Arndt Klocke: „Wir sind deutscher Meister im sozialen Wohnungsbau“

Antrag der SPD gegen Wohnungsnot

###NEWS_VIDEO_1###
Arndt Klocke (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verstehe den Antrag der SPD-Fraktion so, dass es hier darum geht, eine Debatte zu führen, und zwar im Plenum und im Ausschuss in den nächsten Wochen, nämlich auf der Grundlage Ihres Koalitionsvertrages. Der gibt ja allerlei Grund, Debatten zu führen.
Das, was Sie hier eben vorgelegt haben, die Redner von FDP und CDU – das ist ja ein Vorwurf, den insbesondere Herr Lindner häufig in Richtung Grüne richtet –, war wirklich pure Ideologie, Herr Paul. Das muss man Ihnen direkt zurückgeben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich frage mich auch: Wer hat Ihnen die Rede geschrieben? Das gilt genauso für den CDU-Kollegen. Ist die bei Haus & Grund direkt entstanden oder haben Sie selber noch an der Rede gearbeitet? Das, was Sie hier gerade vorgetragen haben, ist eine ganz spezielle Sicht und Brille. Das hat aber mit dem Land Nordrhein-Westfalen und insbesondere mit der Situation in Großstädten nichts zu tun.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Das mag Ihnen ja als Abgeordnetem aus dem Kreis Herford, der auch neu im Haus ist, vielleicht noch nicht bekannt sein. Sie scheinen sich mit der Problemlage in Großstädten …
(Henning Höne [FDP]: Dann belehren Sie uns doch mal! – Weitere Zurufe von der FDP)
– Ja, da können Sie noch so sehr dazwischenreden. Sie haben offensichtlich keine Ahnung, was auf den Wohnungsmärkten in Köln, Düsseldorf, Dortmund, Münster, in den großen Ballungszentren, los ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das, was die SPD-Fraktion hier beschreibt, ist eine konkrete Problemlage. Ich erinnere mich noch an die ganzen Podiumsdiskussionen im Landtagswahlkampf.
(Zurufe von der CDU)
– Es wird durch Schreien auch nicht besser. Es ist ein Problem, dass Sie das einfach noch nicht erkannt haben. Lieber Herr Hovenjürgen, Sie haben doch heute eigentlich schon das Maß an Zwischenrufen überschritten, spätestens bei der Anfrage an die Landwirtschaftsministerin. Jetzt hören Sie doch mal noch einen Moment zu!
Wenn der Kollege Paul davon spricht, dass nur Wohnungsbau dem Land Nordrhein-Westfalen helfen könnte, dann sollten Sie sich mal schlau machen, was hier in den letzten Jahren passiert ist. 40 % der im letzten Jahr, in 2016, fertiggestellten neuen Wohnungen sind in Nordrhein-Westfalen gebaut worden. Wir sind deutscher Meister im sozialen Wohnungsbau. Nirgendwo hat es mehr Wohnungsbau gegeben als in diesem Land.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])
Die ganzen Förderinstrumente haben doch Bund und Land zusammen in Auftrag gegeben. Deswegen wundert mich Ihre Aufregung bei der CDU-Fraktion. Sie sind doch Teil der Bundesregierung. Die ganzen Fördermittel, die der Bund an das Land weitergeleitet hat, damit hier Wohnungsbau stattfindet, kommen doch von Ihrer Bundesregierung, und jetzt halten Sie dagegen. Das ist bemerkenswert. Ja, CDU und SPD zusammen haben es geschafft – der Bauminister und die damalige Landesregierung haben es hervorragend genutzt –, dass endlich in diesem Land wieder neue Wohnungen gebaut werden.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Da würde ich jetzt an Ihrer Stelle gar nicht die ganze Zeit dazwischenrufen.
(Daniel Sieveke [CDU]: Wann ich dazwischenrufe, überlassen Sie bitte mir!)
Die Zweckentfremdungsverordnung – das ist ja deutlich geworden – ist ein Instrument, das aus der Enquetekommission damals als Vorschlag an den Landtag gegangen ist und entsprechend auch über die damalige Landesregierung umgesetzt worden ist.
Jetzt kann man das ja politisch als Rot-Grün einordnen. Ich würde gerne mit Erlaubnis der Präsidentin aus der Stellungnahme des Städtetages NRW zu Ihrem Koalitionsvertrag zitieren.
„Der Städtetag Nordrhein-Westfalen …“
– der ist nun bekanntermaßen nicht unbedingt eine grüne Tarnorganisation –
(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Ich wusste nicht, dass es so etwas gibt!)
„… sieht anders als die Koalitionspartner“ – CDU und FDP – „die Kündigungssperrfristverordnung, die Zweckentfremdungsverordnung, die Umwandlungsverordnung und das Wohnungsaufsichtsgesetz als … geeignete Instrumente zur notwendigen Regulierung der Wohnungsmärkte“ – in NRW – „an. … Die Instrumente können treffsicher …“
– Hören Sie doch mal zu; das ist der Städtetag! –
„… dort in den Markt eingreifen, wo eine Regulierung im Sinne einer nachhaltigen und sozial ausgewogenen Stadtentwicklung sinnvoll ist. Die angespannte Lage auf einigen lokalen Wohnungsmärkten in Nordrhein-Westfalen hat nichts mit den genannten Instrumenten zu tun.“
So der Städtetag Nordrhein-Westfalen zu Ihrem Koalitionsvertrag.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Bei den Koalitionsverhandlungen zu Ihrem Vertrag hat sich hinsichtlich der Instrumente oberhalb des Mietrechts der frühere Kollege Ellerbrock komplett durchgesetzt – auch wenn er jetzt nicht mehr dabei ist –,
(Jochen Ott [SPD]: So ist es!)
weil er im Wahlkampf auf allen Veranstaltungen erzählt hat: Wir brauchen oberhalb des Mietrechts keine weitere Regulierung auf den Wohnungsmärkten.
(Jochen Ott [SPD]: Genau so ist das!)
Das stellen wir aufgrund der konkreten Situation in diesem Land infrage – da ist Airbnb, worauf die SPD hingewiesen hat, nur ein Beispiel. Es braucht – das hat ja die wohnungswirtschaftliche Enquete klar belegt – weitere Instrumente.
(Beifall von Horst Becker [GRÜNE] und Jochen Ott [SPD])
Diese Instrumente wollen Sie abschaffen, und zwar deswegen, weil Sie einen Vertrag unterschrieben haben, Herr Löttgen, in dem die Wohnungspolitik komplett von der FDP diktiert worden ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Jochen Ott [SPD]: Genau so ist das!)
Sie haben sich da komplett über den Tisch ziehen lassen. Alle ihre nahestehenden Organisationen und alle Leute, die Sie im Städtetag, im Landkreis etc. haben, werden Ihnen in den nächsten Wochen und Monaten sehr deutlich aufs Butterbrot schmieren, dass es eine sehr falsche Entscheidung wäre, alle zentralen Steuerungs- und Lenkungsinstrumente und alle Möglichkeiten zum Eingriff wieder abzuschaffen.
Wir stehen erst am Anfang der Debatte, deshalb sind wir froh und finden es gut, dass die SPD-Fraktion diesen Antrag stellt – er wird ja in den Ausschuss überwiesen. Ich glaube, dass wir in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren im Ausschuss zu diesem Thema noch einige intensive Debatten und Anhörungen vor uns haben. Ich freue mich schon auf die ersten Anhörungen, in denen sich Frau Ministerin Scharrenbach wahrscheinlich wird anhören dürfen, warum solche Instrumente in der Wohnungswirtschaft ihren Platz haben sollten und warum sie notwendig sind, insbesondere in großen Städten. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Horst Becker [GRÜNE]: Auch Köln ist Heimat!) 

Mehr zum Thema

Bauen & Wohnen