Länderöffnungsklausel für eine zukunftsfähige Grundsteuer in NRW nutzen – Bodenwertmodell jetzt umsetzen

Antrag der GRÜNEN im Landtag

I. Ausgangslage
Im April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnung der Grundsteuer bundesweit für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung bis zum 31.12.2019 gefordert. Unmittelbar vor dem Ende dieser Frist stimmte nach dem Bundestag auch der Bundesrat im November 2019 einer Neuregelung samt Grundgesetzänderung zu, die einen Kompromiss zwischen Bund und Ländern abbildete. Neben einem Bundesmodell enthält die Neuregelung der Grundsteuer auch die Möglichkeit für Bundesländer durch eigene Gesetze von der bundesweiten Regelung abzuweichen. Seitdem hat sich ein Großteil der deutschen Bundesländer entsprechend positioniert und entweder die Anwendung des Bundesmodells oder die Entwicklung eines eigenen Verfahrens zur Berechnung der Grundsteuer angekündigt. Die NRW-Landesregierung prüft jedoch seit Monaten ergebnislos, wie die zukünftige Berechnung der Grundsteuer im bevölkerungsreichsten Bundesland gestaltet werden soll. Gleichzeitig drängt bereits die nächste Frist des Bundesverfassungsgerichts: Bis Ende 2024 muss die administrative Umsetzung der Grundsteuerreform abgeschlossen sein.
Das aus dem beschlossenen Bundesgesetz hervorgehende Bundesmodell zur Grundsteuer­berechnung greift auf den Bodenwert, das Alter der Gebäude und pauschalierte Mieteinkünfte zurück. Der Verkehrswert von Grundstücken und Gebäuden soll belastet werden. Wegen der Pauschalierung bei den Gebäudewerten gibt es jedoch erhebliche verfassungsrechtliche Be­denken gegen dieses Modell unter anderem vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags.
Das Land Baden-Württemberg hat die Nutzung der Länderöffnungsklausel und die Einführung eines modifizierten Bodenwertmodells angekündigt. Hier sollen die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert Grundlage der zukünftigen Grundsteuerberechnung sein. Baden-Württemberg baut damit auf einem Modell auf, für das im Bündnis „Grundsteuer: Zeitgemäß!“ unter anderem der NABU, der BUND, das Institut der deutschen Wirtschaft und der Deutsche Mieterbund bereits seit dem Jahr 2012 werben. Im Gegensatz zum Bundesmodell bestehen bezüglich des Bodenwertmodells bislang keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Darüber hinaus ist diese Modell aufgrund der wenigen und leicht zu erhebenden Parameter und der unberücksichtigten Gebäude leicht administrierbar. Sowohl für die Bürgerinnen und Bürgern als auch für die öffentliche Verwaltung ergibt sich hierdurch eine deutliche Vereinfachung gegenüber dem Bundemodell. Die Bodenwertsteuer unterstützt darüber hinaus relevante wohnungs- und umweltpolitische Ziele. So ist eine relevante Mobilisierung bislang ungenutzter aber erschlossener innerörtlicher Grundstücke zu erwarten, da diese deutlich höher belastet werden. Ebenso dient sie der Ertüchtigung des Gebäudebestands und insgesamt dem Erhalt und Bau bezahlbaren Wohnraums.
Gegenüber einem reinen Bodenwertmodell hat das Land Baden-Württemberg eine Modifizierung angekündigt. Wohngrundstücke sollen gegenüber Gewerbegrundstücken mit einem Abschlag von 30 Prozent bei der Steuermesszahl bevorzugt werden. Wohnen soll durch Reform im Durchschnitt nicht teurer werden.
II.    Der Landtag stellt fest:
·           In seiner Entscheidung vom 10.04.2018 hat das Bundesverfassungsgericht die aktuelle Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Bis Ende 2024 muss die administrative Umsetzung der Ende 2019 beschlossenen Grundsteuerreform abgeschlossen sein. Die Bundesländer haben hierbei die Möglichkeit, eine Länderöffnungsklausel zu nutzen. Die Landesregierung lässt die gebotene Eile jedoch bislang vermissen.
·           Ein modifiziertes Bodenwertmodell im Sinne der baden-württembergischen Lösung ist so­wohl verfassungsrechtlich als auch im Hinblick auf eine einfache Administrierbarkeit und positive Wirkungen auf umwelt- und wohnungsbaupolitische Ziele gegenüber dem Bun-demodell und aller weiteren Modelle in der bundesweiten Diskussion vorteilhaft.
·           Mit einer modifizierten Ausgestaltung des Bodenwertmodells kann verhindert werden, dass Wohnen in Zeiten angespannter Wohnungsmärkte durch eine Grundsteuerreform durchschnittlich teurer wird.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1.      zeitnah die Nutzung der Länderöffnungsklausel zu beschließen, ein eigenes Grundsteu­ergesetz des Landes zu erarbeiten und dem Landtag vorzulegen.
2.      dem Vorbild Baden-Württembergs zu folgen und ein modifiziertes Bodenwertmodell für Nordrhein-Westfalen zu entwickeln.
3.      durch Kooperation mit dem Land Baden-Württemberg Synergien bei der administrativen Vorbereitung und der notwendigen Software-Entwicklung zu nutzen.