NRW braucht mehr Tempo bei Verkehrswende und Wohnungsbau

Zeit für GRÜN: Arndt Klockes Halbzeitbilanz

Stau auf den Straßen, volle Bahnen und dreckige Luft in Innenstädten zeigen, dass NRW eine mutige Mobilitätswende braucht. Das heißt mehr Rad- und Fußverkehr, vernetzte Mobilität und ein massiv ausgebauter Personennahverkehr. Verkehrsminister Wüst fördert stattdessen den Straßenneubau und vernachlässigt die Fahrradinfrastruktur. Dieselbe Realitätsverweigerung erleben wir beim Wohnungsbau: Statt der Wohnungsnot in NRWs Städten mit einem beherzten Programm für den Bau von mehr Sozialwohnungen und innovativen Konzepten wie der Aufstockung von Discountern zu begegnen, fördert Bauministerin Scharrenbach verstärkt Eigentum auf der grünen Wiese.

Besonders in den großen Städten steigen die Mieten rasant. Doch der Bau von preisgebundenem sozialem Wohnraum kommt in NRW kaum voran. Statt für mehr Wohnungen zu sorgen, hat Schwarz-Gelb die Eigentumsförderung aufgestockt. Diese bedient vor allem eine gut situierte Klientel im ländlichen Raum, die Scharrenbach auch mit ihrer Heimatpolitik hofiert. Dieses Paradebeispiel für Klientelpolitik führt zu weiterer Zersiedelung, sorgt für neue Pendler*innen und produziert noch mehr Stau, ignoriert aber die Probleme in angespannten Wohnungsmärkten. Besonders betroffen von Scharrenbachs rückwärtsgewandter Baupolitik sind Menschen mit Behinderung. Die Landesregierung drehte Vorgaben zur Schaffung von rollstuhlgerechtem Wohnraum rücksichtslos zurück – ein Lehrstück unsozialer und kurzsichtiger Politik. Eine unrühmliche Rolle spielte Scharrenbach auch bei der Räumung des Hambacher Walds. Sie instrumentalisierte das Baurecht, um den Wald unter dem Vorwand des Brandschutzes räumen zu lassen. Damit hat sich die Ministerin wie die gesamte Landeregierung zur Erfüllungsgehilfin von RWE gemacht.
Im Wahlkampf hatten CDU und FDP getönt, mit ihnen werde der Stau auf NRWs Straßen Geschichte sein. Dieses Versprechen kann Verkehrsminister Wüst nicht einmal ansatzweise erfüllen. Ihm fehlt der Mut für eine echte Verkehrswende. Mit massiven Investitionen in den Personennahverkehr, vernetzter Mobilität und abgasfreier Fortbewegung ließen sich die Straßen entlasten und Stau vermeiden. Doch Wüst investiert lieber in fragwürdige Ortsumgehungen, die selbst vor Ort nicht gewollt sind – wie zum Beispiel die L821n in Bergkamen –, verweigert aber dem Radverkehr und der Nahmobilität im Haushalt 2020 zusätzliches Geld. Dabei sind Fuß- und Radverkehr umweltschonend, gesundheitsfördernd und können Fahrten mit dem Auto ersetzen.
Grün bewegt was: Sozialticket gerettet, Fahrradgesetz in Arbeit
Wir wollen den Radverkehr stärken, ein landesweites Radschnellwegenetz etablieren und den Rückenwind von über 200.000 Unterschriften der Bürgerinitiative „Aufbruch Fahrrad“ nutzen. Im Frühjahr 2019 haben wir Eckpunkte für ein NRW-Fahrradgesetz erarbeitet, die wir gemeinsam mit Initiativen, Verbänden und engagierten Bürger*innen zu einem Gesetzentwurf weiterentwickeln. Neben dem Radverkehr wollen wir die Vernetzung der Verkehrsarten und E-Mobilität fördern und fordern bereits seit Beginn des Dieselskandals Hardware-Nachrüstungen auf Verursacherkosten für die betrogenen Kund*innen. Um eine echte Verkehrswende zu schaffen, die Innenstädte von Abgasen zu entlasten und den ländlichen Raum attraktiver zu machen, brauchen wir außerdem massive Investitionen in Busse und Bahnen. Denn nur mit einem gut ausgebauten, gut getakteten und gut organisierten Bus- und Bahnnetz können wir ein zukunftsfähiges Mobilitätsangebot schaffen, das umwelt-, klima- und gesundheitsschonend funktioniert.
Der öffentliche Personennahverkehr muss außerdem für alle Menschen bezahlbar sein. Ein Sturm der Entrüstung brach deswegen völlig zu Recht los, als Schwarz-Gelb im Herbst 2017 als eine der ersten Amtshandlungen das Sozialticket für Menschen mit geringem Einkommen abschaffen wollte. Nur durch massiven öffentlichen Druck konnten wir Verkehrsminister Wüst von dieser unsozialen Härte abbringen und das Ticket erhalten.
Der Ministerpräsident und die Fahrverbote
Bis heute verfolgen Ministerpräsident Laschet seine völlig realitätsfernen Aussagen zum Fahrverbote-Urteil im Februar 2018. Das Bundesverwaltungsgericht hatte solche Verbote für grundsätzlich zulässig erklärt. Laschet jedoch behauptete nonchalant, Fahrverbote seien per se unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Diese Urteilsverdrehung nach Gutsherrenart zeigt Laschets gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat und seinen Unwillen zu handeln. Statt mit Investitionen in öffentlichen Nahverkehr, Fahrradinfrastruktur und abgasfreie Mobilität für saubere Luft in den Innenstädten zu sorgen, startete Laschet eine Diffamierungskampagne gegen die Deutsche Umwelthilfe. Die klagt in vielen Städten für die Einhaltung von Grenzwerten. Vor Gericht half ihm diese Strategie nicht. Das Oberverwaltungsgericht in Münster verwarf Laschets abenteuerliche Interpretation zur Unzulässigkeit von Fahrverboten und ordnete an, dass Fahrverbote in die Luftreinhaltepläne in Köln und Aachen eingearbeitet werden müssen. Für die betroffenen Pendler*innen ist das ein schwerer Schlag. Für Armin Laschet ist es die Quittung für zwei Jahre Tiefschlaf in der Verkehrspolitik.