Kompakt erklärt: Das Landesnaturschutzgesetz

Arten und Lebensräume schützen, ländliche Räume stärken

Portrait Norwich Rüße


Unser Überblick erklärt die wichtigsten und am meisten diskutierten Aspekte im Entwurf des neuen Gesetzes. Wir erklären, warum das Gesetz nötig ist, wie es den Artenschutz in NRW verbessert und weshalb der ländliche Raum profitiert.
Das Landesnaturschutzgesetz als nötige Ergänzung zum Bundesrecht
Mit dem Landesnaturschutzgesetz passt Nordrhein-Westfalen altes Recht an geltende Regeln aus dem Bundesnaturschutzgesetz an. Darüber hinaus wollen wir über das Bundesrecht gegebene Spielräume nutzen, um eigene Schwerpunkte zu setzen. So regelt das Bundesrecht nicht den Behördenaufbau auf Landesebene, etwa die Landschaftsbeiräte und biologischen Stationen. Nicht abweichen dürfen die Länder jedoch von den allgemeinen Grundsätzen des Naturschutzes, dem Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes. Die Länder regeln nach wie vor Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften, unter anderem auf dem Gebiet des Naturschutzes selbst. All das wird zukünftig im Landesnaturschutzgesetz festgehalten.
Dem Artensterben entgegenwirken
Nach der aktuellen „Roten Liste der gefährdeten Arten“ in Nordrhein-Westfalen sind etwa 45 Prozent der beobachteten Tier- und Pflanzenarten in ihrer Anzahl gefährdet, vom Aussterben bedroht oder sogar bereits ausgestorben. In den intensiv genutzten Agrarlandschaften befinden sich rund 77 Prozent der Lebensräume in einem unzureichenden oder schlechten Erhaltungszustand, aber auch im Bergland sind es bereits 32 Prozent. Zudem meldet der EU-Umweltbericht, dass jede dritte Vogelart vom Aussterben bedroht ist oder auf der Warnliste steht, darunter auch Vogelarten, die in unserer Kindheit oft zu sehen waren: die Feldlerche, das Braunkehlchen und der Kiebitz. Das neue Naturschutzgesetz ist daher dringend, um das Artensterben zu stoppen.
Kein Eingriff in Eigentumsrechte der Grund- und Waldbesitzer*innen
Naturschutzauflagen muss jede*r erfüllen, auch Grundbesitzer*innen. Grundeigentum verpflichtet schon jetzt, auch die Natur und Artenvielfalt intakt zu halten. Aufgrund des dramatisch fortschreitenden Artensterbens ist es auch weiterhin sinnvoll, alle Beteiligten in die Pflicht zu nehmen und nach Maßnahmen zu suchen, die den weiteren Artenverlust stoppen.
Eine Enteignung und Vernichtung von Volksvermögen entsteht aber dadurch, dass „Tafelsilber“ – wie etwa der Staatswald – verkauft wird. So geschehen unter der schwarz-gelben Rüttgers-Regierung. Ebenso fallen die höchst problematischen Klausner-Verträge in genau jene Zeit, die den Waldbäuerinnen und Waldbauern zwar kurzfristig Erleichterung, auf längere Sicht den Steuerzahler*innen aber erheblichen Schaden zugefügt haben und noch zufügen könnten.
Die Natur sich selbst überlassen
In Wildnisgebieten soll die Natur weitestgehend sich selbst überlassen bleiben. Das macht Sinn, weil auch die Natur ihre Freiräume benötigt. Es wird sich um vergleichsweise kleine Gebiete handeln, in denen auch die Möglichkeit eingeschränkt wird, Waldspaziergänge zu unternehmen oder Pilze zu sammeln. Mit der Ausweisung von Wildnisgebieten in Nordrhein-Westfalen folgt die Landesregierung der Umsetzung von EU-Naturschutzzielen und der nationalen Biodiversitätsstrategie. Mit der NRW-Biodiversitätsstrategie und dem geplanten Naturschutzgesetz wird es aber auch weiterhin größtenteils möglich bleiben, den Wald zu betreten, für Freizeitaktivitäten zu nutzen, Pilze zu sammeln sowie Holz für kommerzielle Zwecke zu entnehmen (insbesondere Nadelholz). Und gerade die Ausweisung von weiteren Schutz- und Wildnisgebieten trägt dazu bei, dass Nordrhein-Westfalen sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Gäste aus anderen Ländern noch attraktiver wird. Denn schließlich ist auch in den Wildnisgebieten im Staatswald des Landes, die zum überwiegenden Teil in Naturschutzgebieten liegen, das Betreten der Wege gestattet.
Landwirt*innen können Land weiter nutzen
In NRW wird die Landesfläche zu 49,5 Prozent landwirtschaftlich genutzt. Deshalb hat die Art der Landbewirtschaftung eine besonders hohe Bedeutung für den Naturschutz. Gerade Dauergrünland ist wichtig für den Erhalt der Artenvielfalt. In den letzten vier Jahrzehnten hat sich die Grünlandfläche in Nordrhein-Westfalen mehr als halbiert. Zudem werden heute etwa 93 Prozent des Grünlandes in NRW intensiv – und damit artenarm – bewirtschaftet. Mit dem neuen Gesetz soll ein weiterer Verlust dieses wichtigen Lebensraums verhindert werden.
Auch in Zukunft werden diese Flächen landwirtschaftlich nutzbar sein, allerdings sollen sie nicht mehr in Ackerland umgewandelt werden können und einigen weiteren Auflagen unterliegen (Mähen von innen nach außen zum Schutz der Wildtiere, kein Umpflügen, keine Pflegeumbrüche, keine Entwässerung von Feuchtgrünland). Insgesamt sollen zukünftig 15 statt wie bisher 10 Prozent der Landesfläche einen Biotopverbund in Nordrhein-Westfalen bilden, um die Artenvielfalt zu erhalten. Schon jetzt sind in den Regionalplänen 15,2 Prozent der Landesfläche als „Bereiche zum Schutz der Natur“ (BSN) festgesetzt, sodass grundsätzlich keine weitere landwirtschaftliche Fläche zusätzlich beansprucht werden muss.
Die Kernzonen der Biotopverbundfläche bilden die streng geschützten Gebiete (Naturschutzgebiete, Nationalpark Eifel, Natura 2000-Gebiete, gesetzlich geschützte Biotope), die zusammen einen Flächenanteil von 11,2 Prozent an der Landesfläche haben. Auch die Erweiterung des Katalogs der gesetzlich geschützten Biotope mit Kleinseggenrieder, Nass- und Feuchtgrünland, Magerwiesen und -weiden sowie Streuobstbeständen wird sich kaum auf die Landwirtschaft auswirken. Es gibt nur noch sehr wenige dieser sehr artenreichen Biotoptypen. Diese müssen wir unbedingt als Rückzugsgebiete für Amphibien, Insekten, Vögel und Säugetiere erhalten.
Vorkaufsrecht für Naturschutzflächen schützt Lebensräume
Ziel des Gesetzes ist es, wertvolle Naturschutzflächen zu sichern, indem das Land ein Vorkaufsrecht ausüben kann. Dadurch kann es zum Beispiel einfacher werden, ganz gezielt Biotope zu vernetzen und Lebensräume ökologisch aufzuwerten. Diese Flächen sind häufig aus landwirtschaftlicher Sicht weniger wertvoll und in der Nutzung eingeschränkt. Landwirt*innen haben analog ein Vorkaufsrecht für landwirtschaftliche Flächen.
Vernetzung von bestehenden Biotopen
Die im Gesetzesentwurf geforderten 15 Prozent der Landesfläche für den Biotopverbund gehen über die vom Bund geforderten zehn Prozent hinaus. Trotzdem müssen sich Forstwirt*innen keine Sorgen machen, zukünftig auf Flächen zu verzichten. Die Kernflächen des landesweiten Biotopverbundes in NRW setzen sich aus den „Gebieten und Bereichen zum Schutz der Natur“ (GSN/BSN), dem Nationalpark Eifel, den Naturschutzgebieten, den Natura 2000-Gebieten und den gesetzlich geschützten Biotopen zusammen. Diese erfüllen bereits die geforderten 15 Prozent auf landeseigenen Flächen. Es kommt jetzt vor allem darauf an, sinnvolle Verbundsysteme und Vernetzungskorridore zu schaffen. Hierfür müssen nicht zwangsläufig neue Flächen in Anspruch genommen werden.
Kompensationsflächen – gleichwertig statt gleichgroß
Bei einer Umwandlung von Flächen kann es beispielsweise nötig werden, eine ganze Art umzusiedeln, um ihren Fortbestand zu gewährleisten. Dadurch kann die benötigte Ausgleichsfläche an anderer Stelle zur Neuansiedlung der Art größer sein als die Eingriffsfläche, auf der ein Bauvorhaben verwirklicht wird. Bei der von Schwarz-Gelb eingeführten 1:1-Kompensation würden der Arten- und Naturschutz stets den Kürzeren ziehen. Dazu musste der Ersatz bzw. der Ausgleich für einen Eingriff in die Natur nach Bundeskompensationsverordnung schon immer wertgleich erfolgen. Die 1:1-Kompensation hat es insofern nur in der gesetzlichen Theorie der schwarz-gelben Landesregierung gegeben – die Praxis hat das Bundesrecht vorgeschrieben.
Statt der notwendigen Kompensationsmaßnahmen sollte vielmehr die weiter voranschreitende Versiegelung von Flächen in den Gemeinden hinterfragt werden. Denn jeder nicht erfolgte Eingriff in die Natur schützt die landwirtschaftlichen Flächen davor, betoniert und zugebaut oder als Ausgleichsfläche gebraucht zu werden und hilft gleichzeitig am besten, die Artenvielfalt in unserem Land zu erhalten!
Engagement und Arbeit für den Naturschutz in Nordrhein-Westfalen stärken
Durch die erweiterten Mitwirkungsrechte der anerkannten Naturschutzverbände in NRW sowie für die Landschaftsbeiräte soll das zivilgesellschaftliche Engagement zum Schutz der Natur wirkungsvoll gestärkt werden. Die Biologischen Stationen leisten dazu einen wichtigen Beitrag. Daher soll die finanzielle Förderung dieser privatrechtlich organisierten Vereine dauerhaft abgesichert werden.
Die ländlichen Räume profitieren vom neuen Landesnaturschutzgesetz
Mit dem neuen Landesnaturschutzgesetz soll die Grundlage für den Schutz des nordrhein-westfälischen Naturerbes dauerhaft gesichert werden. Durch die Möglichkeit zur Ausweisung von Naturmonumenten soll das Interesse für besondere Naturschätze der Erdgeschichte geschaffen und für die Menschen erlebbar gemacht werden. Wildnisgebiete, in denen die Natur dauerhaft sich selbst überlassen wird und die Rückzugsgebiete für bedrohte Arten darstellen, üben eine hohe Anziehungskraft aus. Wie erfolgreich sich das auf die Regionen auswirkt, kann am Nationalpark Eifel abgelesen werden.