Aktuell liegen in NRW viele Anträge für Windenergieanlage außerhalb der vorgesehenen Zonen für den Windenergieausbau vor. Wir erläutern, wie Bund und Land für die Übergangszeit bis zum Inkrafttreten der neuen Regionalplanungen den Ausbau steuern werden und warum wir auch mit dem neuen Steuerungsinstrument das Ziel von 1.000 neuen Windenergieanlagen bis zum Ende der Legislatur erreichen werden.
Erhitzte Debatte in den Regionen
Seit Anfang dieses Jahres häuft sich die Berichterstattung zum Thema Übergangsteuerung für den Windenergieausbau in NRW. Aus vielen Regionen des Landes wurde verstärkt vermeldet, dass sehr viele Genehmigungsanträge für Windenergieanlagen außerhalb der vorgesehenen künftigen Windenergiegebiete gestellt werden. Während die einen von “Wildwuchs” sprechen, den es zu verhindern gelte, sprechen andere mit Blick auf die Maßnahmen, die zur Lösung des Problems diskutiert wurden, von einer “Lex Sauerland” und einem Abwürgen der Energiewende.
Grüne, SPD und CDU haben sich auf eine neue Übergangssteuerung im Bund geeinigt
Jetzt ist eine neue Lösung gefunden. Denn in der vergangenen Woche haben sich die Fraktionen von Grünen, SPD und Union im Bundestag auf eine gesetzgeberische Bundeslösung geeinigt. Durch eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes soll es nicht mehr möglich sein, einen Antrag auf Vorbescheid für Anlagen außerhalb ausgewiesener Windenergiegebiete zu stellen. Offene Vorbescheidsanträge außerhalb der künftigen Windenergiegebiete der Regionalplanung werden nicht mehr bearbeitet.
NRW flankiert mit einer Landesregelung
Die Bundesregelung, die in dieser Woche formal beschlossen werden soll, bezieht sich nur auf die so genannten beschleunigten Vorbescheide. Vorhaben mit vollständigem Genehmigungsantrag oder mit regulärem Vorbescheidsantrag werden von der Bundesregelung nicht erfasst. Vorbescheide dienen dazu, im Vorfeld einzelne Teilaspekte einer Genehmigung zu prüfen, hier vor allem die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit.
Auf Landesebene ergänzen wir daher diese Lösung aus dem Bund, sodass der Windenergieausbau fokussiert auf denjenigen Flächen stattfindet, die in den derzeit erarbeiteten Regionalplänen für die Windenergienutzung vorgesehen sind.
Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Bearbeitung von Anträgen für Anlagen außerhalb der künftigen Windenergiegebiete und kommunaler Flächenkulisse für sechs Monate untersagt wird. So soll der Zeitraum bis zur Fertigstellung der Regionalpläne überbrückt werden. Vorhabenträger können jedoch eine Befreiung von dieser Regelung beantragen, wenn sie darlegen können, dass die Planung durch die Projekte nicht gestört wird. Repowering-Projekte sind von den möglichen Untersagungen nicht betroffen und werden weiterhin bearbeitet. Ebenso können Kommunen vor Ort weiterhin zusätzliche Flächen ausweisen, wenn dies erwünscht ist.
Die Steuerung dient der Akzeptanz und schützt das Planungsverfahren
Die Regelung auf Landesebene ist aus mehreren Gründen erforderlich: Zum einen ist eine Beibehaltung und Stärkung der Akzeptanz vor Ort essenziell, um den mittel- und langfristigen Ausbau der Erneuerbaren zu sichern. Diese Akzeptanz ist seit Jahren sehr hoch und wir haben sie mit dem Bürgerenergiegesetz weiter gestärkt. Um diese Akzeptanz zu sichern, braucht es klare Regeln für den weiteren Ausbau, an die sich alle Akteure halten.
Zum anderen erschweren neue Anlagen außerhalb der Windenergiegebiete die Erstellung der Regionalpläne, wenn sich der zu beplanende Raum fortlaufend ändert. Doch ein rascher Abschluss der Regionalplanung ist für den weiteren Ausbau der Windenergie entscheidend, da diese Pläne die benötigten Flächen für den regulären Ausbau erst ausweisen. Damit schaffen wir langfristige Planungssicherheit für die Branche.
NRW ist Spitzenreiter beim Windenergieausbau
Der Ausbau der Windenergie macht große Fortschritte. Allein im letzten Jahr sind in NRW 154 Windenergieanlagen mit einer Brutto-Leistung von 748 Megawatt (MW) neu in Betrieb gegangen, abzüglich des Rückbaus von Altanlagen beträgt der Nettozuwachs 626 MW. Zudem haben die Genehmigungsbehörden im Jahr 2024 rund 680 neue Windenergieanlagen mit über 4.000 MW Leistung eine Genehmigung erteilt. Der Ausbau der Windenergie wird sich in den nächsten Jahren also nochmal beschleunigen. Bei Genehmigungen, bei den Ausschreibungsergebnissen und beim realen Zubau liegt NRW derzeit auf dem ersten Platz unter den Bundesländern.
Ursache dafür sind stark verbesserte Rahmenbedingungen auf EU-, Bundes- und Landesebene, aber auch die engagierte Arbeit in den Kreisen und Gemeinden.
Regionalpläne als Grundlage für den weiteren Ausbau der Windenergie
NRW hat etwa bei der Ausweisung von Flächen für die Windenergie einen besonders ambitionierten Pfad eingeschlagen: Bereits sieben Jahre früher, als vom Bundesgesetzgeber verlangt, sollen 1,8 Prozent der Landesfläche für Windenergieanlagen ausgewiesen werden. Dazu werden gerade in allen sechs nordrhein-westfälischen Planungsregionen die Regionalpläne überarbeitet.
Wie die “Übergangssteuerung” bisher ausgestaltet war
Bis die Regionalpläne wirksam werden, hat die Landesregierung eine sogenannte Übergangssteuerung vorgesehen, mit der der Ausbau auf die zukünftigen ausgewiesenen Windenergiegebiete gelenkt werden soll. Mit einer Novelle des Landesplanungsgesetz hatte der Landtag im letzten Jahr bereits ein landesrechtliches Steuerungsinstrument eingeführt, um den Windenergieausbau auf die dafür vorgesehenen Flächen zu lenken, bis die Regionalpläne rechtlich die vorgesehenen Windenergiegebiete definiert haben. Das Instrument sollte die sorgsame Aufstellung der Regionalpläne schützen, die derzeit in allen sechs Planungsregionen in Arbeit sind. Dieses Steuerungsinstrument wurde jedoch durch mehrere Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts aufgrund der Grenzen der landesrechtlichen Regelungskompetenz in Zweifel gezogen. Zudem hat das Gericht die Anwendung dieser Regelung durch umfangreichen Anforderungen an die Einzelfallprüfung erheblich eingeschränkt. Als Reaktion übersandte die Landesregierung einen Erlass an die Genehmigungsbehörden, der den Kreisen und Kommunen den laut der Beschlüsse erbleibenden begrenzten Spielraum zur Steuerung zu nutzen hilft. Aufgrund des hohen Antragsgeschehen abseits der künftigen Windenergiegebiete ist die Nutzung dieser Regelung jedoch kaum handhabbar.
Außerdem setzte sich die Landesregierung mittels einer Bundesratsinitiative für eine rechtssichere Lösung auf Bundesebene ein. Angesichts des vorzeitigen Endes der Ampel-Regierung kam es aber nicht mehr zu einem Kabinettsbeschluss.
NRW hat genug Platz für den weiteren Ausbau der Windenergie
Sicher ist: Für den Umbau der Energieversorgung hin zur Klimaneutralität werden in NRW genug geeignete und ausgewiesene Flächen zur Verfügung stehen. Seit Beginn der Legislaturperiode haben fast 5.000 Megawatt an Windenergieanlagen in NRW einen Zuschlag in den bundesweiten Ausschreibungen zur EEG-Förderung erhalten. Diese Anlagen sind teilweise schon installiert oder werden es in den nächsten Monaten. Im letzten Jahr sind allein Genehmigungen für 680 neue Windenergieanlagen mit einer Leistung von 4.000 Megawatt erteilt worden. Derzeit sind noch Anträge für weitere 500 Windenergieanlagen innerhalb von ausgewiesenen oder geplanten Windenergieflächen in Bearbeitung.
Wir bleiben beim Ziel von 1.000 neuen Windrädern bis 2027
Angesichts dieser guten Zahlen, die einen weiteren, sehr raschen Ausbau der Windenergie in den nächsten Monaten aufzeigen, wird die Energiewende nicht ausgebremst. Daher halten wir sehr zuversichtlich an unserem Ziel, bis zum Ende der Legislatur die Voraussetzungen für 1.000 neue Windenergieanlagen geschaffen zu haben, fest. Wir werden dieses Ziel aller Voraussicht erreichen und damit einen großen Schritt in Richtung klimaneutraler Energieversorgung gehen. Denn dafür sind wir angetreten und daran lassen wir uns messen.