Weiterbildung fördern, Analphabetismus bekämpfen

Gudrun Zentis meint:

Als mich 2011 die sogenannte Leo-Studie erreichte, wollte ich erst nicht glauben, was ich dort las: In Deutschland gibt es 7,5 Millionen Erwachsene, die kaum oder nur sehr schlecht lesen und schreiben können. 300.000 von ihnen können nicht einmal einzelne Wörter lesen, zwei Millionen verstehen Wörter, aber keine Sätze. Insgesamt gelten 14 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung als funktionale Analphabeten. Eine dramatische Situation, die vielen Menschen schlicht nicht bewusst ist.
Das Thema Analphabetismus war auch eines, mit dem sich die Weiterbildungskonferenz im letzten Herbst auseinandergesetzt und deren Ergebnisse Schulministerin Sylvia Löhrmann heute im Landtag vorgestellt hat. An die dort formulierten Empfehlungen wollen wir anknüpfen und die Weiterbildungslandschaft in NRW für die Zukunft fit machen.
Die ergänzenden Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) sind in diesem Zusammenhang notwendiges und gut investiertes Geld. Kürzungen hier würden insbesondere den Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung treffen, was in unseren Augen nicht vertretbar wäre. Während die Bundeskanzlerin auf europäischer Ebene über die Kürzungen dieser Mittel diskutiert, werden wir die EU in die Pflicht nehmen. Denn mit mehr Bildungsteilhabe und Bildungsgerechtigkeit verhindern wir nicht nur Armut und Arbeitslosigkeit, sondern können auch mehr Menschen eine zweite Chance bieten. Auf NRW bezogen erreichen wir mehr als 300.000 Menschen nicht, denen dringend diese zweite Chance geboten werden müssten. Wir müssen diese Menschen da abholen, wo sie sind und nicht darauf warten, dass sie den Weg in die Bildungseinrichtungen finden. Gerade für diese Zielgruppe ist eine innovative und aufsuchende Arbeit in der Weiterbildung elementar. Dafür setzen wir uns ein.
In NRW erreichen die Volkshochschulen jährlich 5000 Menschen mit diesem Handicap und verhelfen ihnen durch die Grundbildung im Lesen und Schreiben zu mehr Teilhabe an unserer Gesellschaft und im Arbeitsleben. Zusammen mit den Volkshochschulen und den freien Trägern der Weiterbildung müssen wir in Zukunft mehr Menschen mit der Grundbildung erreichen.
Die Zielmarke grüner Politik für die Weiterbildung ist klar: Ganzheitliche Bildung und lebenslanges Lernen für alle Menschen.