Datenschutz sichert Bürgerrechte und Gleichberechtigung

Matthi Bolte-Richter zum Europäischen Datenschutz-Tag

In diesem Jahr tritt die Europäische Datenschutzreform in Kraft: ein Quantensprung im Kampf um die Privatsphäre. Der Europäische Datenschutz-Tag an diesem Sonntag ist guter Anlass, um dies zu feiern. Denn immer noch wollen datenhungrige Konzerne und Nachrichtendienste tief in unsere Privatsphäre eindringen.

Der Europäische Datenschutz-Tag erinnert jährlich an die Europäische Datenschutzkonvention, die der Europarat 1981 verabschiedete. Doch Datenschutz ist kein überholtes Konzept, sondern auch nach fast 40 Jahren wichtiger denn je. Denn ohne Selbstbestimmung über die Art und Weise der Informationsverarbeitung werden Menschen im digitalen Zeitalter zu fremdbestimmten Objekten. Algorithmen sollen voraussagen, was als Nächstes kommt, was wir denken, was wir tun, welche Bedürfnisse und Probleme wir haben.
Das merken wir, wenn uns im Internet bestimmte Zahlungsmethoden nicht mehr angezeigt werden. Ein Algorithmus vermutet vielleicht, dass unsere Kreditkarte nicht gedeckt ist oder unsere Rechnung nicht bezahlt werden könnte. Das liegt nicht unbedingt am eigenen Verhalten oder unserer tatsächlichen Zahlungsfähigkeit, sondern manchmal nur an dem Ort, an dem wir leben, oder dem Gerät, mit dem wir surfen. Datenschutz ist damit eine Frage der Gleichberechtigung, denn für einzelne kann Datenmissbrauch gravierende Folgen haben.
EU-Datenschutzreform: Ein Quantensprung
Gerade deswegen ist die europäische Datenschutzreform extrem wichtig. Sie ist für mich ein weiterer Beweis, dass unsere Zukunft mit mehr Europa eine bessere wird. Die europäische Einigung bringt uns nach Frieden, Wohlstand und einer Million Erasmus-Babys nun auch einen wirksamen Rechtsrahmen für den Schutz unserer Privatsphäre im digitalen Zeitalter.
Die Reform verschafft erstens den Betroffenen mehr Rechte, mit mehr Transparenz, und weniger Bürokratie. Sie bringt endlich einen einheitlichen Rechtsrahmen mit hohem Datenschutzstandard für 550 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Die Reform schützt uns zweitens vor Unternehmen, die nach Daten gieren. Sie können sich nicht mehr das Land mit dem niedrigsten Standard und der schwächsten Aufsicht als Sitz aussuchen und nach dessen Regeln verfahren. Sie bringt Verbraucher*innen das Recht auf Vergessen und das Recht auf Datenportabilität – ein großer Schritt zu mehr Hoheit über die eigenen Daten. Verbraucher*innen werden in ihrer Position gegenüber den Dienstanbietern deutlich gestärkt. Die Reform sorgt drittens dafür, dass Verbraucher*innen endlich eine konkrete und informierte Einwilligung zur Datenverarbeitung geben müssen. Ihre Einwilligung darf in Zukunft nicht mehr für die Verarbeitung von Daten genutzt werden, die mit dem eigentlichen Dienst nichts zu tun haben. So darf die Taschenlampen-App auf unserem Handy in Zukunft nicht mehr verlangen, dass sie auch auf das Adressbuch zugreifen kann.
Die Unternehmen müssen die Reform zügig umsetzen
Mit der Datenschutz-Grundverordnung tritt das Herzstück der Reform im Mai 2018 in Kraft. Laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom rechnen bislang nur 15 Prozent der Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeiter*innen damit, dass sie die Reform zum Stichtag umsetzen werden. Das ist zu wenig. Wir dürfen aber deswegen nicht die neuen Standards infrage stellen, sondern müssen die Unternehmen bei der Umsetzung unterstützen.
Die notwendigen Anpassungen im nationalen Recht müssen jetzt zügig angegangen werden, denn die Unternehmen brauchen Rechtssicherheit auf allen Ebenen. In einem Antrag haben wir die Landesregierung aufgefordert, das Beratungsangebot für Unternehmen zur Umsetzung der europäischen Datenschutzreform weiter auszubauen und den Datenschutz als Standortfaktor der nordrhein-westfälischen Wirtschaft auch in der Förderpolitik stärker zu profilieren. Schwarz-Gelb muss auch künftig sicherstellen, dass Forschung, Beratung und Technologietransfer in diesem Bereich gefördert und ausgebaut werden. Und sich nicht nur am Europäischen Datenschutz-Tag für diesen einsetzen.