Verbraucherinnen und Verbraucher im Netz schützen – Freiheit des Internets sichern!

Große Anfrage 8

Der digitale Wandel verändert unsere Gesellschaft nachhaltig. Das Internet ist heute ein gesamtgesellschaftlicher Kreativ-, Wirtschafts- und Sozialraum. Dieser Prozess hat Implikationen für alle Lebensbereiche und bietet große Chancen.
Andererseits gibt es auch Bereiche, in denen sich im Netz Risiken für die Verbraucherinnen und Verbraucher ergeben. In diesen Feldern besteht ein legitimer Schutzanspruch und Schutzauftrag gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher nutzen vermehrt Angebote des E-Commerce, Online Shopping gehört fest zum Alltag. Gerade hier häufen sich aber auch die Probleme, denn Verbraucherinnen und Verbraucher sind sich häufig der möglichen Risiken des E- Commerce nicht bewusst. Auch im Bereich des Urheberrechts kommt es immer wieder zu unbewussten und ungewollten Verstößen durch das Herunterladen von unzulässigen Inhalten. So wurde beispielsweise die Rechtsberatung und -vertretung der Verbraucherschutzzentrale NRW gegen unberechtigte oder überhöhte Abmahnungen im Jahr 2012 insgesamt 5.399 Mal in Anspruch genommen. Dabei belaufen sich die geforderten Bußgelder oftmals auf horrende Summen.
Verbraucherschutz gelingt grundsätzlich nicht allein durch Regulierung, sondern durch ein hohes Maß an Transparenz und Aufklärung. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für den Verbraucherschutz im Internet. Hinzu tritt im digitalen Rahmen die frühe und nachhaltige Vermittlung von Medien- und Datenschutzkompetenz in den Mittelpunkt. Nur wenn diese Elemente angemessen verzahnt ineinandergreifen, ist es möglich, Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet zu schützen und zugleich die Freiheit des Internets als wesentlichen Bestandteil der Demokratie im Zeitalter der Digitalisierung zu erhalten.
Mit dieser Großen Anfrage besteht die Möglichkeit, die zahlreichen Dimensionen des Themenfeldes „Verbraucherschutz im Internet“ zu beleuchten. Dabei wird ein umfassendes Verständnis von Verbraucherschutz zugrunde gelegt, das neben regulativen Maßnahmen stets auch die Verbraucheraufklärung und unabhängige Information umfasst. Nicht zu vernachlässigen ist darüber hinaus, dass gerade durch den globalen Charakter des Internets auch der nationale und insbesondere der internationale Rechtsrahmen berührt sind.
Zur Begründung im Einzelnen:

Verbraucherschutz und Verbraucherinformation

Die Bereitschaft, über das Netz Einkäufe zu tätigen, an Versteigerungen teilzunehmen etc. hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Nach einer Studie des Handelsverbands Deutschland wurden im Jahr 2011 in Deutschland 26,1 Mrd. Euro im E- Commerce umgesetzt. Die Tendenz ist weiter steigend: Die zitierte Studie prognostiziert für
2012 ein Volumen von 29,5 Mrd. Euro. Die Gesellschaft für Konsumforschung stellte fest, dass im Jahr 2011 in Deutschland 38,1 Mio. Menschen Angebote zum Online- Shopping genutzt haben.
So wie es offline Fälle von Betrug und Täuschung von Verbraucherinnen und Verbrauchern gibt, so bestehen auch online Risiken. Zu den gesellschaftlich am stärksten diskutierten Beispielen hierfür gehören sog. Abo-Fallen. Verbraucherinnen und Verbraucher schließen hierbei ohne eigenes Wissen langfristige Abonnements ab, die teils erheblichen Kostenaufwand mit sich bringen. Um diesem Problem zu begegnen, trat am 1.8.2012 die sog. Buttonlösung in Kraft. Hierbei kann es sich jedoch nur um einen ersten Schritt handeln, denn einerseits ist das Problem „Abo-Fallen“ immer noch nicht im Detail gelöst, andererseits sind die Herausforderungen vielfältig.
Auch im Internet treten also Fälle von Betrugskriminalität auf. Phänomene wie Phishing und Identitätsdiebstahl richten gerade bei Privatpersonen finanzielle Schäden an, untergraben aber auch das Vertrauen in das Netz als Wirtschaftsraum. Dieser Vertrauensverlust ist letztlich nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Verbraucherinnen und Verbraucher nachteilig. Verbraucherinnen und Verbraucher verzichten vor diesem Hintergrund gegebenenfalls auf Vorteile wie beispielsweise ein breites Angebot oder direkte und einfache Vergleichsmöglichkeiten, wenn ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist.
Regulierung muss dabei immer auch die große technische Wandlungsfähigkeit des Internets berücksichtigen. So ist heute der Trend zur mobilen Internetnutzung eine zentrale Herausforderung. Hiermit verbunden sind beispielsweise veränderte Anforderungen an Regelungen zur Verbraucherinformation und Transparenz, die aus der Nutzung anderer und insbesondere kleinerer Endgeräte bestehen.

Verbraucherrechte

Die digitale Teilhabe ist heute ein wichtiges Verbraucherrecht. Teilhabe am Internet setzt eine gut ausgebaute, funktionsfähige und den Wachstumsperspektiven des Internets angemessene technische Infrastruktur voraus. Dies gilt insbesondere für den Ausbau des Breitband- Internets. Ebenso relevant sind jedoch auch der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz sowie die Absicherung der Netzneutralität.
Die Chancen der Digitalisierung gilt es vor diesem Hintergrund auch für die unabhängige Verbraucherinformation zu nutzen. Das Internet bietet die Möglichkeit für eine sehr zügige, umfangreiche sowie neuen Entwicklungen schnell anpassbare Information der Verbraucherinnen und Verbraucher, bspw. im Falle von Lebensmittelskandalen.

Altersgruppenspezifische Fragestellungen

Betrachtet man die aktive Teilhabe von Nutzerinnen und Nutzern am Internet, so wird deutlich, dass besonders Kinder und Jugendliche ein großes Interesse daran haben, sich über digitale Medien auszutauschen und im Internet beispielsweise über soziale Netzwerke oder Online-Spiele Kontakt zu ähnlich Gesinnten oder Freundinnen und Freunden zu knüpfen. Internetnutzung macht, wie es insbesondere die KIM- und die JIM-Studie zeigen, nicht einsam, sondern erweitert im Gegenteil sogar das Kommunikationsverhalten junger Menschen.
Aus diesen Gründen ist die Gruppe der Kinder und Jugendlichen – in den zitierten Studien werden als Kinder die 6-12 Jährigen und als Jugendliche die 12-19 Jährigen verstanden – besonders zu betrachten und auf ihre spezifischen Interessen einzugehen. Die Vermittlung von Medienkompetenz in allen Bildungseinrichtungen ist hierbei die zentrale und essenzielle Säule. In verschiedenen Bereichen, wie etwa dem Datenschutz oder im E-Commerce, bedarf es auch der Regulierung. Die Besonderheiten des Surfverhaltens junger Menschen und die spezifischen Chancen und Risiken für ihre Altersgruppe sollten bei allen Maßnahmen berücksichtigt werden.
Neben den Kindern und Jugendlichen müssen auch die älteren Internetnutzerinnen und Internetnutzer stärker in den Fokus genommen werden. Gerade bei ihnen zeigt sich, dass Unklarheiten über die Sicherheit von Internetangeboten immer noch ein Hinderungsgrund für die Partizipation am Internet ist. Der sich hieraus ergebende „Digital Divide“ stellt in der vernetzen Gesellschaft eine wichtige Herausforderung dar. Dennoch sind die Entwicklungen in dieser Altersgruppe bemerkenswert: Noch sind dem „(N)Onliner-Atlas“ zufolge weniger als die Hälfte der Älteren Menschen über 60 bzw. 65 Jahren online, zugleich steigt aber gerade in dieser Altersgruppe die Nutzung des Internets rasant an.
Dieser gesamtgesellschaftlich zu begrüßende Prozess sollte durch ein angemessenes Verbraucherschutzrecht, das die Interessen und besonderen Anforderungen dieser Altersgruppe reflektiert, unterstützt werden. Neben einem angemessenen Maß der Regulierung sollten auch in diesem Bereich die konsequente Aufklärung über Chancen und Risiken sowie eine altersgruppengerechte Medienkompetenzförderung eine wichtige Rolle spielen.

Datenschutz

Der Schutz persönlicher Daten ist im digitalen Zeitalter ein bedeutender Anspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher. Nicht allein die in diesem Zusammenhang oftmals für mangelhaften Datenschutz kritisierten sozialen Netzwerke sammeln Daten, erstellen hieraus Profile oder nutzen diese zu Werbezwecken. Ebenso sammeln Anbieter von Online- Shopping, Webmail-Diensten oder Online-Spiele Daten. Auch die mobile Internetnutzung bringt Veränderungen und Herausforderungen an den Datenschutz mit sich. Die Weitergabe persönlicher Daten geschieht nicht immer im Rahmen des deutschen Datenschutzrechts.
Insofern kommt auch mit Blick auf den Datenschutz die Aufklärung der Nutzerinnen und Nutzer sowie die Vermittlung von Medien- und Datenschutzkompetenz große Bedeutung zu. Die Nutzerinnen und Nutzer müssen an dieser Stelle besser aufgeklärt werden, um die Weitergabe ihrer persönlichen Daten möglichst selbst steuern zu können und zu vermeiden, dass diese ohne ihre bewusste Entscheidung an Dritte weitergegeben werden. In diesem Zusammenhang kommt auch dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) eine wichtige Rolle zu. Durch das Gesetz über die Unabhängigkeit des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vom 5. Juli 2011 wurde die vollständige Unabhängigkeit des LDI von der Landesregierung verwirklicht. Daher wird die Landesregierung gebeten, den LDI um Bericht zu den seine Aktivitäten betreffenden Fragestellungen dieser Großen Anfrage (insbesondere VI.2.) zu ersuchen.
Die Absicherung des Datenschutzes ist jedoch nicht nur gegenüber Akteuren der Privatwirtschaft eine Herausforderung. So wurde Anfang Juni 2013 bekannt, dass der Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten, die National Security Agency (NSA), in einem bisher ungeahnten Ausmaß Zugriff auf Nutzungsdaten einer großen Zahl wichtiger Internetdienstanbieter haben soll. Ein Programm ähnlichen Ausmaßes soll auch der britische Geheimdienst betreiben.

Medienkompetenz

Die Förderung der Medienkompetenz der Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet ist die Grundlage für ein bewusstes und bedachtes Handeln in allen Bereichen. Wer sich nicht auskennt, kann sich auch nicht über mögliche Gefahren oder Unwägbarkeiten im Klaren sein.
Ein nachhaltiger und umfassender Informationsansatz sollte ein grundlegender Baustein im Umgang mit Nutzerinnen und Nutzern im Internet sein, denn nur durch wachsende Medienkompetenz kann eine jede Internetnutzerin und ein jeder Internetnutzer die Vorteile und Möglichkeiten des Internets sorglos ausschöpfen. Hierbei kann ein Ansatz sein, bereits frühestmöglich den Aspekt der Medienkompetenz in den Bildungseinrichtungen zu integrieren und somit die Gefährdung besonders dieser Altersgruppe zu verkleinern. Gleichzeitig sollten aber auch generationenübergreifend die Erwachsenen nicht außer Acht gelassen werden, deren Medienkompetenz oftmals unter der der im digitalen Zeitalter aufgewachsenen Generation liegt. Auch hier ist eine umfassende Stärkung der Medienkompetenz der Schlüssel zum Erfolg.
Die Fragen können dem angehängten PDF-Dokument entnommen werden.