Herkunft von Schweinefleisch muss transparenter werden

Branche täuscht VerbraucherInnen trotz neuer Verordnung meint Norwich Rüße:

Portrait Norwich Rüße

Zwar müssen Schweinemäster seit Inkrafttreten einer EU-Verordnung Anfang April bei jeder Lieferung an den Schlachthof angeben, woher die Ferkel stammen. Allerdings müssen sie nicht angeben, dass ein Ferkel in einem anderen Land als Deutschland geboren wurde, wenn das Durchschnittsgewicht der Ferkel in einer Partie zum Zeitpunkt des Importes unter 30 Kilogramm lag. Statt beispielsweise mit der Angabe „geboren in Dänemark, gemästet in Deutschland“ darf Fleisch solcher Tiere im Handel als „aufgezogen in Deutschland“ verkauft werden.
Werden Ferkel mit einem Durchschnittsgewicht von über 30 Kilogramm importiert, muss das Fleisch als „aufgezogen in mehreren Mitgliedsstaaten der EU“ ausgewiesen werden – auch das ist wenig transparent. Eine genaue Kennzeichnung würde bei VerbraucherInnen wohl für die Fleischbranche unangenehme Fragen aufwerfen, etwa nach Ferkeltransporten. Deswegen wehrten sich Lobbyverbände bei der Erarbeitung der Verordnung nach Kräften – und leider erfolgreich – gegen eine eindeutige Kennzeichnung. Genauso verweigert sich die Branche seit Jahren, Fleisch endlich eindeutig nach Haltungsformen zu kennzeichnen.
Dabei verlangen VerbraucherInnen eine eindeutige Kennzeichnung und diese wäre auch eine Riesenchance für unsere heimischen Ferkelerzeuger. Denn eine transparente und aussagekräftige Kennzeichnung als „geboren und aufgezogen in Deutschland“ wäre aus Verbrauchersicht ein echter Mehrwert, den jedes heimische Ferkel gegenüber importierten hätte. Doch Lobbygruppen wie der Bauernverband beschwerten sich auch dieses Mal, die Politik zwinge kleinere SauenhalterInnen mit „überzogenen Auflagen“ zur Aufgabe.
Dabei sind in anderen Bereichen der Fleischwirtschaft bereits viel strengere Auflagen üblich. Bei Rindern beispielsweise werden die Herkunfts-, Aufzuchts- und Schlachtungsorte für jedes einzelne Tier dokumentiert. Bei Schweinen wehren sich die Schlachthöfe dagegen, Schlachtpartien auch nur gruppenweise nach ihrer Herkunft zu trennen. Es sind vielmehr die riesigen Dimensionen, in denen die Schweinemast vor allem in dänischen und niederländischen Betrieben mittlerweile praktiziert wird, die kleinere SauenhalterInnen aus dem Geschäft drängen.
Perspektivisch werden die VerbraucherInnen mit Sicherheit auch bei Schweinefleisch eine klare Kennzeichnung einfordern. Angesichts der Fleischskandale in den vergangenen Jahren wollen immer mehr Menschen genau wissen, woher das gekaufte Fleisch stammt. Als Gesetzgeber sind EU und Bund gefordert, eine eindeutige Kennzeichnung der Herkunft und der Haltungsformen durchzusetzen. Denn am Ende wird nur Transparenz ermöglichen, längst verlorenes Vertrauen der KundInnen zurückzugewinnen. Dass die Fleischbranche selbst nicht in der Lage und vor allem nicht willens ist, für Transparenz zu sorgen, hat der heftige Widerstand gegen eine aussagekräftige Kennzeichnungspflicht in der EU-Verordnung einmal mehr gezeigt.