Breiter gesellschaftlicher Konsens gegen Tierversuche

Zum heutigen Tag des Versuchstiers meint Martin-Sebastian Abel:

Diese Fragen sind nicht einfach zu beantworten und schon gar nicht pauschal für alle Arten von Tierversuchen. Am Tag des Versuchstieres sollten wir uns darüber genau Gedanken machen. Ein lebensrettender Eingriff, wie z.B. eine Organtransplantation oder das Einsetzen eines medizinischen Hilfsmittels, das in Tierversuchen getestet oder gar entwickelt wurde, würden wohl die wenigsten aus ethischen Gründen ablehnen. Dieser Konflikt betrifft fast alle von uns, denn seit der Deklaration von Helsinki 1964 müssen Medikamente, bevor sie in klinischen Studien an Menschen getestet werden, zuvor an Tieren getestet werden. JedeR von uns kann in die Situation kommen, auf derartige Hilfe angewiesen zu sein.
Diese ethische Dimension stellt sich jedoch in vielen Fällen nicht, z.B. bei Versuchen für Produkte, die nicht lebensrettend sind. Tierversuche für Rüstungszwecke oder Tabakprodukte sind in Deutschland schon viele Jahre verboten. In Europa herrscht seit 2013 zudem ein Importverbot für kosmetische Produkte, die in Tierversuchen getestet wurden – ein großartiger Erfolg des Tierschutzes. Es gibt also einen breiten gesellschaftlichen Konsens, für diese Zwecke kein Tierleid in Kauf zu nehmen.
Die Versuchszahlen werden in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter steigen, da in die Statistiken auch Tiere miteinbezogen werden müssen, die zu Ausbildungszwecken getötet werden. Denn der so genannte „Tierverbrauch“ wurde bisher von der Statistik nicht erfasst. Unsere Recherchen an den NRW-Unis haben ein höchst heterogenes Bild ergeben: Viele Hochschulen verzeichnen in Ihren Studiengängen der Medizin, Biologie aber auch der Psychologie sehr hohe Verbrauchszahlen. Andere Hochschulen haben bereits Studienordnungen, die komplett auf das Töten von Tieren zu Ausbildungszwecken verzichten (bspw. Humanmedizin an der Uni Witten-Herdecke oder an der WWU Münster).
Im Koalitionsvertrag haben SPD und GRÜNE sich zum Ziel gesetzt, den Tierschutz in NRW zu verbessern. Das Thema Tierversuche im Studium spielt dabei eine bedeutende Rolle. Im Entwurf zum Hochschulgesetz haben wir folgenden Passus aufgenommen:
„Die Hochschulen fördern in der Lehre die Entwicklung von Methoden und Materialien, die die Verwendung von lebenden oder eigens hierfür getöteten Tieren verringern oder ganz ersetzen können. Sofern es die mit dem Studium bezweckte Berufsbefähigung zulässt, andere Lehrmethoden und -materialien einzusetzen, soll in der Lehre auf die Verwendung von eigens hierfür getöteten Tieren verzichtet werden. Auf begründeten Antrag kann der Prüfungsausschuss im Einzelfall zulassen, dass einzelne in der Prüfungsordnung vorgeschriebenen Studien- und Prüfungsleistungen ohne die Verwendung eigens hierfür getöteter Tiere erbracht werden können.“
Weiter haben wir vereinbart, eine Stiftungsprofessur für Alternativmethoden zu initiieren, um die Implementierung zu beschleunigen und die Wissenschaft zu beraten. Mit Blick auf die Europäische Ebene werden wir außerdem Richtlinien und Verordnungen dahingehend überprüfen, ob sie noch dem Stand der wissenschaftlichen Forschung entsprechen. Die Industrie selbst sagt uns, dass Zulassungsvoraussetzungen, z.B. für Pflanzenschutzmittel, längst überflüssig seien. Sie würden in den forschenden Unternehmen gar nicht mehr angewandt, wären sie nicht vorgeschrieben. Diesen Themen werden wir uns in den kommenden 12 Monaten intensiv widmen und hoffen, dass wir bis zum Tag des Versuchstiers 2015 weitere Verbesserungen erreicht haben werden.