Digitale Literatur weiter für gute Lehre bereitstellen

Dr. Ruth Seidl zum Rahmenvertrag mit der VG Wort

Mit dem zwischen Kultusministerkonferenz (KMK), Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) geplanten neuen Rahmenvertrag wäre dies allerdings kaum noch möglich gewesen. Denn der neue Rahmenvertrag ist schlichtweg praxisuntauglich. Er fordert  von den Lehrenden einen unzumutbaren bürokratischen Aufwand der vollständigen Einzelmeldung von verwendeter Literatur.
Alle Hochschulen in Deutschland nutzen die Werke der durch die VG Wort vertretenen Rechtinhaber*innen – und bundesweit lehnen sie  den Vertrag ab. Die Situation spitzte sich zuletzt so zu, dass viele Hochschulen ihren Studierenden mitteilen mussten, dass es künftig keine von der VG Wort vertretenen Werke mehr in den Online-Semesterapparaten geben soll.
Es ist deshalb richtig, dass KMK, HRK und VG Wort für die Zeit ab dem 1. Januar eine Übergangslösung schaffen und für die Zeit ab Oktober 2017 einen neuen Rahmenvertrag schließen wollen. Als Übergangslösung wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, den bisherigen Vertrag weiterlaufen zu lassen,  der eine pauschale Vergütung für die Nutzung der Rechte der VG Wort vorsieht. In diesem Zusammenhang hoffe ich, dass  KMK, HRK und VG Wort ihre Ankündigung erfüllen, dass keine Nachteile für Hochschulen, Studierende und Lehrende entstehen.
Um die Chancen der Digitalisierung für Lehre und Forschung nutzen zu können, bedarf es aber auch endlich eines bildungs- und forschungsfreundlichen Urheberrechts auf Bundesebene. Bis heute fehlt diesem eine umfassende Bildungs- und Wissenschaftsschranke, die es den Lehrenden, Lernenden und Forschenden erleichtert, publizierte Werke für den wissenschaftlichen Gebrauch grundsätzlich genehmigungsfrei und ohne Einschränkungen zu nutzen. Ziel muss es sein, den für Wissenschaft notwendigen Zugang zu Wissen unter angemessenen und für alle Seiten fairen Bedingungen zu gewährleisten.
Dazu haben wir heute im Landtag einen entsprechenden Antrag beschlossen.