Bereits im Koalitionsvertrag für die 15. Wahlperiode des Landtags NRW hat Rot-Grün festgeschrieben: „Die Landesregierung wird prüfen, inwieweit Genehmigungen für die Urananreicherungsanlage Gronau und für die Konditionierungsanlage GNS in Duisburg als Teil der atomaren Brennstoffkette zurückgenommen oder eingeschränkt werden können.“ Dies ist mittlerweile mittels zweier Rechtsgutachten unter der Leitung von Herr Prof. Dr. Wolfgang Ewer, für dessen hervorragende Arbeit wir uns recht herzlich bedanken, geschehen.
Das Gutachten zu Gronau wurde vom für die Atomaufsicht zuständigen Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben, nachdem ich in einem Abgeordnetenbrief an den damaligen Wirtschaftsminister Voigtsberger vom Juli 2011 seine Auffassungen über rechtliche Möglichkeiten zur Beendigung der Urananreicherung in Gronau durch die Atomaufsicht NRW dargelegt hat. Danach wäre ein Widerruf der Genehmigung als Verwaltungsaufgabe des Landes durchaus möglich. Denn, bei einer Aufhebung der Betriebsgenehmigung nach § 19 III 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 7 AtG gemäß § 17 III Nr. 3 AtG können Genehmigungen widerrufen werden, wenn eine ihrer Voraussetzungen später weggefallen ist und nicht in angemessener Zeit Abhilfe geschaffen wird. Im Falle der UAA Gronau sei etwa ein Verstoß gegen § 7 II Nr. 3 AtG denkbar, weil es: A) ausgesprochen fraglich sei, ob die Anlage dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspricht; B) § 7 II Nr. 1 AtG zudem erfordere, dass keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers und der für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen ergeben. Solche Tatsachen könnten jedoch bezüglich der Entsorgung in Russland vorliegen.
Das nun vorliegende Gutachten von Prof. Ewer kommt zu dem Ergebnis, dass ein Widerruf der für die Anlage erteilten Genehmigungen nach § 17 AtG nach Auffassung des Rechtsgutachters nicht möglich ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Pflichtwiderruf seien ebenso wenig erfüllt wie die Tatbestandsvoraussetzungen eines Ermessenswiderrufs. Der Gutachter kommt weiterhin zu dem Ergebnis, dass der § 7d AtG („Weitere Vorsorge gegen Risiken“) auf die UAG nicht anwendbar sei. Dies dürfte aber letztendlich keinen Nachteil darstellen, da bei wohl richtiger Auslegung § 7d AtG die Pflichten der Betreiber der darin genannten Anlagen eher herabsetze, so dass es möglich sein sollte, sämtliche gegenüber der UAG als notwendig erachteten Maßnahmen auch auf § 7 Absatz 2 Nr. 3 AtG (nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden) zu stützen, sofern hierfür Anlass bestehe, die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm erfüllt seien und die angeordneten Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten.
Allgemein und als Gesamtergebnis nahezu aller in diesem Gutachten behandelten Fragen rät der Gutachter schließlich nachdrücklich von einem rein politisch motivierten Vorgehen gegen die UAG bzw. die hierfür erteilten Genehmigungen auf der verwaltungsrechtlichen Ebene ab. Es bestünde vielmehr ein nicht unerhebliches finanzielles Risiko, sollte sich ein solches Vorgehen als entschädigungs- oder schadensersatzpflichtig erweisen. Ebenso bestehe kein Anlass, die atomrechtliche Zuverlässigkeit des Betreibers bzw. der Betreiberin und der verantwortlichen Personen in Frage zu stellen. Auch sei im Falle des Ermessenswiderrufs nicht davon auszugehen, dass dieser als ultima ratio die einzig mögliche Vorgehensweise wäre und keine milderen Mittel zur Verfügung stünden, um ggf. zu einer Einhaltung der atomrechtlichen Bestimmungen zu gelangen.
Nachdem ebenfalls die Ergebnisse des Stresstests der Bundesregierung sowie der Sicherheitsüberprüfung der Atomaufsicht des Wirtschaftsministeriums NRW für die verbliebenen atomaren Anlagen in NRW inklusive Gronau vorliegen, sprechen wir uns weiterhin eindeutig dafür aus, die Urananreicherung in Gronau zu beenden und die Anlage rechtssicher zu schließen. Zwar haben beide Überprüfungen keine gravierenden Sicherheitsmängel ergeben, die eine unmittelbare Stilllegung durch die Atomaufsicht in NRW im Sinne von §7 des Atomgesetzes nach sich ziehen könnten. Jedoch ist die Unterstützung der Atomenergienutzung im Ausland bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Atomenergienutzung im Inland aus dem Bewusstsein der Unverantwortbarkeit der Atomenergie politisch und moralisch widersprüchlich.
Wir werden uns daher auch auf Bundesebene weiterhin dafür einsetzen, dass die Schließung von Gronau eine der zentralen Forderungen bleibt. Bis zur endgültigen Schließung über das Bundesrecht (Novelle des AtG) fordern wir zudem die Umsetzung sämtlicher ausgesprochenen 64 Empfehlungen der Gutachter (u.a. des Öko-Instituts), die die Sicherheit der Anlage betreffen, sowie ein im Genehmigungsverfahren restriktives und dabei höchste Sicherheitsstandards gewährleistendes Vorgehen bezüglich der Lagerung auf dem Gelände.
Rot-Grün hat seine Versprechen erfüllt und sowohl die rechtlichen als auch die sicherheitsrelevanten Möglichkeiten des Landes zur Schließung der UAA Gronau sorgfältig geprüft. Trotz sich daraus ergebender fehlender Möglichkeiten auf Landesebene gilt weiterhin unser Koalitionsvertrag für die 16. Wahlperiode: „Zum Atomausstieg gehört jedoch auch ein vollständiger und endgültiger Ausstieg aus der gesamten nuklearen Brennstoffkette. Darum werden wir darauf drängen, dass die Bundesregierung den von NRW initiierten Bundesratsbeschluss vom Juni 2011 zur Stilllegung aller Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs umsetzt. Wir wollen die Urananreicherung in Gronau rechtssicher beenden. Zudem werden wir die Bundesregierung dazu auffordern, sich für einen europaweiten Atomausstieg einzusetzen.“ Die Position der schwarz-gelben Bundesregierung, die die Anlage u.a. aus dem Grund der „Sicherung der Technik“ der Urananreicherung weiter betreiben will, lehnen wir ebenso ab, wie das grundsätzliche Bekenntnis zum Weiterbetrieb der Urananreicherungslage.