Frauen in ingenieurwissenschaftlichen Fächern sind vielleicht keine Exotinnen mehr. In vielen Fachbereichen sind sie aber bis heute stark unterrepräsentiert. Der Anteil weiblicher Studierender liegt, je nach Fachrichtung, zwischen 15 Prozent und 35 Prozent. Im Berufsleben klafft die Schere zwischen Frauen und Männern noch weiter auseinander. Nur 16,6 Prozent der Ingenieurinnen und Ingenieure sind Frauen. Die Männerquote in diesem Bereich liegt bei 83,4 Prozent. Ein Grund dafür scheint die relativ hohe Abrecherinnenquote zu sein. Rund 30 Prozent der Studentinnen brechen ihr ingenieurwissenschaftliches Studium irgendwann ab und orientieren sich neu. Dabei gehen wichtige Potentiale verloren. Um dem entgegen zu wirken und junge Frauen weiter für ein Studium in den sogenannten MINT-Fächern, also den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, zu motivieren, hat die Universität Duisburg-Essen mit Unterstützung des Emanzipationsministeriums das Projekt ChanceMINT.NRW initiiert.
Ziel des Projektes ist es, jungen Frauen bereits während ihres Bachelorstudiums spätere Berufsperspektiven aufzuzeigen und sie mit Unternehmen zusammenzubringen. Darüber hinaus gibt es noch Veranstaltungen zu Rhetorik und Selbstpräsentation oder Bewerbungstrainings. Denn, die Studentinnen sind zwar oftmals sehr gut ausgebildet und machen hervorragende Abschlüsse, doch in einer Männerdomäne wie den Ingenieurwissenschaften muss frau sich eben auch behaupten und verkaufen können. Der sprichwörtliche raue Ton „auf dem Bau“ ist auch heute noch Realität in dieser Männerwelt aus Beton und Stahl. Frauen haben es in diesem Bereich nicht immer leicht sich durchzusetzen.
In dieser Woche ist nun die erste Phase des Projektes erfolgreich zu Ende gegangen und gleichzeitig die zweite Phase gestartet worden. Zum Abschluss der ersten Runde zeigten sich alle zufrieden und überzeugt davon, dass das Projekt einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit von Frauen leistet, Potentiale heben, aber jungen Frauen auch individuelle Möglichkeiten zum Knüpfen von Netzwerken bieten kann.
Das Projekt ChanceMINT.NRW ist aber nur ein Beispiel für Maßnahmen, die darauf abzielen, das Spektrum der gewählten Berufe und Studiengängen junger Frauen zu erweitern. Auch der Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen „komm-mach-MINT“ soll Mädchen und junge Frauen motivieren, ausgetretene Pfade der Berufswahl zu verlassen und sich einem technischen oder naturwissenschaftlichen Beruf zuzuwenden. In NRW beteiligt sich u.a. die Hochschule Bochum an dem Nationalen Pakt.
Doch über die berechtigten Forderungen, dass die Potentiale von Frauen auch in den MINT-Bereichen endlich gehoben werden müssen, darf nicht vergessen werden, dass Frauen in vielen Bereichen heute ganz selbstverständlich „ihre Frau stehen“. Neben der Erhöhung des Frauenanteils in Naturwissenschaften, Technik und Handwerk, gilt weiterhin die politische Forderung, sogenannte Frauenberufe aufzuwerten, sie gerecht zu entlohnen und ihre gesellschaftliche Anerkennung zu erhöhen.