„Tausendfüßler“ in Bonn – Neubau von acht statt vier Spuren an der BAB 565 ohne einen begleitenden Radschnellweg? Wie ernst meint die Landesregierung die Förderung der nicht motorisierten Nahmobilität eigentlich noch?

Kleine Anfrage von Horst Becker und Arndt Klocke

In der gemeinsamen Sitzung der Planungs- und Verkehrsausschüsse der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises am 19.04.2018 wurden von Mitarbeitern des Landesbetrieb Straßenbau des Landes NRW (LBS) die „Zeit- und Ausbauplanungen BAB 565 zwischen AK Bonn-Nord und AS Bonn-Endenich“ vorgestellt.
Dort wurde von Seiten des LBS bei Nachfragen darauf hingewiesen, dass die Frage des Baus eines Radweges insbesondere im Bereich des „Tausendfüßlers“ nicht entschieden sei. Der
„Tausendfüßler“, das 630 m lange und heute vierspurige verlaufende Brückenbauwerk der BAB 565 ohne Standstreifen zwischen den Anschlussstellen Bonn-Tannenbusch und Bonn- Endenich soll auf sechs Spuren plus zwei Standstreifen ausgebaut werden. Dieser Ausbau soll mindestens 206 Mio. Euro kosten; wahrscheinlich ist aber, dass die Kosten erheblich höher würden. Die Kosten für den zusätzlichen Fahrradweg würden sich nach Angaben des LBS auf ca. 10 Mio. Euro belaufen.
Die „Lead City Bonn“ ist eine der fünf Modellkommunen, in denen mit Bundesförderung besondere Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergriffen werden sollen. Sie selber umschreibt ihr Maßnahmenbündel im Vorwort einer umfangreichen Maßnahmenliste wie folgt:
„Die gewünschte Luftqualität ist aus Sicht der Stadt Bonn nur durch ein umfassendes Maßnahmenpaket zu erreichen, mit dem eine spürbare Verkehrsverlagerung zum Umweltverbund bewirkt werden kann. Ansatz der Stadt Bonn ist daher die kurzfristige Verbesserung des ÖPNV-Angebots in Kombination mit neuen, innovativen Tarifangeboten (z. B. günstiges "Klima-Ticket") und der Ausbau der Fahrradinfrastruktur einschließlich optimaler intermodaler Verknüpfung zwischen allen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes.“
Der Planungs- und Verkehrsausschuss der Stadt Bonn hat deshalb in der Sitzung vom 19.04.2018 einstimmig beschlossen:
Die Verwaltung wird beauftragt, unter Beachtung der üblichen kommunalrechtlichen Vorgaben und Entscheidungskompetenzen die notwendigen weiteren Schritte zu unternehmen, um die Aufnahme eines Radweges, möglichst als Radschnellweg, in das Planfeststellungsverfahren des Landesbetriebes Straßen NRW zum Neubau der BAB 565 zwischen dem AK Bonn-Nord und der AS Bonn-Endenich sicherzustellen und eine Realisierung möglichst im Zuge dieser Baumaßnahme zu erreichen.
Die Verwaltung wird beauftragt, die Realisierung einer Fußgänger- und Radfahrbrücke im Zuge oder nach dem Neubau der BAB 565 zwischen dem AK Bonn-Nord und der AS Bonn-Endenich zwischen „Immenburgstraße“ und „An der Immenburg“ weiter planerisch voranzutreiben und den Ratsgremien Vorschläge zur Planung und Finanzierung zu unterbreiten.
Der Planungs- und Verkehrsausschuss des Rhein-Sieg-Kreis hat, ebenfalls einstimmig, diesen Beschluss der Stadt Bonn unterstützt.
Das Land NRW hat das Ziel, Radschnellwege zu unterstützen und untermauert sein Ziel der Förderung des nicht motorisierten Nahverkehrs durch den „Aktionsplan Nahmobilität“.
Vor dem Hintergrund dieser gesamten Sachlage erscheint es unverständlich, dass es bis heute nicht eine klare Haltung des Landes NRW und des Landesbetriebes zum Bau eines Radweges, möglichst einen Radschnellweg, auf dem „Tausendfüßler“ an der BAB 565 in Bonn gibt. Dies gilt umso mehr, weil beim Neubau der Leverkusener A1-Brücke ein Radweg mit geplant wurde.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie begründet die Landesregierung die offensichtlich zurzeit durch den Verkehrsminister und den Landesbetrieb vertretene Rechtsauffassung, dass grundsätzlich bei Baumaßnahmen für Bundesautobahnen ein Radweg im Planfeststellungsverfahren nicht mit geplant werden kann?
  2. Wie bewertet die Landesregierung und der Landesbetrieb, die nun von ihr diskutierte Idee, am „Tausendfüßler“ der BAB 565 eine nebeneinander liegende sechsspurige Autobahn mit zwei zusätzlichen Standstreifen und sodann einen Radweg oder Radschnellweg in einem separaten Verfahren zu planen und getrennt voneinander zu bauen im Hinblick auf planerischen Aufwand und verantwortungsvollen Umgang mit Steuermitteln?
  3. Wie begründet die Landesregierung, dass der Ersatzneubau einer Autobahn im innerstädtischen Bereich energisch vorangetrieben werden kann, aber die Kombination mit einem Radweg oder Radschnellweg für das Land ein unüberwindbares Planungshindernis darzustellen scheint?
  4. Was wird die Landesregierung unternehmen, um einen Radschnellweg oder zumindest einen Radweg entlang des „Tausendfüßlers“ an der BAB 565 in Bonn bei dessen Neubau in Baulastträgerschaft des Landes zu realisieren?
  5. Was wären die Voraussetzungen für eine Förderung eines Radschnellwegs bei Neubau des „Tausendfüßlers“ an der BAB 565 in Bonn in Baulastträgerschaft der Stadt?