Gleichberechtigte Teilhabe für alle Menschen ist überfällig

Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen

Die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) durch Deutschland liegt nun schon sieben Jahre zurück. Was mit Inklusion gemeint ist, ist inzwischen vielen Bürgerinnen und Bürgern gut bekannt. Grundsätzlich geändert hat sich seitdem in Deutschland jedoch zu wenig – und von einer Gleichberechtigung oder gleichberechtigtem Zugang zu Arbeit, Gebäuden, Bildung und Kultur sind wir bundesweit noch weit entfernt.
Bei Barrieren, die Menschen mit Behinderung in ihrem Alltag einengen, denken viele wohl vor allem an bauliche Hürden, wie fehlende Rampen oder zu hohen Bordsteine an Gehwegen. Aber es gilt noch weit mehr Hindernisse zu beseitigen. So mangelt es in Kinos, Theatern oder Sitzungssälen häufig an technischen Hilfsmitteln, wie zum Beispiel induktiven Höranlagen, aber auch viele Arztpraxen sind beispielsweise nicht barrierefrei zugänglich.
Doch bei aller berechtigten Kritik gibt es auch positive Entwicklungen: So ist die Stadt Wetter an der Ruhr ein gutes Beispiel für ein umfassendes Engagement für ein barrierefreies Leben. Neben baulichen Veränderungen wie abgesenkten Bordsteinen und einem barrierefreien Internetauftritt der Stadt, bietet am Bahnhof eine kontrastreich gestaltete Tafel Menschen mit Sehbeeinträchtigung eine Orientierung auch in Blindenschrift, und auch der Bürgerbus ist barrierefrei nutzbar.
Viele Internetseiten unterstützen Menschen mit Behinderung, ein gleichberechtigtes Leben zu führen. Der Verein „Sozialhelden e.V.“ bietet mit „Wheelmap.org“ die Möglichkeit, für alle Nutzerinnen und Nutzer einsehbar rollstuhlgerechte Orte in Städten zu kennzeichnen. Andere Seiten stellen Informationen zu barrierefreiem Reisen speziell für Rollstuhlfahrer bereit oder geben Tipps und Hilfen für verschiedene Bereiche des Lebens.
Rund um diesen Donnerstag finden deutschlandweit viele verschiedene Aktionen statt. In Detmold werden beispielsweise rollstuhlgerechte Orte gekennzeichnet. In Herford, Bielefeld und Paderborn sind zum Beispiel Protestmärsche, Infoveranstaltungen und Podiumsdiskussionen angekündigt.
Zur Erinnerung: Zum 1. Januar 2017 sollte das Bundesteilhabegesetz, das auch im Koalitionsvertrag verankert ist und den Kommunen Entlastung in Höhe von fünf Milliarden Euro versprach, in Kraft treten. Inzwischen liegt tatsächlich der Referentenentwurf vor. Eine erste Durchsicht zeigt, dass Demonstrationen angebracht sind. Das Bundesteilhabegesetz soll zu einem überwiegenden Teil erst zum 1.1.2018 in Kraft treten, lediglich einige erste Verbesserungen bei der Einkommensanrechnung sollen bereits zum 1.1.2017 greifen. Andere Rechtsveränderungen werden gar auf den 1.1.2020 geschoben. Von der versprochenen Entlastung für die Kommunen bleibt auch wenig übrig.
Der Landtag NRW hatte im April 2015 einem entsprechenden Antrag von GRÜNEN und SPD zugestimmt, um ein solches Gesetz auf Bundesebene noch in dieser Legislaturperiode voranzutreiben. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch über den Druck aus den Ländern und seitens der Betroffenen im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens noch Verbesserungen durchsetzen lassen.