Nach langer Vorbereitung hat die Landesregierung am heutigen Mittwoch den Entwurf für ein Altschuldenentlastungsgesetz vorgestellt. Damit lösen wir ein zentrales Versprechen aus dem Koalitionsvertrag ein. Der Gesetzentwurf sieht die anteilige Übernahme von bis zu 50 Prozent der gesamten bereinigten kommunalen Liquiditätskredite zum Stichtag 31.12.2023 vor. Das Land NRW wird zur Tilgung der Kredite jährlich 250 Millionen Euro aufwenden – ein Kraftakt und das klare Signal, dass wir in schweren Zeiten an der Seite unserer Kommunen stehen.
Im Folgenden möchten wir Euch die wichtigsten Fragen zur Altschuldenlösung beantworten.
Welche Kommunen können teilnehmen?
Alle nordrhein-westfälischen Städte, Gemeinden und Kreise, die Liquiditätskredite von mehr als 100 Euro pro Einwohner*in in ihren Bilanzen haben und ihre Verschuldung nicht aus eigener Kraft abbauen können, dürfen teilnehmen. Nicht antragsberechtigt sind allerdings Kommunen, die in den Jahren 2016 bis 2025 im Sinne des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) durchgehend sehr abundant und sehr finanzkräftig waren.
Welche Schulden werden übernommen?
Übernommen werden ausschließlich Kredite und Anleihen zur Liquiditätssicherung, sog. „Kassenkredite“, die zum Stichtag 31.12.2023 bestanden haben. Kredite, die für Investitionen (z.B. den Bau einer Schule) aufgenommen wurden, werden nicht übernommen. Denn anders als Kassenkrediten, steht solchen Krediten in der Regel ein entsprechendes Anlagevermögen (Wert des Schulgebäudes) gegenüber.
Wie viele Schulden werden übernommen?
Wie hoch die Entschuldung in den einzelnen Kommunen ausfällt, hängt von der Höhe der Pro-Kopf-Verschuldung zum 31.12.2023 abzüglich der zum Stichtag vorhandenen (nicht gebundenen) liquiden Mittel ab.
Damit die Altschuldenübernahme zielgenau zu einer spürbaren Haushaltsentlastung in den besonders betroffenen Städten und Gemeinden führt, sieht der Gesetzentwurf eine gezielte Hilfe für die mit über 1500 Euro pro Kopf am stärksten verschuldeten Kommunen vor. Ihnen werden sämtliche Altschulden oberhalb dieser Schwelle abgenommen. Es sollen also Kredite in Höhe von maximal 1500 Euro pro Kopf in den Kommunen verbleiben. Damit werden den höchstverschuldeten Kommunen wesentlich mehr als 50 Prozent ihrer Altschulden abgenommen.
Für alle übrigen Kommunen mit niedrigeren Schuldenständen sieht der Gesetzentwurf vor, dass ein Sockelbetrag von 100 Euro pro Kopf als sogenannte „natürliche“ oder „nicht übermäßige“ Liquiditätsverschuldung in jedem Fall bei den Kommunen verbleibt. Die darüber hinausgehenden Schulden werden anteilig vom Land übernommen. Der genaue Prozentsatz der Entschuldung hängt dabei noch von mehreren Faktoren (u.a.: Anzahl teilnehmender Kommunen, von den Kommunen gemeldete Kreditbestände) ab.
Gibt es einen echten Schuldenschnitt?
Ja. Das Land wird die Kredite im Rahmen eines echten Schuldnertauschs in die Landesschuld übernehmen, die Kredite werden aus den kommunalen Bilanzen gestrichen. Damit werden die Kommunen einerseits von den Zinsen entlastet und zugleich die kommunale Eigenkapitalquote wesentlich verbessert.
Ab wann werden die Schulden übernommen?
Der genaue Zeitpunkt kann noch nicht genannt werden. Er hängt zunächst von der Dauer des Gesetzgebungsverfahrens und dann von der Dauer der jeweiligen technischen Übertragung der einzelnen Kredite ab. Das bedeutet, dass die Kredite voraussichtlich sukzessive nach Erfüllung aller erforderlichen Voraussetzungen übernommen werden können. Insbesondere im Falle von Anleihen zur Liquiditätssicherung kann dies einige Jahre dauern.
Wie funktioniert die Schuldenübernahme?
Die Teilnahme an der Altschuldenübernahme ist freiwillig. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass es dazu eines Beschlusses des Stadt-/ Gemeinderats bzw. Kreistags und eines Antrags bei der NRW.BANK bedarf.
Im Anschluss muss jede teilnehmende Kommune ihren relevanten Kreditbestand vom Kreditgeber bestätigen (Saldenbestätigung) lassen und dessen Einverständnis zur Kreditübertragung auf das Land einholen. Die betreffenden Kredite sind dann durch die Kommune mit Hilfe eines/einer Wirtschaftsprüfer*in aufzustellen und prüfen zu lassen. Die dann zu übermittelnden Daten sind bis zur Schuldenübernahme ständig durch die Kommunen zu aktualisieren. Liegen alle Voraussetzungen für eine physische Übernahme vor, werden die Kreditverträge durch das Land übernommen und aus der kommunalen Bilanz gestrichen.
Wie ist der weitere Zeitplan?
Der Gesetzentwurf geht nun in das formale Gesetzgebungsverfahren. Zunächst werden dazu die Verbände (u.a. kommunale Spitzenverbände) beteiligt. Erst danach kann der Gesetzentwurf dem Landtag vorgelegt werden, der diesen in erster Lesung in die Fachausschüsse überweisen wird, welche ihrerseits eine Sachverständigenanhörung vornehmen und den Gesetzentwurf dann zum endgültigen Beschluss zurück an den Landtag überweisen. Unser Ziel ist, das Gesetz noch vor den Sommerferien zu beschließen, damit zügig in die Altschuldenübernahme eingestiegen werden kann.
Was ist mit den verbleibenden Schulden?
Die übrigen Kredite in Höhe von maximal 1500 Euro pro Kopf müssen leider (bis auf Weiteres) bei den Kommunen verbleiben. Anders als immer wieder versprochen, hat die noch amtierende Bundesregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz ihren Teil der kommunalen Altschuldenlösung nicht erbracht. Wir fordern weiterhin, dass der Bund seinen Teil der Verantwortung trägt und die verbleibenden Liquiditätskredite seinerseits übernimmt. Von einer neuen Bundesregierung erwarten wir dazu klare Zusagen und ein schnelles Bundesgesetz. Nur so kann ein wirklich flächendeckender Schlussstrich unter die kommunale Altschuldenfrage gelingen. Als Grüne Landtagsfraktion werden wir im Schulterschluss mit der Bundestagsfraktion weiterhin dafür kämpfen, dass die Bundesregierung liefert.
Da wir erst am Beginn des notwendigen Gesetzgebungsverfahrens stehen, können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht alle Fragen abschließend beantwortet werden. Wir werden Euch natürlich über die weiteren Schritte informieren und zu einem Informationsaustausch einladen, sobald die Umsetzung in den Kommunen konkret wird.