„Die Zukunft des Fußballs ist weiblich“

60 Jahre nach dem Frauenfußballverbot in Deutschland meint Josefine Paul

Portrait Josefine Paul

Dieses ewig gestrige Denken hat im Sport eine lange Tradition. Bis heute gilt Fußball als „Männersache“. Auch heute verbinden sich mit dem Fußballsport bestimmte Männlichkeitsvorstellungen, die nicht nur Frauen als das „Andere“ markieren und ausgrenzen, sondern auch kaum Platz für andere Männlichkeiten, wie beispielsweise homosexuelle Männer lassen. Mit Fußball werden angeblich spezifisch männliche Werte und Fertigkeiten wie Stärke, Durchsetzungsvermögen, Kampfkraft und Ausdauer verbunden. Für Frauen bleibt der sportliche Katzentisch.
Heute vor 60 Jahren sprach der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sogar ein de facto Frauenfußballverbot in Deutschland aus und untersagte seinen Mitgliedsvereinen zum Beispiel, Frauen im Verein spielen zu lassen oder ihnen auch nur ihre Plätze zur Verfügung zu stellen. Nach dem Weltmeistertitel der Männer 1954 hatte das Fußballfieber Männer und Frauen ergriffen. Doch der damalige DFB-Präsident, Peco Bauwens, hatte eine klare Haltung zur Frage Fußball spielender Frauen: „Wir werden uns mit dieser Angelegenheit nie ernsthaft beschäftigen. Das ist keine Sache für den DFB.“
Dennoch wollten immer mehr Kickerinnen den so genanntem „Helden von Bern“ auf dem Platz nacheifern. Eine Hochburg des Frauenfußballs der 1950er-Jahre wurde NRW. Frauenteams wie Gruga Essen oder Fortuna Dortmund lockten Tausende ZuschauerInnen an.
Das brachte selbst den DFB dazu, sich „ernsthaft“ mit dem Thema Frauenfußball zu befassen. Am Ende beschloss er am 30. Juli 1955 das Verbot. Zur Begründung musste das angebliche „Wesen der Frau“ herhalten. Der Psychologe Fred J.J. Buytendijk hatte 1953 in einer Studie über das Fußballspiel geschrieben: „Das Fußballspiel als Spielform ist wesentlich eine Demonstration der Männlichkeit. Es ist noch nie gelungen, Frauen Fußball spielen zu lassen. (…) Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob darum Getretenwerden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nicht-Treten weiblich."
Frauen haben sich ihren Platz auf dem Platz zwar zurück erkämpft und dürfen in Deutschland seit 1970 offiziell wieder dem runden Leder nachjagen. Doch von der Aufmerksamkeit, die der Männerfußball genießt, sind Frauen auch 2015 noch Lichtjahre entfernt – von den ökonomischen Möglichkeiten ganz zu schweigen. Auch ein Ende der Vorurteile und des Sexismus ist leider noch nicht in Sicht. Dennoch: Mädchen und Frauen spielen heute überall auf der Welt Fußball. Sepp Blatter sagte einmal in seltener Hellsichtigkeit: „Die Zukunft des Fußballs ist weiblich.“ Für viele Mädchen und Frauen ist Fußball viel mehr als nur ein Spiel. Für sie bedeutet der Sport Freiheit, Selbstbestimmung und sich eigene Freiräume zu schaffen. Sie lassen sich das Fußballspielen nicht verbieten!