganzen Welt. Die schwarze-gelbe Landesregierung in NRW plant nun eine rückwärtsgewandte Gesetzesänderung, die von NRW aus das Leben von Mädchen und Jungen in ganz anderen Teilen der Erde betrifft. Wie hängt das Tariftreue- und Vergabegesetz aus NRW mit Kinderarbeit im Ausland zusammen?
Josefine Paul: Jedes Jahr beschaffen und finanzieren die Städte und Gemeinden, das Land und öffentliche Einrichtungen in NRW Produkte und Dienstleistungen in Höhe von 50 Milliarden Euro. In der rot-grünen Landesregierung haben wir mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz sichergestellt, dass dieses Steuergeld unter anderem nicht in Produkte fließt, die durch ausbeuterische Arbeit hergestellt wurden. 50 Milliarden Euro im Jahr machen einen Unterschied! Unser Bundesland war damit Vorreiter bei der Unterstützung globaler Gerechtigkeit und des fairen Handels. CDU und FDP wollen das Tariftreue- und Vergabegesetz ändern und diese Standards streichen. Ob Kinder gezwungen wurden, Produkte unter ausbeuterischen Bedingungen herzustellen, spielt dann keine Rolle mehr. Über 40.000 Menschen zeigen Schwarz-Gelb dafür bereits die Rote Karte und haben die Petition meiner Fraktionskollegin Berivan Aymaz unterschrieben. Zu Recht: Wir tragen in NRW auch Verantwortung dafür, was mit unserem Geld in anderen Teilen der Erde geschieht. Kinderarbeit darf nicht finanziert werden!