Goldgrube Smartphone – Recyclingwunder in der Schublade?

Norwich Rüße zum Thema Handy-Recycling

Portrait Norwich Rüße
Kaum ein Gerät ist so kurzlebig wie das Smartphone. Nach durchschnittlich zwei Jahren haben die Mobilgeräte ausgedient und werden gegen ein neues ausgetauscht – dazu trägt auch bei, dass Kunden oftmals mit jeder Vertragsverlängerung ein neues Handy erhalten. Dies verursacht hohe Umweltbelastungen und immer mehr Elektroschrott.

Die größten Umweltauswirkungen im gesamten Lebenszyklus eines Smartphones entstehen bei dessen Produktion. In den Geräten sind zahlreiche wertvolle Edel- und Sondermetalle verbaut, wie beispielweise Gold, Silber und Kupfer. Diese sogenannten seltenen Erden kommen überwiegend aus China, in kleineren Mengen aber auch aus Indien, Brasilien, Malaysia und Kirgistan. Die kostbaren Rohstoffe werden oftmals unter menschenunwürdigen Bedingungen gewonnen, nicht selten auch durch Kinderhände. Gleichzeitig ist eine Belastung des Ökosystems der Abbauländer mit giftigem Zyanid und Quecksilber häufig die Folge.
Die Nachfrage nach Handys bleibt groß
Die Nachfrage bleibt groß: Allein in Deutschland wandern jährlich rund 24 Millionen neue Smartphones über die Ladentheke. Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom haben rund 60 Prozent der Nutzer*innen ein Handy, das maximal ein Jahr alt ist, und nur 13 Prozent der Befragten besaß sein Smartphone schon länger als zwei Jahre. Viele der im Gerät verbauten Rohstoffe können nach dessen Lebenszeit aufgrund der meist unsachgemäßen Entsorgung nicht recycelt werden. Neben den Edelmetallen umfasst dies auch Schadstoffe, wie beispielweise Blei, Quecksilber und Kadmium. Ausgediente Geräte gehören daher nicht in den Hausmüll, sondern müssen – wie andere Elektrogeräte auch – getrennt gesammelt und entsorgt werden.
Es mangelt an Rücknahmesystemen 
Bislang mangelt es aber an einem flächendeckenden und verbraucherfreundlichen Rücknahmesystem für Altgeräte. Die reguläre Rückgabe in Geschäften bleibt oft verwehrt und kommunale Wertstoffhöfe gibt es in einigen Landkreisen überhaupt nicht mehr. Schätzungen der Deutsche Umwelthilfe zur Folge liegen rund 124 Millionen Altgeräte bei den Verbraucher*innen ungenutzt in der Schublade, diese zusammen genommen umfassen allein 2,9 Tonnen Gold, 30 Tonnen Silber und 1.100 Tonnen Kupfer. Ein Recycling dieser Rohstoffe ist somit nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll. Damit diese Rohstoffe in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt werden können, ist die Etablierung eines funktionierenden Rücknahmesystems in Verbindung mit hohen Umweltstandards unerlässlich.
Hersteller müssen in die Pflicht genommen werden
Aber auch die Hersteller müssen in die Pflicht genommen werden. Viel zu oft ist der Aspekt der Nachhaltigkeit bei Smartphones immer noch die Ausnahme. Dies umfasst die Reparierbarkeit der Geräte, entsprechende Produktdesigns – wie beispielsweise die Austauschbarkeit einzelner Komponenten oder eine verbesserte Stoß- und Wasserbeständigkeit, – entsprechende Vertragsangebote, sowie eine verbraucherfreundliche Entsorgungslösung. Nur wenige Anbieter ermöglichen beispielsweise eine Reparatur der Geräte, indem sie Originalersatzteile zu verhältnismäßigen Preisen oder kostenlose Reparaturanleitungen zur Verfügung stellen. Zudem werden Software-Updates meist nur für einen gewissen Zeitraum angeboten, der aber oftmals nicht der zu erwartenden Lebensdauer der Geräte entspricht – heißt: noch funktionstüchtige Handys bekommen keine Sicherheits-Updates mehr, so dass Verbraucher*innen zu einem Neukauf gedrängt werden. Es braucht daher gesetzliche Umweltstandards für Hersteller und Vertreiber, um weniger Schadstoffe und mehr Recyclingmaterialien einzusetzen und Ökodesign-Mindeststandards zu verankern.