Schäffer: Immer neue Ungereimtheiten im Fall Lügde machen Untersuchungsausschuss unausweichlich

Pressemitteilung

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022
Zu den aktuellen Berichten, dass dem Innenministerium die Dimension der Verbrechen im Fall Lügde früh klar war und dem Landtag entscheidende Informationen zunächst vorenthalten wurden, erklärt Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW:

„Die aktuelle Berichterstattung macht erneut deutlich, dass das Innenministerium bereits Mitte Januar 2019 von der Dimension des furchtbaren Missbrauchsfalls in Lügde wusste. Neben der Tatsache, dass schon damals mindestens 30 minderjährige Opfer bekannt waren, zeigen nun die Recherchen des WDR-Magazins Westpol, dass dem Innenministerium bereits zu diesem frühen Zeitpunkt weitere wichtige Details vorlagen. So geht laut Westpol aus dem internen Bericht der Kreispolizeibehörde Lippe an das LKA und das Innenministerium vom 11. Januar 2019 hervor, dass allein beim dritten Tatverdächtigen 12.500 Bilder gefunden wurden. Außerdem zeigt der Bericht, dass schon zu diesem Zeitpunkt ein Verdacht auf Aktenmanipulation im Jugendamt Hameln bestand. Das Innenministerium hätte das zum Anlass nehmen müssen, die Ermittlungen sofort dem Polizeipräsidium Bielefeld zu übertragen. Denn bereits damals war klar, dass die Kreispolizeibehörde Lippe bei einem solchen Verfahren personell und organisatorisch an Grenzen stößt.
Herr Reul muss in der nächsten Sitzung des Innenausschusses die Frage beantworten, ob ihm der Bericht tatsächlich nicht vorgelegt wurde, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Wenn er über einen Fall dieser Dimension nicht unverzüglich und umfassend informiert wurde, hat Minister Reul offensichtlich seinen Laden nicht im Griff.
Das Bekanntwerden des Polizeiberichts vom 11. Januar 2019 macht aber auch deutlich: Es reicht im Fall Lügde nicht aus, auf die Berichte des Ministers zu vertrauen. Zu oft haben Reuls Berichte und Äußerungen im Innenausschuss mehr neue Ungereimtheiten produziert als ausgeräumt. Für umfassende Aufklärung brauchen wir Akteneinsicht und das Recht Zeugen zu vernehmen. Damit wir uns selbst ein Bild von möglichen strukturellen Defiziten machen können, muss es einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben.
Die Fehler von Polizei und Jugendämtern müssen umfassend und schonungslos aufgeklärt werden, um daraus Konsequenzen für eine Stärkung des Kinderschutzes zu ziehen. Dazu gehört neben der Klärung von individuellem Fehlverhalten der Beteiligten bei Polizei und Jugendhilfe auch, die strukturellen Probleme zu analysieren und zu beheben.
Jetzt muss alles dafür getan werden, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeitnah zu Anklagen der Täter führen können. Sobald die Anklage erhoben ist, werden wir Grüne einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen.“