Pflegekräfte und pflegende Angehörige besser unterstützen

Mehrdad Mostofizadeh zum Alzheimer-Symposium

Mehrdad Mostofizadeh
In Nordrhein-Westfalen leben über 320.000 Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Durch den demografischen Wandel wird diese Zahl in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Prognosen gehen von einem Anstieg auf etwa 500.000 demenzerkrankte Menschen bis 2030 voraus. Für eine angemessene und wohnortnahe Versorgung brauchen wir mehr Unterstützung für pflegende Angehörige und eine echte Strategie gegen den Fachkräftemangel in der Pflege. Über diese und andere Themen diskutierten Expert*innen auf dem Alzheimer Symposium im Landtag NRW, zu dem in diesem Jahr die GRÜNE Fraktion eingeladen hat.

Momentan werden rund zwei Drittel der Demenkranken zu Hause von Angehörigen oder Freund*innen betreut und gepflegt. In fast drei Viertel der Fälle leisten Frauen die Pflegearbeit. Für Pflegende ist eine gleichberechtigte berufliche Teilhabe oft nicht mehr möglich, was wiederum die eigene Alterssicherung gefährdet. Entlastende Angebote wie Tagespflegehäuser oder Alltagsunterstützung können helfen, die psychische und physische Gesundheit der Angehörigen zu erhalten und zugleich den Erhalt der eigenen beruflichen Tätigkeit sicherzustellen. Damit betroffene Menschen in ihrem Quartier bleiben können, müssen zudem wohnortnahe Wohn- und Unterstützungsangebote ausgebaut werden.
Für eine Neuausrichtung der Versorgungsinfrastruktur vor Ort unterstützen wir GRÜNE deshalb den Ausbau neuer Wohn- und Pflegeformen. Etwa Wohn- und Hausgemeinschaften bieten für Menschen mit Demenz einen überschaubaren und angemessenen Lebensbereich. Durch die bundesweit wegweisende Landesinitiative Demenzservice wurden in NRW seit 2004 13 Beratungszentren eingerichtet, die die Menschen in ihren Regionen zum Thema Demenz unterstützen. Die schwarz-gelbe Landesregierung will diese Landesinitiative nun einstellen. Das kritisieren wir scharf. Hier werden bewährte Beratungseinrichtungen dicht gemacht – so wie zuvor bei der landesweiten Beratung für neue Pflegeformen sowie Wohn- und Quartiersprojekten.
Fachkräftemangel bekämpfen
Mehr als 400.000 Menschen in NRW arbeiten in der Pflege. Dennoch fehlen schon heute Fachkräfte im Pflege- und Gesundheitswesen. Diese Versorgungslücke droht größer zu werden, wenn wir das Fachkräftepotenzial nicht erhöhen. Im Bundestag hat die GRÜNE Fraktion deswegen ein Sofortprogramm mit Stellen für 25.000 zusätzliche Krankenpfleger*innen und 25.000 zusätzliche Altenpfleger*innen gefordert. Der aktuelle und zukünftige Fachkräftemangel betrifft auch die Versorgung von Menschen mit Demenz.
Wir brauchen Anreize für eine einfachere Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit sowie eine bessere Gesundheitsvorsorge für Beschäftigte. Pflegehelfer*innen sollten sich leichter weiterbilden können. Nach der Einführung der generalistischen Pflegeausbildung in der Altenpflege muss es neue Aufstiegsmöglichkeiten für Fachpersonal in Demenzversorgung und Qualitätssicherung geben. Parallel dazu sind verbindliche Personalbemessungsinstrumente nötig, die sich am individuellen Pflegebedarf der Patient*innen orientieren.
Bessere Arbeitsbedingungen für Pflegefachkräfte
Ein Kernpunkt bleibt der weitere Ausbau der Ausbildungsplätze in der Pflege und eine bessere Finanzierung der Ausbildungsseminare. Wir GRÜNE fordern eine Anhebung der Schulkostenpauschale auf 500 Euro. Auch die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen müssen in der Pflege besser werden, denn hier wird wichtige Arbeit für die Gesellschaft geleistet. Die Tarifpartner sind gefordert, durch entsprechende Tarifverträge für faire Löhne zu sorgen. Wer in Zukunft qualifizierten Nachwuchs für den Pflegeberuf gewinnen will, muss außerdem verlässliche Arbeitszeiten, mehr Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz und weniger Bürokratie bieten. Nur so kann der Pflegeberuf wieder attraktiver werden.
In der Quartiersarbeit brauchen wir eine neue Finanzierung, um die Versorgungssicherheit bei Pflege- und Unterstützungsbedarf verbessern. Mit regionalen Budgets könnten die Mittel der verschiedenen Leistungsträger für die Versorgungssicherheit im Quartier durch die Kommune genutzt werden. Ganz allgemein brauchen wir eine verbesserte Finanzierungsgrundlage für die Pflege. Hierzu gehört eine Bürgerversicherung, an der sich alle Bürger*innen beteiligen und für die alle Einkommensarten berücksichtigt werden.