Keine PKW-Maut – wir brauchen eine Ausweitung der Lkw-Maut

Arndt Klocke meint:

Das sind unsere guten grünen Argumente: Richtig ist, dass die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland zunehmend unterfinanziert ist. Die dringend anstehenden Sanierungs-Aufgaben können derzeit nur unzureichend angegangen werden. Bundesweites Symbol dafür wurde die A1-Autobahnbrücke in Leverkusen, die Ende letzten Jahres wegen Einsturzgefahr für den LKW-Verkehr gesperrt werden musste. Laut Berechnungen der „Daehre-Kommission“, einer Expertenrunde der Verkehrsministerkonferenz, fehlen in Deutschland sieben Milliarden Euro jährlich zur Instandhaltung. 98 Prozent der anfallenden Straßenschäden werden heutzutage durch LKW verursacht. Dies ergaben umfangreiche Belastungsstudien von Verkehrsplanungs-Instituten und Straßenbauämtern. Rot-Grün in NRW ist deshalb der Auffassung, dass sich Lastkraftwagen stärker an den Sanierungskosten der von ihr abgenutzten Infrastruktur beteiligen müssen. Wir fordern deshalb eine Ausweitung der LKW-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen auf allen Straßen. Dies würde bundesweit mindestens vier Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen bringen, die in einen zweckgebundenen Fond eingezahlt werden sollen, der nicht dem Jährlichkeits-Prinzip des Bundeshaushaltes unterliegt. Die zusätzlich eingenommenen Mittel sollen 1:1 in die Sanierung der Infrastruktur investiert werden und nicht in die allgemeinen Töpfe des Haushaltes wandern, wie es zum Beispiel bei der Mineralölsteuer der Fall ist.
Gegen eine allgemeine PKW-Maut sprechen zahlreiche Gründe. Eine Vignetten-Lösung, wie wir sie beispielsweise aus der Schweiz kennen, bei der für einen bestimmten Zeitraum die Maut bezahlt wird, bevorzugt Vielfahrer. Sie kann dazu führen, dass viele Autofahrer den Pkw möglichst häufig nutzen, um die bezahlte Gebühr auszureizen. Wer hingegen wenig mit dem Auto unterwegs ist und im Jahr nur etwa 1000 Kilometer auf Autobahnen und Bundesstraßen fährt, zahlt pro Kilometer 50 Mal so viel wie ein Vielfahrer. Das widerspricht den Klimaschutzzielen und ist hochgradig unsozial. Auch sind entscheidende Fragen im Zusammenhang mit einer Pkw-Maut völlig ungeklärt: Wie soll die Mauthöhe berechnet werden, fließen externe Kosten ein? Stehen die hohen Systemkosten für die Gebührenerhebung im Verhältnis zum möglichen Nutzen der Gebühr? Wie werden Fragen des Datenschutzes bei der Erfassung beantwortet? Wie könnte die technische Abwicklung bei über 40 Millionen zugelassenen Fahrzeugen sichergestellt werden?
Der Vorschlag, dass diejenigen, die zur Hauptverkehrszeit mit dem Pkw in Ballungsräumen unterwegs sind, mit einer intelligenten Maut deutlich mehr zahlen als diejenigen, die nur gelegentlich auf kurzen Strecken oder im ländlichen Raum fahren, würde möglicherweise für das ländlich geprägte Baden-Württemberg oder Bayern eine Lenkungswirkung bringen. Für Ballungsräume, wie wir sie in NRW finden, ist das jedoch ein unpassendes Instrument. Dichtbefahrene Autobahnen und Bundesstraßen zwischen den Metropolen sind im Ruhrgebiet oder in der Rhein-Ruhr Schiene die Regel, Ausweichverkehre selten möglich. Die PKW-Nutzerinnen und -nutzer auf Straßen wie der A40 oder der B1 mit einer extrahohen Maut zu belasten, ist hoch unsozial und auch politisch nicht durchsetzbar. Wir brauchen stattdessen für diese verdichteten Räume Mobilitätsalternativen. Deshalb sind die Fortschritte bei der Umsetzung des RRXs (Rhein-Ruhr Express) und der Realisierung des Radschnellweges Ruhr zwei wichtige Bausteine zur Entzerrung des täglichen Verkehrs. Eine PKW-Mautkönnte die gewünschte ökologisch-nachhaltigen Lenkungswirkung nicht entfalten.