Bereits 2004 veröffentlichte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit der repräsentativen Studie "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland" eine schier erschreckende Zahl. Jede 4. Frau in Deutschland erlebt mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Übergriffe durch ihrEn PartnerIn. Unglaublich aber leider wahr!
Die Studie zeigt dabei nur die Spitze eines tief schwarzen Eisberges namens häusliche Gewalt! Nicht von ihr bedacht werden all jene Formen bei denen psychischer Druck auf eine Frau ausgeübt wird. Dabei sind Einschüchterungen, Drohungen, Erniedrigungen oder gar das benutzen von Kindern zur Machtausübung, ebenso schwere Gewaltdelikte. Frauen die von häuslicher Gewalt betroffen sind leiden häufig nicht nur lange, sondern häufig vor allem auch allein. Viele trauen sich über einen langen Zeitraum – manche sogar über Jahre – nicht ihre Probleme offen auszusprechen und sich Hilfe zu suchen.
Umso wichtiger ist es den betroffenen Frauen (und ihren Kindern) besonders schnell zu helfen, wenn sie den schweren Schritt an die Öffentlichkeit wagen. Die breite Hilfestruktur in NRW von 62 Frauenhäusern, 57 allgemeine Frauenberatungsstellen, 47 Fraueninitiativen gegen sexualisierte Gewalt und acht spezialisierte Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel, ist dabei für die Frauen von immenser Bedeutung. Die 4,5 Millionen die die rot-grüne Landesregierung seit 2010 zusätzlich in den Bereich investiert hat, sind also gut angelegtes Geld.
Trotz dieser finanziellen Verbesserungen, ist die Finanzierung der Frauenhilfeinfrastruktur häufig noch immer mühsam. Bislang setzt sich die Finanzierung der Frauenhäuser aus Landesmitteln, kommunaler Unterstützung, Eigenmitteln der Träger und Einzelfallfinanzierungen nach dem SGB II zusammen. Hier zu einer verbesserten Finanzierungsgrundlage zu kommen ist seit langem die berechtigte Forderung der Frauenhilfeinfrastruktur. Doch bislang stellt sich eine Lösung und vor allem strukturelle finanzielle Absicherung als schwierig dar. Gewalt gegen Frauen ist kein „Frauenproblem“, sondern eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Deshalb müssen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam an finanziell tragfähigen Lösungen zur Finanzierung der Frauenhäuser arbeiten. Darüber hinaus gilt es auch, die Vernetzung zu anderen Bereichen, wie beispielsweise der Jugendhilfe, familienunterstützenden Leistungen und dem Gesundheitsbereich zu stärken. Alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche sind gefordert, Verantwortung zum Schutz von Gewalt betroffener Frauen und ihrer Kinder zu übernehmen.
Mit der Erarbeitung des „Landesaktionsplans zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ soll hierzu ein Beitrag geleistet werden. Es geht um eine Gesamtstrategie. Unter breiter Beteiligung der Praktiker*innen, aber auch der Politik und der Ministerien, soll ein Gesamtkonzept erstellt werden, was der Vielschichtigkeit des Problems „Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ Rechnung trägt und Betroffene vor allem bei der Erschließung neuer Perspektiven unterstützt. Dabei geht es auch darum, Veränderungen in den Blick zu nehmen und gemeinsam die Frauenhilfeinfrastruktur weiterzuentwickeln.
Denn die historisch gewachsene Infrastruktur an die aktuellen Bedarfe angepasst werden. Darüber hinaus müssen bislang weniger gut erreichte Zielgruppen, wie Frauen mit Behinderung, Frauen mit Migrationsgeschichte oder Frauen in Wohnungsnotlagen verstärkt in den Blick genommen werden.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist kein Kavaliersdelikt! Politik und Gesellschaft sind gemeinsam gefordert, eine sichere Zuflucht für Gewaltbetroffene sicherzustellen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu ächten.