Dahinter steht ein sehr modernes Verständnis über den Zusammenhang von körperlicher und geistiger Entwicklung. Heute belegen Studien den Nutzen von Sport und Bewegung für eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Sie lernen wichtige Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens wie Rücksichtnahme, Respekt und Empathie. Gleichzeitig bauen sie Stress ab und entwickeln ein positives Körpergefühl und gesundes Selbstbewusstsein. Sogar eine verbesserte Konzentrationsfähigkeit nach sportlicher Betätigung ist mittelweile nachgewiesen. Aus diesen Gründen empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Kinder und Jugendliche täglich mindestens 60 Minuten Bewegung.
Daher wollen wir als Landtagsfraktion Zeit und Raum für Bewegung in die kindlichen Lebenswelten integrieren. Neben der festen Verankerung von Bewegungserziehung in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen und der Schule nehmen wir beispielsweise auch die politischen Akteure in der Stadtplanung in die Pflicht. Kinder und Jugendliche brauchen nicht nur den Sportverein in direkter Nachbarschaft, sondern auch freie und für sie nutzbare Flächen zum Spielen und Toben. Davon profitieren nicht nur Kinder und Jugendliche. Bewegte Kommunen sind lebenswerte Kommunen.
Gleichberechtigter Zugang zu Sport ist keine Selbstverständlichkeit
In der Olympischen Charta wird die Ausübung von Sport als Menschenrecht bezeichnet. Es findet sich allerdings kein gleichlautender Artikel in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Und die Internationalen Sportverbände sind zuletzt auch nicht unbedingt als Wahrer von Menschenrechten und Menschenwürde in Erscheinung getreten. Trotzdem hat die Charta Recht, denn der Zugang zu Bewegung, Spiel und Sport ist ein elementarer Bestandteil eines selbstbestimmten Lebens und gesellschaftlicher Teilhabe.
Gleichberechtigter Zugang zu Sport und Bewegungsmöglichkeiten ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Erstmals entsandten zwar alle teilnehmenden Länder bei den Olympischen Spielen von London 2012 auch Frauen. In einigen Ländern der Welt bleiben Frauen und Mädchen sportliche Betätigung oder der Zugang zu Sportereignissen jedoch weiter verwehrt oder doch zumindest stark eingeschränkt. Und das, obwohl internationale Frauen-, Kinderrechts- und Behindertenrechtsabkommen das Recht auf Sport und Spiel seit Jahrzehnten festschreiben.
Wenngleich Pierre de Coubertin bei seinen Spielen für die „Jugend der Welt“ nur einen eingeschränkten Personenkreis im Auge hatte – denn weder Frauen noch paralympische SportlerInnen waren damit gemeint –, sollte der Olympia-Tag dennoch Anlass für gesellschaftspolitische Diskussionen zum Thema Sport und Bewegung sein. Während Medien zu Recht breit über Korruption im Sport berichten, sollte Sportpolitik nicht vergessen, dass es beim Sport vor allem um Spaß, gesellschaftliche Teilhabe, gesundes Leben sowie Integration und Völkerverständigung geht.
Ein Recht auf Sport und Bewegung für alle bedeutet politische Weichenstellungen für ein bewegtes Leben aller – unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialer Herkunft, sexueller Identität oder kulturellem Hintergrund. Es bedeutet aber auch eine Verantwortung der Sportorganisationen, den großen Worten „Sport als Menschenrecht“ Taten folgen zu lassen. Erst dann kann de Coubertins Ideal, junge Menschen durch Sport in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zu fördern, wirklich Realität werden.