Augenwischerei oder mangelnde Sachkenntnis: Wie passt angekündigter Windenergie- Ausbaurekord zu restriktiven Änderungsvorschlägen?

Kleine Anfrage von Wibke Brems

Portrait Wibke Brems 5-23

Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie überraschte am 25. Oktober 2017 die Presse mit einer sehr optimistischen Einschätzung zur Entwicklung der Windenergie in NRW. Er prognostiziert einen Ausbau von jährlich fast 1.000 MW in den 5 Jahren von 2018 bis 2022. Das wäre im Vergleich zu den vergangenen 16 Jahren ein Rekord. Laut dpa vom
25. Oktober teilte der Minister mit, dass er damit rechne, dass die derzeit etwa 5.000 Megawatt umfassende Gesamtleistung der rund 3.500 Windenergieanlagen in NRW bis 2022 fast verdoppelt werden kann. Diese ehrgeizigen Ziele stehen in krassem Widerspruch zu den Bestrebungen der Landesregierung nach einem generellen Abstand von 1.500 Metern zu Wohnbebauung und einem Verbot von Windenergieanlagen im Wald sowie der bundespolitischen Forderung nach einer Aufhebung der Privilegierung im Außenbereich.
Würde die Landesregierung diese Ankündigungen in die Tat umsetzen, würden kaum noch Genehmigungen an neuen Standorten möglich sein. Aktuell sind 1.200 MW für den Zubau der nächsten Jahre genehmigt. Die Landesregierung geht offenbar davon aus, dass ein Großteil (mehr als 3.000 MW) des Leistungszuwachses über das Repowering von Altanlagen am selben Standort erreicht werden könne.
Doch das Potential des Repowering wird weit überschätzt. Der technische Fortschritt und die weitere Entwicklung der Windenergie haben zu deutlich größeren Anlagen geführt, die u.a. größere Abstände zur Wohnbebauung benötigen. Daher kommen die meisten der Standorte von Altanlagen für neue Anlagen nicht mehr infrage. Gerade wenn es sich um Einzelstandorte außerhalb von Konzentrationszonen handelt, ist eine Genehmigung dort nach heutigem Stand nur noch selten möglich. Die meisten Kommunen in NRW haben von ihrer Steuerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und Konzentrationszonen für die Windenergie festgelegt, die die Genehmigung von Windenergieanlagen außerhalb dieser Bereiche in aller Regel ausschließt.
Darüber hinaus unterliegen Repowering-Projekte den gleichen Genehmigungsvoraussetzungen und müssen genauso einen Zuschlag im Ausschreibungsverfahren nach EEG 2017 erhalten, um einen Vergütungsanspruch für den produzierten Strom zu haben.
Für eine Abschätzung der Repowering-Potenziale der nächsten Jahre sind Zahlen der Inbetriebnahmen von Windenergieanlagen bis etwa 2005 maßgeblich. Da Anlagen, die vor dem Jahr 2000 errichtet wurden, ebenfalls einen Vergütungsanspruch bis Ende 2020 erhalten haben, sind zusätzlich auch diese Anlagen relevant. Für die Jahre ab 2000 liegen von der Agentur für Erneuerbare Energien folgende Daten vor:

 

2000

2001

2002

2003

2004

2005

Anzahl installierter Anlagen

223

286

370

279

154

120

Durchschnittliche Leistung in MW

1

1,3

1,2

1,4

1,5

1,5

Quelle: www.foederal-erneuerbar.de Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele Windenergieanlagen mit welcher durchschnittlichen Nennleistung aus der Zeit vor 2005 sind noch in Betrieb oder wurden repowered? (Betrieb und Repowering bitte getrennt angeben; Für die Jahre 2000-2005 nach Inbetriebnahmejahren getrennt, vor 2000 summiert)
  2. Wie viele der bis 2005 für die Windenergie ausgewiesenen Vorranggebiete sind unter geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen geeignet, um moderne Windenergieanlagen mit Gesamthöhen über 200m aufnehmen zu können?
  3. Wie viel Potential (bei angenommenen 3 MW Leistung pro Anlage) ergäbe sich in diesen Vorranggebieten bezogen auf ganz NRW?
  4. Wie hoch wäre das Potential in diesen Vorranggebieten unter den beabsichtigten neuen Rahmenbedingungen der Landesregierung mit 1.500 Metern Abstand zu reinen und allgemeinen Wohngebieten und einem Verbot von Wind im Wald?
  5. In wie weit sind bei diesen Potentialabschätzungen innerhalb der Zonen neue/geänderte Abstände für Artenschutz, Seismologie, Luftverkehr, Radar usw. berücksichtigt?