Nehmt die Kinder ernst: Kinderrechte ins Grundgesetz

Josefine Paul zur „Children’s Worlds“-Studie

Portrait Josefine Paul
Kinder und Jugendliche wollen mitbestimmen, das zeigen nicht zuletzt die Fridays for Future Demonstrationen. Auch eine aktuelle Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass Kinder und Jugendliche mitreden wollen, wenn es um ihr Lebensumfeld und ihre Zukunft geht. Und das zurecht, findet unsere Sprecherin für Kinder, Jugend und Familie, Josefine Paul. Denn Kinder sind Expert*innen, vor allem wenn es um ihre eigenen Belange geht.

In der Studie „Children‘s Worlds“ wurden Kinder und Jugendliche nach ihren Bedürfnissen und Erfahrungen befragt. Zentrale Erkenntnisse waren, dass Kinder und Jugendliche sich Sicherheit und Verlässlichkeit wünschen – und sie wollen einbezogen werden bei Fragen, die sie betreffen. Mehr als die Hälfte der Heranwachsenden macht sich Gedanken um die finanzielle Situation der Familie. Das ist wenig überraschend, denn Armut ist in Deutschland leider nach wie vor eine alltägliche Erfahrung für viele Kinder. Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut oder ist von Armut bedroht. Mangelnde finanzielle Möglichkeiten führen zu geringeren Teilhabechancen und belasten Kinder und Jugendliche. Die Studie zeigt deutlich, dass Armut ausgrenzt. Kinder aus einkommensschwächeren Familien gaben an, besonders häufig gehänselt zu werden. Teilhabe und Zukunftschancen dürfen aber nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Deshalb haben wir auf Bundesebene ein Konzept für eine Kindergrundsicherung vorgelegt. Flankiert werden muss dieses von einer Infrastruktur, die allen Kindern die gleichen Chancen auf eine gute Zukunft ermöglicht.

Mobbing – und Gewalterfahrung ernstnehmen

Schulen sind ein wichtiger Lebensort für Kinder und Jugendliche. Hier verbringen sie einen Großteil ihrer Zeit. Doch die „Children‘s Worlds“-Studie zeigt, dass Schule nicht für alle Kinder ein positiver und sicherer Ort ist. Im Gegenteil: Mehr als ein Drittel der Heranwachsenden in Gesamt- und Sekundar- sowie Haupt- und Realschulen haben in den letzten Monaten Mobbing, körperliche Gewalt oder Ausgrenzung erfahren. Diese Zahlen rufen Politik zum Handeln auf. Schulen und Jugendeinrichtungen brauchen umfassende Präventions- und Kinderschutzkonzepte. Darüber hinaus wollen wir die Beratungsinfrastruktur für Kinderschutz stärken, damit betroffene Kinder überall in NRW Anlaufstellen und Unterstützung finden. Ein flächendeckendes Angebot an Beratungsstellen kann auch helfen, Präventions- und Schutzkonzepte in Schulen und Jugendeinrichtungen zu implementieren und umzusetzen.

Kinderrechte stärken

Kinder und Jugendliche wollen ihren Alltag und ihr Lebensumfeld mitgestalten. Partizipation muss aber auch wirklich gelebt werden. Positive Erfahrungen mit Demokratie ergeben sich aus wirklicher Mitbestimmung. Bereits in der Kita gibt es gute Konzepte, um Kinder altersgerecht in die Gestaltung des Alltags einzubeziehen. Diese Ansätze müssen sich bis in die Politik durchsetzen. Denn Kinder haben ein Recht auf Mitbestimmung.

30 Jahre nach Einführung der UN-Kinderrechtskonvention sind die dort verankerten Kinderrechte noch immer viel zu unbekannt und werden häufig ignoriert. Ein Großteil der Kinder die eigenen Rechte nicht einmal. Dabei sollten diese eine zentrale Rolle in Kita und Schule spielen. Ihre Vermittlung muss gestärkt werden. Außerdem müssen wir Kinder darin stärken, ihre Rechte auch durchzusetzen. Nicht nur die Kinderrechtskonvention feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag. Auch unser Grundgesetz wird in diesem Jahr 70 Jahre alt. Eine gute Gelegenheit, Kinderrechte endlich im Grundgesetz zu verankern.